Eine Entscheidung in Brüssel über eine Aussetzung der Fruchtwechsel- und Stilllegungspflicht im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2023 soll schon in einigen Tagen fallen.
Sollte es zur Aussetzung der Konditionalitätsregelungen kommen, hätten die Bauern gerade noch die Möglichkeit, ihre Aussaatpläne für die Winterfrüchte zur Ernte 2023 anzupassen.
Wie aus Kommissionskreisen am 7. Juli erklärt wurde, steht ein endgültiger Beschluss derzeit noch aus. Sollte es zur Aussetzung der Konditionalitätsregelungen zum „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand” (GLÖZ) 7 und 8 kommen, hätten die Bauern gerade noch die Möglichkeit, ihre Aussaatpläne für die Winterfrüchte zur Ernte 2023 anzupassen.
Gemäß des GLÖZ-7-Standards in der Konditionalität müssen Betriebe, die 10 ha und mehr Ackerland bewirtschaften, auf ihren Schlägen einen Fruchtwechsel vornehmen. Der Anbau derselben Hauptkultur zwei Jahre hintereinander auf derselben Fläche ist mit Inkrafttreten der neuen GAP im Regelfall nicht mehr zulässig.
Mehrheit im Rat dafür
Dem GLÖZ-8-Standard zur Stilllegung zufolge wären
ebenfalls Betriebe mit mindestens 10ha Ackerland gezwungen, vier Prozent
ihrer Flächen stillzulegen. Aus der Kommission heißt es dazu, dass bei
einer Aussetzung dieser Konditionalität EU-weit insgesamt bis zu 3
Millionen ha zusätzlich für die landwirtschaftliche Produktion zur
Verfügung stehen würden. EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski hatte
bereits beim Agrarrat Mitte Juni erklärt, dass er sich im Kollegium der
Kommission für die einjährige Aussetzung der Regeln zur Fruchtwechsel-
und Stilllegungspflicht einsetzen wolle. Damit wolle er der Forderung
zahlreicher Landwirtschaftsminister nachkommen, um der durch den Krieg
in der Ukraine ausgelösten Versorgungskrise etwas zu begegnen.
Während sich die Mehrheit der EU-Landwirtschaftsminister und der
landwirtschaftliche Berufsstand für eine befristete Aussetzung
aussprechen, erteilen einige Wissenschaftler einem temporären Stopp der
Stilllegungsverpflichtung von vier Prozent indes eine Absage. Dies
scheint nach ihrer Auffassung als Beitrag zur Ernährungssicherung „nicht
sinnvoll”, wie es unter anderem in der jüngst veröffentlichten Studie
„Ukraine-Krieg und globale Lebensmittelversorgung: Auswirkungen und
agrarpolitische Handlungsoptionen” heißt. Als Gründe werden die zu
erwartenden ökologischen Schäden eines solchen Umbruchs und das zu
geringe Produktionspotenzial an zusätzlichen Nahrungsmitteln angeführt.
Allerdings kommen die Autoren der Abhandlung, darunter der Rostocker
Agrarökonom Professor Sebastian Lakner sowie der frühere
stellvertretende Leiter des Brüsseler Büros des Deutschen
Bauernverbandes (DBV), Dr. Wilhelm Klümper, zu dem Ergebnis, dass eine
Aussetzung der GLÖZ 7 als kurzfristige Notfallmaßnahme durchaus zu einer
Verbesserung der Versorgungslage beitragen könne.