Die Europäische Kommission will die Zweite Säule der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) um 15 Milliarden Euro erhöhen. Hauptgrund sind die Anforderungen des angestrebten „Green Deal”.
Sitz der Europäischen Kommission in Brüssel: Sie will mehr Geld bereitstellen, um die ehrgeizigen Pläne des „GreenDeal” zu verwirklichen.
Mit dem neuen Vorschlag für den Wiederaufbaufonds, der dem Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) von 2021 bis 2027 angegliedert wird, soll die finanzielle Ausstattung der Zweiten Säule im Vergleich zu den Plänen aus dem Jahr 2018 um 15 Milliarden Euro aufgestockt werden. Als Grundlage gilt das Preisniveau von 2018.
Konkret soll dieser Betrag für die im Rahmen des Green Deal erforderlichen Strukturänderungen und die „ambitionierten Ziele” im Einklang mit der Farm-to-Fork-Strategie und der Biodiversitätsstrategie verwendet werden, heißt es in der Bekanntmachung der Brüsseler Behörde vom 27. Mai. Des Weiteren soll es zur „Stärkung der Resilienz” des Agrar- und Lebensmittelsektors und des Fischereisektors sowie zur Schaffung der notwendigen Flexibilität im Hinblick auf die Krisenbewältigung zusätzliche Mittel in Höhe von vier Milliarden Euro für die Erste Säule der GAP geben, bestätigte ein Kommissionssprecher. Der Europäische Meeres- und Fischereifonds (EMFF) erhält laut Kommission zusätzliche Gelder in Höhe von 500 Millionen Euro. Insgesamt plant Brüssel für den kommenden Siebenjahreszeitraum einen Gesamthaushalt in Höhe von 1850 Milliarden Euro. Der Vorschlag von 2018 hatte dagegen finanzielle Verpflichtungen von lediglich 1135 Milliarden Euro vorgesehen. Ein großer Teil der Mittel des Wiederaufbaufonds von rund 750 Millarden Euro soll allerdings bereits in den ersten Jahren des nächsten MFR zum Einsatz kommen.
Wiederaufbaufonds über Schulden finanzieren
Finanziert werden soll die
Erhöhung durch eine Anhebung der Eigenmittel auf „vorübergehend” 2,0
Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) in der EU. Diese Anhebung
komme zu der ständigen Eigenmittelobergrenze von 1,4 Prozent des BNE
hinzu, die aufgrund von wirtschaftlichen Unwägbarkeiten und des Brexit
vorgeschlagen worden sei, so die Kommission. Damit könne man die „hohe
Bonität” der EU-Behörde nutzen, um die zusätzlichen 750 Milliarden Euro
des Wiederaufbaufonds an den Finanzmärkten aufzunehmen. Diese Gelder
sollen über diverse EU-Programme bereitgestellt werden.
Die Rückzahlung wird nach Angaben der Kommission über einen „langen
Zeitraum” in künftigen EU-Haushalten erfolgen – „nicht vor 2028 und
nicht nach 2058”, heißt es dazu. Schließlich betont die Europäische
Kommission auch, dass der Vorschlag zur Rechtsstaatlichkeit vom Mai
2018, mit dem ein neuer Mechanismus eingeführt werden soll, um den
„EU-Haushalt vor finanziellen Risiken im Zusammenhang mit generellen
Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten zu
schützen”, in vollem Umfang aufrechterhalten werde.
Mehr Eigenmittel
Bei ihrer Rede im Brüsseler Europaparlament kündigte
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ebenfalls an, die
Eigenmittel der Kommission erhöhen zu wollen. Angestrebt würden ein
Ausbau des EU-Emissionshandels sowie der EU-Digitalsteuer. Die
CDU-Politikerin sprach sich zudem für eine hinreichend hohe CO2-Grenzsteuer aus. Diese könne als Ausgleich für klimaschädliche Billigproduktion in Drittstaaten wirken.
EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn betonte derweil die Bedeutung des
gemeinsamen EU-Haushalts. Dieser sei das Herzstück des europäischen
Aufbauplans. Dank der zusätzlichen Schlagkraft könne man Solidarität
zeigen und den Mitgliedstaaten sowie der Wirtschaft unter die Arme
greifen. „Gemeinsam wird Europa wettbewerbsfähiger, resilienter und
souveräner aus der Krise hervorgehen”, zeigte sich der Österreicher
überzeugt.
DBV: „Erster positiver Schritt”
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat den neuen Vorschlag der EU-Kommission zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) als „ersten positiven Schritt” gewürdigt. Zudem sei es auch eine „Anerkennung der wichtigen Rolle der Landwirtschaft in Europa”, so der Verband mit Blick auf die am Mittwoch voriger Woche in Brüssel präsentierten Pläne, die das Agrarbudget der Zweiten Säule im Vergleich zum ursprünglichen Haushaltsvorschlag von 2018 um 15 Milliarden Euro aufstocken. Gleichwohl bleibt laut DBV eine Kürzung des Budgets der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) um ein Prozent im Vergleich zum Jahr 2020 bestehen.
Der Präsident des DBV und des EU-Ausschusses der Bauernverbände (COPA), Joachim Rukwied, betonte, dass die Landwirte mehr Klima- und Umweltschutz nicht zum Nulltarif leisten könnten. Mit mehr Investitionen in die Landwirtschaft und die ländlichen Räume könne auch ein Beitrag zum wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Corona-Krise geleistet werden.
Lob aus den Mitgliedstaaten
Vorwiegend positiv haben die Regierungen verschiedener Mitgliedstaaten auf die Vorschläge der EU-Kommission zum EU-Agrarhaushalt im Rahmen des kommenden siebenjährigen Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) reagiert. Verhaltene bis deutliche Kritik kam dagegen von vielen Bauernverbänden. Etwas positiver hatte sich indes der Deutsche Bauernverband (DBV) geäußert. Zufrieden äußerte sich Polens Premierminister Mateusz Morawiecki. Der aufgestellte vorläufige Haushaltsplan sei ein guter Ausgangspunkt für weitere Gespräche, lobte der Premierminister in einer ersten Reaktion. Auch der französische Landwirtschaftsminister Didier Guillaume begrüßte die Pläne
der Kommission zum MFR und zum Wiederaufbau-fonds. Ebenso tat dies der französische Bauernverband (FNSEA). Angesichts der ambitionierten Ziele des Green Deal geht für den FNSEA die „Rechnung allerdings noch nicht auf”. Kritik an den Kürzungen im Vergleich zum aktuellen Finanzrahmen des Agrarbudgets kam vom spanischen Berufsstand.