Betrieb und Wirtschaft | 23. August 2018

Das Jahr der kleinen Maiskörner

Von René Bossert
Im Rheintal sind bereits erste Körnermaispartien geerntet worden. Die zuletzt bescheidenen Ertragserwartungen mit hoher Schwankungsbreite bestätigen sich. Viele Marktbeteiligte sehen bei den Erzeugerpreisen noch Aufwärtspotenzial, allerdings in einem begrenzten Rahmen.
„Dieses Jahr merkt man jeden Bodenpunkt”, stellt ein Erfasser fest und spielt damit auf die extrem unterschiedlichen Körnermaisbestände im Rheintal an. Auch innerhalb der einzelnen Parzellen sind mitunter große Unterschiede bei den Pflanzen und den Kolben festzustellen. Auffällig sind die kleinen Körner, die sich teilweise fast gummiartig  anfühlen, wie Landwirte und Erfasser berichten. „Wir dürften ähnlich niedrige Tausendkorn-Gewichte wie im Jahr 2003 bekommen”, erwartet ein Erfasser.
Neben der Bodengüte spielt der Saatzeitpunkt eine entscheidende Rolle: Früh gesäte Bestände sind offenbar deutlich besser durch den trocken-heißen Sommer gekommen. Sie konnten durch ihr früher ausgebildetes Wurzelwerk besser an Wasser kommen, vermutet ein Landwirt.
So mancher Körnermaisbestand im Rheintal bietet im Moment einen jämmerlichen Anblick.

Auffallend ist auch ein gewisses Süd-Nord-Gefälle bei den Ertragserwartungen: Wenn   man im Rheintal weiter nach Norden kommt,  werden die Erwartungen zurückhaltender. Das bestätigt auch im Kleinen das Bild, das Pflanzenbauberater zeichnen, wenn sie ganz Baden-Württemberg in den Blick nehmen: Grob gesagt ist der nördliche Landesteil  schlechter weggekommen als der südliche.
Bereits 20 Prozent Feuchte
Erste Körnermais-Partien wurden im Rheintal mit 3,5 bis 7 t/ha an trockener Ware bereits vergangene Woche gedroschen. Die Feuchtewerte lagen dabei im Bereich von 20 bis 25 %. Repräsentative Erträge seien das aber selbstverständlich  nicht, heißt es von den Erfassern. In der kommenden Woche werden bereits deutlich steigende Anlieferungsmengen erwartet. Einerseits wolle man Trocknungskosten  sparen, andererseits seien die Bestände mit dürren Stängeln nicht gerade sehr standfest, sagen Erzeuger.  Von den Erfassern ist beim Thema  Trocknungskosten zu hören, dass ein unverändertes Niveau zu erwarten sei.
Ertragsschätzungen für die Gesamternte bewegen sich in diesen Tagen zwischen 6 und 7,5 t/ha trockener Ware. Bei beregneten Beständen seien dagegen 10 t/ha oder sogar darüber durchaus möglich.
Die Erfasser werden aber weitere Abstriche bei den Mengen in Kauf nehmen müssen, weil ursprünglich als Körnermais vorgesehene Bestände wegen der schlechten Grundfuttersituation bereits als Silomais gehäckselt wurden. Manche Erfasser erwarten zwischen 40 und 50 % weniger Menge als im  vergangenen Jahr.
Einen Vorteil haben die geringen Mengen: Man hofft auf genügend Lagerraum für die Ernte. Wer nämlich zurzeit  Ware per Schiff wegbekommen muss, für den wird es wegen der erheblichen Kleinwasserzuschläge sehr teuer, was natürlich auf die Erzeugerpreise Auswirkungen hätte.  „Wir haben fast doppelt so hohe  Frachtkosten wie in normalen Zeiten”, berichtet ein Erfasser und fügt hinzu: „Die Käufer setzen auf Druck, wir setzen auf Lager.”
Die Preise haben sich  nach dem strammen Anstieg und der zwischenzeitlichen kleinen Korrektur wieder stabilisiert. In diesen Tagen sind Erzeugerpreise von rund 180 Euro pro Tonne frei Wasserplatz am Rhein zu erzielen. Trotz der Tatsache, dass ein Risiko für Korrekturen auf diesem Preisniveau besteht, sehen die meisten Marktbeteiligten noch ein gewisses Aufwärtspotenzial für die Notierungen.
 Wohlwissend, dass  hohe Ernten in den USA, der Ukraine und auf dem Balkan prognostiziert werden, scheinen die preisunterstützenden Argumente im Moment für die Marktbeteiligten im Rheintal die stärkeren zu sein: Weitere Überraschungen nach unten bei den Erträgen werden im weiteren Verlauf der Ernte für möglich gehalten. „Auch die Verarbeiter vermitteln im Moment das Gefühl, dass noch etwas Preisspielraum nach oben besteht”, berichtet ein Vermarkter. Andere nennen den Preisabstand zum teuer bezahlten Weizen als Grund für ihre vorsichtig-positive Preiseinschätzung. Und nicht zuletzt dürfte auch der starke Wettbewerb zwischen den Erfassern im Rheintal preisstabilisierend wirken.
Im Blick behalten
Die Erfasser raten allerdings, die Märkte in nächster Zeit sehr genau im Blick zu behalten.  Und sie warnen vor zu hohen Erwartungen, weil hohe Preise Ware anziehen. Und die sei mit Blick auf die jüngste Schätzung des US-Landwirtschaftsministeriums global gesehen schließlich vorhanden.  Von den internationalen Märkten her kam in der ersten Wochenhälfte Druck durch die weiter sehr positiven Ernteaussichten in den USA.
Auch auf 2019 richtet sich der Blick schon: Sowohl für Weizen als auch für Körnermais seien die Märkte mit Erzeugerpreisen zwischen 175 und 180 Euro frei Wasserplatz attraktiv gestimmt, betont ein Erfasser.