Politik | 13. Juli 2022

Brüssel will zu Fruchtwechsel- und Stilllegungspflicht entscheiden

Von AgE
Eine Entscheidung in Brüssel über eine Aussetzung der Fruchtwechsel- und Stilllegungspflicht im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2023 soll schon in einigen Tagen fallen.
Sollte es zur Aussetzung der Konditionalitätsregelungen kommen, hätten die Bauern gerade noch die Möglichkeit, ihre Aussaatpläne für die Winterfrüchte zur Ernte 2023 anzupassen.
Wie aus Kommissionskreisen am 7. Juli  erklärt wurde, steht ein endgültiger Beschluss  derzeit noch aus. Sollte es zur Aussetzung der Konditionalitätsregelungen zum „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand” (GLÖZ) 7 und 8 kommen, hätten die Bauern gerade noch die Möglichkeit, ihre Aussaatpläne für die Winterfrüchte zur Ernte 2023 anzupassen.
Gemäß des GLÖZ-7-Standards in der Konditionalität müssen Betriebe, die 10 ha und mehr Ackerland bewirtschaften, auf ihren Schlägen einen Fruchtwechsel vornehmen. Der Anbau derselben Hauptkultur zwei Jahre hintereinander auf derselben Fläche ist mit Inkrafttreten der neuen GAP im Regelfall nicht mehr zulässig.
Mehrheit im Rat dafür
Dem GLÖZ-8-Standard zur Stilllegung zufolge wären ebenfalls Betriebe mit mindestens 10ha Ackerland gezwungen, vier Prozent ihrer Flächen stillzulegen. Aus der Kommission heißt es dazu, dass bei einer Aussetzung dieser Konditionalität EU-weit insgesamt bis zu 3 Millionen  ha zusätzlich für die landwirtschaftliche Produktion zur Verfügung stehen würden. EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski hatte bereits beim Agrarrat Mitte Juni erklärt, dass er sich im Kollegium der Kommission für die einjährige Aussetzung der Regeln zur Fruchtwechsel- und Stilllegungspflicht einsetzen wolle. Damit wolle er der Forderung zahlreicher Landwirtschaftsminister nachkommen, um der durch den Krieg in der Ukraine ausgelösten Versorgungskrise etwas zu begegnen.
Während sich die Mehrheit der EU-Landwirtschaftsminister und der landwirtschaftliche Berufsstand für eine befristete Aussetzung aussprechen, erteilen einige Wissenschaftler einem temporären Stopp der Stilllegungsverpflichtung von vier  Prozent indes eine Absage. Dies scheint nach ihrer Auffassung als Beitrag zur Ernährungssicherung „nicht sinnvoll”, wie es unter anderem in der jüngst veröffentlichten Studie „Ukraine-Krieg und globale Lebensmittelversorgung: Auswirkungen und agrarpolitische Handlungsoptionen” heißt. Als Gründe werden die zu erwartenden ökologischen Schäden eines solchen Umbruchs und das zu geringe Produktionspotenzial an zusätzlichen Nahrungsmitteln angeführt.
Allerdings kommen die Autoren der Abhandlung, darunter der Rostocker Agrarökonom Professor Sebastian Lakner sowie der frühere stellvertretende Leiter des Brüsseler Büros des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Dr. Wilhelm Klümper, zu dem Ergebnis, dass eine Aussetzung der GLÖZ 7 als kurzfristige Notfallmaßnahme durchaus zu einer Verbesserung der Versorgungslage beitragen könne.