Betrieb und Wirtschaft | 13. November 2014

Brennen als Hauptstandbein

Von Robert Ullmann
In der letzten Folge unserer Serie zu weniger verbreiteten Grünen Berufen stellen wir einen Brenner vor. Johannes Halter macht gerade seinen Meister und ist mit Herzblut dabei in der Brennerei seiner Eltern.
Zunächst machte er eine Ausbildung in der Industrie – um dann doch daheim in den landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern einzusteigen. Der Betrieb, das ist die „Unter Heuberg Brennerei” in Oberkirch-Ödsbach, eine von rund 1400 Brennereien im Renchtal. „Hier brennt fast jeder Landwirt, und jeder Vollerwerbslandwirt sowieso”, sagt Juniorchef Johannes Halter. Bei ihm und seinen Eltern Georg und Maria ist es aber ein bisschen anders. Das Brennen ist nicht einfach nur ein Standbein. Die Halters haben ihre selbst hergestellten Edelbrände und Liköre zum Aushängeschild des Betriebes gemacht.
Obst wird selbst angebaut
Johannes Halter ist Brenner und bereitet sich gerade auf seine Meisterprüfung vor.
Für Johannes war klar: Wenn er daheim einsteigt, dann mit einem tragfähigen Konzept – und das hieß: neue Wege bei der Selbstvermarktung. Hier hat er viel entwickelt. Etwa Waldspeckessen im Indianerzelt oder Destillat-Menüs in Kooperation mit einem nahe gelegenen Gastronomiebetrieb. Es gibt einen Schnaps- und Kräuterlehrpfad in Hausnähe, der die Obstsorte mit dem Brennerzeugnis ganz konkret in Verbindung bringt. Wenn es passt, kann man reife Mirabellen probieren und dazu an einem Mirabellenbrand riechen oder ihn schmecken. Johannes Halter spricht von 150 Gruppen, die pro Jahr auf den Hof kommen. Rund 20 Brände plus 25 Liköre bieten die Halters an. Darunter auch Spezialitäten aus Streuobst und Wildfrüchten oder sortenreine Obstbrände, zum Beispiel einen Pfarrkirschbrand, auf den Johannes schon ein wenig stolz ist.
Grundmaterial für das Brennen ist natürlich das Obst. „Die erste Entscheidung ist: Was setzt man? Welche Kultur rechnet sich? Was passt in meine Arbeitsspitzen?”, erklärt Johannes. Die Halters bauen fast alle benötigten Obstsorten selbst an: Beeren-, Stein- und Kernobst. Einzig Erdbeeren für den Erdbeerlikör kauft man von Nachbarn hinzu. Beim Brennen habe sich viel entwickelt in den letzten Jahren, die Qualität wurde stark angehoben. „Da ist ein anderes Bewusstsein entstanden”, sagt Johannes. Und das fange beim Obst an. Früher, vor Jahrzehnten noch, habe man das gebrannt, was nicht anderweitig verwertbar war. Heute nehme man Topqualität beim Obst, um Topqualität bei den Bränden zu erzielen.
Angefaulte Früchte? „Das war vorgestern!”, sagt der Jungbrenner. Verschmutztes Obst werde aussortiert oder sorgfältig gewaschen. Beim Anbau, bei der Hygiene der Anlage, beim Einsatz von Pflanzenschutz dürfe man nicht weniger sorgfältig vorgehen als bei der Ware, die in den Handel komme.
Das Obst, sagt Johannes, bestimme den Arbeitsrhythmus durch das Jahr. Schneiden, Düngen, Februar und Anfang März wird der Topinambur geerntet, ab Ende März werden Christbäume gesetzt – ein weiteres Standbein des Betriebs. Dann kommt die Pflege der Reben. Weinbau ist das dritte betriebliche Standbein der Halters. Das Obst wird gelagert, eingemaischt und gebrannt wird nach Bedarf.
Qualität stark vorangetrieben
Seine Brennerausbildung absolvierte er wie der Vater an der  Brennerschule am Amt für Landwirtschaft Offenburg. „Die Brennerschule hat die Qualität stark vorangetrieben”, sagt er. Dort gehe es nicht nur um Rohstoffherstellung, aktuelle Brenntechnik und Sensoriktraining. Betriebswirtschaft, Recht und Marketing seien genauso wichtig.
Der nächste Schritt kommt gerade: In Bälde will Johannes im landwirtschaftlichen Bildungszentrum bei Emmendingen den Brennmeister machen, wobei er Teile der Ausbildung an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Obst- und Weinbau in Weinsberg absolvierte. All diese Ausbildungen laufen nebenberuflich. Besonders interessant seien die Kontakte zu anderen Brennern und die Einblicke in andere Betriebe. Das löse Überlegungen aus, sagt er. Im Meisterkurs seien die Ansprüche hoch. Als Abschlussarbeit im praktischen Bereich wählte er die Herstellung von Gin, im betriebswirtschaftlichen Bereich müssen die Absolventen einen kompletten Betrieb durchrechnen. Johannes wählte seinen eigenen Betrieb.  „Es war eine 60 Seiten lange Arbeit – aber nützlich!”
Dass er sich letztlich doch für die Landwirtschaft entschied, habe mit dem Arbeiten in der Natur zu tun. Als Brenner sieht er vielseitige Gestaltungsmöglichkeiten, bei den Produkten wie beim Marketing, da könne er kreativ sein. Die anderen Brenner im Tal sieht er nicht als Konkurrenz. „Dazu ist der Marktanteil eines jeden Einzelnen von uns viel zu gering. Wir sind Kollegen, die dasselbe Ziel haben: Gute Qualität zu produzieren und dafür Kunden zu finden.”
In Kürze
  • Ausbildung: Es gibt nur sehr wenige Ausbildungsplätze. Berufsschule ist das Fritz-Henßler-Berufskolleg in Dortmund. Daneben bieten das Landwirtschaftsamt Offenburg und  die LVWO Weinsberg nebenberufliche Kurse an.
  • Fortbildung: Brennmeister, Destillateurmeister, Getränkebetriebsmeister, Techniker  Lebensmittelverarbeitungstechnik, Studium (z. B. Lebensmitteltechnologie, Brauwesen, Getränketechnologie)