Pflanzenbau | 02. Juni 2022

Das Hacken und Striegeln stößt an Grenzen

Von Heinrich von Kobylinski
Nach zwei Jahren Corona-Pandemie herrschte am 31. Mai erwartungsvolle Stimmung beim Versuchsfeldtag in Orschweier. Besichtigt wurde der Stand der Kulturen.
Starkes Interesse zeigten die Landwirte an den Systemvergleichen zur Unkrautregulierung, erläutert von Pflanzenbauberater Volker Heitz.
Bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen verwies Dr. Diana Kohlmann in ihrer Begrüßungsrede auf den aktuellen Krieg in der Ukraine. Die Ortenauer Dezernentin betonte, um die Lieferausfälle der osteuropäischen Standorte ausgleichen zu können, müsse die Produktion und auch die Bodenfruchtbarkeit in den übrigen getreideproduzierenden Ländern dafür sorgen, dass das Korn auch in den Schwellenländern verfügbar und bezahlbar bleibe.
Preisturbulenzen
Nach Angaben des ZG-Getreidevermarkters Uwe Fülle haben die landwirtschaftlichen Rohstoffpreise allerdings schon jetzt an den Börsen ungeahnte Höhen erreicht. Der Kriegsbeginn am 24. Februar hatte starken Einfluss. Der Marktexperte fügte  in Orschweier hinzu, dass Farmer in den USA in diesem Jahr im großen Stil vom Maisanbau in den Sojaanbau gewechselt sind. Zusammengenommen werden diese Trends nach den Vorhersagen des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) in diesem Jahr voraussichtlich weltweit zu einem rechnerischen Defizit führen zwischen Produktion und Verbrauch. Das betrifft sowohl Weizen als auch Mais. Das sorge an den Börsen für ungewöhnliche Nervosität. In Deutschland und anderswo steigen parallel dazu auch die Preise für Handelsdünger. Thomas Fliegauf vom gleichnamigen Friesenheimer Landhandel nannte am Versuchsfeld Preise: Für Stickstoffdünger wie Kalkammonsalpter sind 650 Euro pro Tonne fällig, für Harnstoff 830 und für Diammonphosphat sogar 1200 Euro. Selbst Kornkali kostet 650 Euro und der Mehrnährstoffdünger 15/15/15 derzeit 830 Euro je Tonne.
Das neue, sehr hohe Niveau bei Preisen und Kosten sorgte in Orschweier für zusätzliche Aufmerksamkeit bei den Erläuterungen zur Produktionstechnik. Laut Pflanzenbauberaterin Carina Köninger fängt die Wasserversorgung auf leichten Standorten an, kritisch zu werden. In Orschweier wurden im Mai ganze 9,6 mm Niederschlag gemessen. Im April waren es 24 mm. Im Vergleich zum langjährigen Mittel fehlen 470 mm Regen. Die Reserven im tiefgründigen Boden des Versuchsfeldes haben bisher noch darüber hinweggeholfen.
Unkraut weg - aber wie?
Zu den Versuchen der Offizialberatung in Orschweier gehört ein Systemvergleich der Unkrautregulierung in Mais und in Soja. Laut Pflanzenbauberater Volker Heitz zeigte die Versuchsreihe in den beiden vergangenen Jahren, dass mit der rein chemischen Herbizidvariante – Einsatz nach Schadschwelle des Unkrauts – die höchsten Erträge erzielt wurden.
Demgegenüber wurde mit der mechanischen Bekämpfungsmethode der niedrigste Ertrag erzielt. Dabei wurde die Konkurrenzvegetation nur mit Hacke und Striegel bekämpft. Im Vergleich dazu erreichten die beiden integrierten Bewirtschaftungsmethoden eine Ertragshöhe, die „nicht allzu weit weg von der chemischen Variante blieb”, so Heitz. Variante „Integriert I” umfasst einen Herbizideinsatz im Vorauflauf und spätere Hackeinsätze im Nachauflauf. In Variante „Integriert II” erfolgt zunächst eine Bandspritzung im Nachauflauf, auf die dann ausschließlich Hackeinsätze folgen.
Der Pflanzenschutzexperte berichtete, dass beim Mais die beiden integrierten Varianten im ersten Versuchsjahr rund 75 Prozent des Ertrages der chemischen Variante erreichten. Im Jahr darauf waren es 78 Prozent. Die rein mechanische Variante blieb bei 49 Prozent der Ertragshöhe der chemischen Variante.
Für Soja liegen die Versuchsergebnisse von 2021 vor. Mit der rein mechanischen Methode wurden bei 72 Prozent der chemischen Variante erzielt. Die beiden integrierten Methoden erreichten 95 Prozent.
Nach Heitz erfordert der Verzicht auf Herbizide zunächst einen hohen mechanischen Investitionseinsatz und in der Aufwuchszeit eine intensive Bestandsbeobachtung, viel flexi- blen Zeitaufwand und auch Konzentration bei der Maschinenhandhabung. Er schätzt, dass in der Ortenau die Anbaufläche der Hauptfrucht Mais wegen der agrarpolitischen Unsicherheiten in diesem Jahr abermals zurückgegangen ist. Bereits im Vorjahr war mit rund 13000 ha ein langjähriger Tiefststand erreicht worden.
Zu Beginn der Aussaat um Ostern waren die Böden relativ feinkrümelig. Wegen des anhaltenden Niederschlagsmangels zeigten die Herbizide nicht überall eine gute Wirkung, teilweise waren Nachbehandlungen erforderlich.
Distel- und Ampfernester sind häufig und früh entstanden. Im Getreide war die Wirkung der Halmverkürzer gering. Dafür sind die Bestände gesund und der Pilzbefall begrenzt. Während 2020 im Mais die Fritfliege als Schädling auffiel, war es 2021 der Drahtwurm. Laut Heitz sind in diesem Jahr hauptsächlich die Krähen von Bedeutung, die trotz Beizung mit Korit mit ihrem Fraß häufig mehrmalige Nachsaat erforderten. Vom Saatkrähenbefall waren 80 Gemarkungen betroffen, vom Rabenkrähenbefall 59 Gemarkungen. Die Zahl der Anträge auf Vergrämungsabschuss steigt. Bisher liegen laut Heitz Anträge von 58 Betrieben vor. Bei Sojakulturen mehren sich die Ausfälle durch Taubenfraß. Im Gegensatz dazu erwartet er 2022 keine bekämpfungswürdige Schadsituation durch die Larven des Distelfalters.