Tierhaltung | 13. Dezember 2018

Das Blauzungenvirus ist wieder da

Von Dr. Albrecht Schwarzmaier, RGD Freiburg
Im Rahmen von Monitoring-Proben ist jetzt erstmals nach zehn Jahren wieder das Virus der Blauzungenkrankheit in Baden-Württemberg nachgewiesen worden. Für Tiere ohne ausreichenden Impfschutz bedeutet dies Handelsbeschränkungen.
In der Schweiz wurden seit Oktober dieses Jahres 60 Fälle von Blauzungenkrankheit festgestellt.
In einem ungeimpften Milchviehbestand in Ottersweier im Landkreis Rastatt wurden zwei  Kühe positiv getestet. Es ist bekannt, dass das Virus der Blauzungenkrankheit nach der Infektion über 90 Tage im Blut nachweisbar ist. Nach den Untersuchungen ist anzunehmen, dass die Infektion im Herbst stattgefunden hat.
In der Schweiz waren seit Oktober 2018 insgesamt 60 Fälle festgestellt worden. Einer davon war im schweizerischen Laufenburg unmittelbar an der Grenze aufgetreten. Ob ein Zusammenhang zwischen den Schweizer Fällen und dem Fall im Kreis Rastatt besteht, ist  nicht bekannt.
Restriktionszone im Umkreis von 150 km
Wird das Virus nachgewiesen, so muss eine Restriktionszone von mindestens 150 km Umkreis um den Ausbruchsort ausgewiesen werden.  Davon betroffen ist    ganz Baden-Württemberg.
Die  Auswirkungen betreffen insbesondere den  Kälbermarkt, da jährlich etwa 100000 zu-
meist männliche Kälber aus Baden-Württemberg vorwiegend nach Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern oder ins Ausland verbracht werden. Nur Kälber mit gültigem Impfstatus der Mutter können  die Restriktionszone verlassen.
 
HIT zeigt Impfstatus an
Im HIT-Bestandsregister mit Gesundheitsdaten wird der Impfstatus der Kälber aufgrund der Impfungen der Mutter mit den Abkürzungen „MAT” (Schutz durch maternale = mütterliche Antikörper) und „OHN” (ohne Impfschutz) angezeigt (siehe Tabelle). Die entsprechenden Angaben bei den Kühen lauten „GRU” oder „GRS” (ordnungsgemäße Grundimmunisierung) und „WDH” (korrekte Wiederholungsimpfung). Alle anderslautenden Angaben zeigen einen nicht ausreichenden Impfschutz der Mütter an, häufig kommt das Kürzel „I2F” vor (zweite Grundimmunisierung fehlend).
Bei  noch nicht geimpften Kühen dauert es ab der  Impfung mindestens 60 Tage, bis ihr Kalb aus der Restriktionszone verbracht werden kann. Die 60 Tage setzen sich zusammen aus 21 Tagen zwischen der ersten  und zweiten Impfung, 25 Tagen nach der zweiten Impfung bis zur vollständigen Ausbildung des Impfschutzes und 14 Tagen für das Kalb, das seinen Schutz über die Biestmilch erhalten hat und das nach den Bestimmungen für die Restriktionszone frühestens 14 Tage nach der Geburt verbracht werden darf.
Für die Verbringung älterer Tiere kommt unter praktischen Bedingungen nur die Impfung mindestens 60 Tage vor der Verbringung in Frage. Ein einzelner Bluttest auf das Blauzungenvirus mit negativem Ergebnis als Voraussetzung für eine Verbringung ist leider nicht vorgesehen, da hier zwischen Test und Verbringung noch eine Infektion möglich wäre. Die Kombination von einem positiven Antikörpertest (kann  von einer Impfung oder einer Feldinfektion kommen) mindestens 30 Tage vor der Verbringung verbunden mit einem negativen Virustest frühestens sieben Tage vor der Verbringung ist zwar zulässig, aber relativ aufwendig.
 Der Nachweis des  Blauzungenvirus zum jetzigen Zeitpunkt hat zumindest den Vorteil, dass über den Winter genug  Zeit bleibt, um auch in bisher nicht geschützten  Herden die Impfung durchzuführen und in  geimpften Herden die Wiederholungsimpfung vorzunehmen. Dann wären die Tiere geschützt, ehe die Gnitzen wieder auftreten, die das Virus  verbreiten.
 
Die Symptome
Die Schädigung der Blutgefäße an den Zitzen kann zu solch massiven Veränderungen führen.
Wenn das Blauzungenvirus klinische Krankheitssymptome verursacht, so zeigen Rinder  Veränderungen im Nasen-Flotzmaulbereich und an den Zitzen, Bindehautentzündung mit verstärktem Tränenfluss, Kronsaumschwellungen zum Teil mit Lahmheit, Fieber und in schweren Fällen Störungen des Allgemeinbefindens. Bei Schafen sind bei milden Verläufen Apathie, Fieber und Bindehautentzündung mit verstärktem Tränenfluss, Entzündungen des Zahnfleisches, der Lippen und der Nase, Gesichtsschwellungen und Entzündungen des Kronsaums mit Lahmheiten festzustellen. Bei schweren Verläufen treten zusätzlich Atemprobleme, vermehrter Speichelfluss und eine geschwollene Zunge mit Blaufärbung (daher der Name) auf. Diese Symptome entstehen, da das Virus hauptsächlich die Blutgefäße an Kopf, Zitzen und Klauen schädigt und es dadurch zu einer Mangeldurchblutung (blaue Zunge) kommt.
Die Ausprägung der Symptome ist auch vom Zustand der Tiere abhängig. Durch andere Krankheiten gestresste Tiere erkranken deutlich stärker, sonst sind infizierte Tiere oft nur wenig auffällig.
Ähnliche Krankheitszeichen weisen insbesondere Rinder auf, die an bösartigem Katarrhalfieber – einer Herpesvirusinfektion –  oder der durch Pflanzenstoffe verursachten Photosensibilität erkrankt sind.
Behandlungen gegen die Krankheit selbst sind nicht möglich. Bei schwereren Krankheitsfällen sind unterstützende Behandlungen zur Linderung der Symptome notwendig.
Nachgewiesen wird die Erkrankung entweder durch Antikörpertests (ab etwa 14 Tage nach der Infektion) oder durch den aufwendigeren Nachweis des Virus im Blut mit dem PCR-Test. Einmal erkrankte Tiere, auch solche, die äußerlich nicht auffallen, bleiben immun gegen das Virus der Blauzungenkrankheit.
Impfstoff bestellen
Die Impfung gegen das Blauzungenvirus (siehe BBZ 49, S. 33) sollte frühzeitig beim Tierarzt angemeldet werden. Unter www.stua-aulendorf.de unter der Rubrik „Blauzungenimpfung 2019” findet man „Fachliche Information zur Blauzungenkrankheit 2019 mit Vorlage für Impfstoffbestellung”. Mit der Vorlage sollen die Impfstoffbestellungen erleichtert werden.
Durch die flächendeckende Impfung in den Jahren 2008 bis 2010 konnte damals das Blauzungenvirus aus den Beständen verdrängt werden.  Nur durch eine ausreichend dichte Impfdecke kann dies jetzt wieder erreicht werden.