Tierhaltung | 18. Februar 2014

Damit das Melken flott von der Hand geht

Von Alfons Fübbeker, LWK Niedersachsen
Um schnell melken zu können, ist ein zügiger und kontinuierlicher Kuhverkehr erforderlich. Daher ist es wichtig, die Bereiche Zu- und Rücktrieb, Vorwarteraum, Melkstand und Ausgangsbereich optimal aufeinander abzustimmen.
Ein zügiger Zu- und Rücktrieb ist unbedingt erforderlich, um kontinuierlich melken zu können und somit hohe Melkleistungen (Kühe/Std.) zu erreichen. Damit die Kühe schnell aus dem Stall in den Vorwarteraum vorm Melkstand gelangen können, ist ein Zutriebsweg vorteilhaft. Da die Kühe in der Regel in größeren Gruppen zum Melkstand getrieben werden, ist der Zutriebsweg breiter auszulegen als der Rücktriebsweg, denn beim Rücktrieb vom Melkstand in den Stall ist der Kuhverkehr entzerrter. Unabhängig von der Tierzahl sollten die Zu- und Rücktriebswege rutschfest, ohne Stufen, mit wenig Ecken, leicht zu reinigen und gut ausgeleuchtet sein. Bei der Beleuchtung sollten die verschiedenen Bereiche geringe Helligkeitsunterschiede aufweisen. Auch ist ein Sichtschutz vorteilhaft, wenn Kühe aneinander vorbeigeführt werden. Je besser diese Faktoren gelöst sind, desto flotter ist der Zu- und Rücktrieb.
Neben der Melkstandsbauart und den betrieblichen Bedingungen beeinflusst vor allem die technische Ausstattung des Melkstandes den Melkaufwand pro Kuh.

Vorwarteraum mit Nachtreibehilfen
Ein Vorwarteraum vor dem Melkstand, mit einer Größe entsprechend dem Melkstand-durchsatz je Stunde, ist für ein kontinuierliches Melken erforderlich. Kommt  zusätzlich eine Nachtreibehilfe zum Einsatz,  erhöht sich der Nutzen nochmals. Nachtreibehilfen treiben die Kühe langsam Richtung Melkstand. Sie sorgen für mehr Ruhe bei den Tieren, reduzieren den Stress für den Melker und sparen viel Zeit.  Lockangebote wie Kraftfutter im Melkstand oder ein „gedeckter Futtertisch” nach dem Melken verbessern zwar den Kuhverkehr, reichen aber meist nicht aus, um alle Kühe zum freiwilligen Betreten des Melkstandes zu bewegen.  Gerade beim Melkkarussell, wo die Kühe den Melkstand einzeln betreten und verlassen, ist ein kontinuierliches Betreten des Melkstandes wichtig.
Bei der Nutzung von Laufgängen als Warteraum ist die Nachtreibehilfe als Draht- oder Seilvorhang kombiniert  mit  einem akustischen Signal (z. B. Hupe) oft eine gute Lösung. Dagegen bieten sich für separate Wartebereiche  mechanische Nachtreibehilfen an, zum Beispiel aus einem stabilen Gatter. Grundsätzlich gilt für alle Nachtreibehilfen, dass ein akustisches Signal vor dem Anlaufen  sinnvoll ist, damit die Kühe (auch im vorderen Bereich) erkennen, dass die Nachtreibehilfe  angefahren wird.
Melkstandsein- und -austrieb
Neben einem zügigen Eintrieb ist auch ein schneller Austrieb nach dem Melken für eine hohe Melkleistung (Kühe/Std.) erforderlich. Der Eintrieb in den Melkstand ist bei einer schrägen Aufstellung wie bei den Fischgräten-Melkständen günstiger. Hier platzieren sich die Kühe mehr oder weniger in Laufrichtung zur Melkergrube. Anders ist es bei einer Side-by-Side-Aufstellung. Hier müssen sich die Kühe im 90°-Winkel drehen, wodurch sich der Zeitaufwand für den Eintrieb erhöht. Nachwarteräume und Schnellaustriebe erhöhen die Durchsatzleistung, da sie das Verlassen des Melkstandes deutlich beschleunigen. Deshalb wird bei neuen Melkständen eine dieser beiden Varianten gewählt. Ein Nachwartebereich schließt sich an den Ausgangsbereich des Melkstandes an und sollte die Kuhzahl einer Melkstandseite aufnehmen können. Von hier aus gehen die Kühe in aller Ruhe zurück in den Stall bzw. zur Selektion.
Warteräume mit Nachtreibehilfe sind für einen reibungslosen Kuhverkehr von entscheidender Bedeutung – besonders dann, wenn alleine gemolken wird.
Der Schnellaustrieb sorgt für ein noch schnelleres Verlassen des Melkstandes, jedoch entstehen zusätzliche Kosten durch die Technik und den größeren Raumbedarf. Das Gebäude wird etwa 5 m breiter. Für Fischgräten-Melkstände kommen sowohl ein Nachwartebereich als auch ein Schnellaustrieb in Frage. Hingegen ist bei einer Side-by-Side-Aufstellung nur der Schnellaustrieb zu empfehlen,  denn hierbei können die Kühe geradeaus laufen. Beim Austrieb mit Nachwartebereich müssten sie sich drehen und zudem würden sie nicht immer mitbekommen, wenn die Vorderkuh den Melkstand verlässt.
Neben dem zügigen Ein- und Austrieb ist eine ausreichende Befeuchtung der Standflächen im Melkstand vor dem Melken und eventuell auch zwischendurch zeitsparend, denn dadurch werden die Reinigungsarbeiten nach dem Melken erleichtert.
Eutervorbereitung
Die Vorstimulation ist für das Erreichen einer guten Melkbereitschaft, einen zügigen und vollständigen Milchentzug sowie eine kleine Nachgemelksmenge entscheidend. Für eine ausreichende Vorstimulation wird  etwa eine Minute benötigt. Dies ist die Zeitspanne vom Beginn der Eutervorbereitung bis zum Anfang des Milchentzuges. Da für das Vormelken und Zitzenreinigen etwa 20 Sekunden erforderlich sind, verbleiben noch rund 40 Sekunden für ein optimales Anrüsten. Diese Reststimulation kann mit einer automatischen Vorstimulation erfolgen. Das hat den Vorteil, dass sofort nach der Eutervorbereitung das Melkzeug angesetzt werden kann. Auf eine automatische Vorstimulation kann verzichtet werden, wenn erst drei bis vier Kühe vorbereitet werden (ohne das Melkzeug anzusetzen) und dann die Melkzeuge etwa eine Minute nach Beginn der Eutervorbereitung angesetzt werden. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass für die Melkperson ein zusätzlicher Wege- und damit Zeitaufwand entsteht. Dieses Verfahren ist für Melkkarussells (Drehung der Plattform) schwieriger anzuwenden, so dass hier eine automatische Vorstimulation häufig empfehlenswert ist. Kein zusätzlicher Wegeaufwand entsteht, wenn im Team gearbeitet wird. Dann kann beispielsweise eine Person das Vormelken und die Euterreinigung übernehmen und eine weitere Person nach einer gewissen Zeit die Melkzeuge ansetzen.
Grundsätzlich sollten die benötigten Arbeitsmaterialien wie Euterpapier, Melkstopfen usw. an mehreren Stellen im Melkstand verfügbar sein, um die Laufwege  kurz zu halten. 
Melkzeugabnahme
Die Zeitersparnis durch eine milchflussgesteuerte automatische Melkzeugabnahme ist sehr groß. Eine Investition in diese Technik ist aufgrund der eingesparten Arbeitszeit und der Vermeidung von Blindmelken sinnvoll. Die automatische Melkzeugabnahme erfolgt zeitlich verzögert, nachdem der Milchfluss unter einen eingestellten Schwellenwert (200–300 ml/Minute) gesunken ist. Erfolgt die Melkzeugabnahme zu früh, bleibt zu viel Milch im Euter. Wird das Melkzeug zu spät abgenommen, dann wird blind gemolken. Daher  ist eine exakte Einstellung sowie regelmäßige Überprüfung des Schwellenwertes  wichtig. Die  richtige Funktion der automatischen Melkzeugabnahme kann mit einem Laktocorder kontrolliert werden. Anhand der aufgezeichneten Milchflusskurve lässt sich erkennen, ob das Melkzeug zum richtigen Zeitpunkt abgenommen wird. Des Weiteren ist anhand der Milchflusskurve erkennbar, ob die Kuh zu Beginn des Melkens ausreichend vorbereitet war.
Herdenmanagement
Die benötigten Arbeitsmaterialien wie zum Beispiel Euterpapier oder Melkstopfen sollten im Melkstand schnell verfügbar sein.
Weitere Techniken im Melkstand wie Techniken zur Tiererkennung, Milchmengenmessgeräte oder eine Zwischenreinigung bzw. –desinfektion beschleunigen nicht das Melken. Sie sind aber Hilfen, um das Herdenmanagement zu verbessern, und gewinnen bei großen Herden an Bedeutung. Aber auch saubere Euter sowie eine Gruppeneinteilung der Herde erhöhen die Melkleistung.Vorteilhaft ist es, wenn zu behandelnde und frischmelkende Kühe zum Schluss gemolken werden. Dann kann eine weitere Person dazukommen, um die Melkarbeit zu unterstützen oder aber auch die ermolkene (Biest-) Milch zu den Kälbern zu bringen. Wichtig ist, dass diese Punkte gut aufeinander abgestimmt sind, denn der Vorteil von zum Beispiel sauberen Eutern führt kaum zu einer Steigerung der Melkleistung des Melkers, wenn etwa zu behandelnde Kühe den Gruppenwechsel verzögern oder der Zu- und Abtrieb der Kühe nur schleppend funktioniert.
Kühe ausselektieren
Beim Melken werden häufig Kühe erkannt, die zum Beispiel behandelt werden müssen. Damit diese Tiere nicht den Melkablauf blockieren oder nach dem Melken mit einem zum Teil erheblichen Zeitaufwand wieder aus der Herde geholt werden müssen, ist eine Selektionsmöglichkeit im Ausgangsbereich des Melkstandes sehr hilfreich. Dabei durchlaufen die Tiere ein Selektionstor, welches die Tiere entweder in den Stall zurück oder in den Selektionsbereich lotst. Die Steuerung des Selektionstores kann von Hand oder automatisch erfolgen. Die ausselektierten Tiere können in aller Ruhe „verarztet” werden. Da sie unter Umständen einige Stunden  in diesem Bereich verbleiben, ist es wichtig, den Kühen Zugang zu Futter und Wasser zu ermöglichen. Darüber hinaus sind Fanggitter zum Fixieren der Tiere sehr wichtig. Auch Liegeboxen sind empfehlenswert.