Tierhaltung | 19. November 2020

Bovine: ein europaweites Netzwerk

Von Maria Wehrle
Problembetriebe können zu Vorbildern werden, indem ihre Lösungsansätze so aufgearbeitet werden, dass diese sich auf andere Betriebe übertragen lassen. Eine Aufgabe, der sich das Netzwerk Bovine widmet.
Wer über acht Prozent Schwergeburten im Betrieb hat, sollte gegensteuern – zum Beispiel mit der Zucht auf höhere Becken.
„Aus der Praxis für die Praxis.” So lautet das Motto des internationalen Projektes Bovine. Die Abkürzung steht für „Beef Innovation Network Europe”, was ins Deutsche übersetzt so viel bedeutet wie Netzwerk für Innovationen in der europäischen Fleischrinderbranche (siehe unten). In einem nationalen Online-Workshop wurden letzte Woche die ersten Ergebnisse aus Deutschland vorgestellt.
Einen wichtigen Teil von Bovine bilden die praxistauglichen Lösungen – im Projekt „Good Practices” genannt. Fallbeispiele aus der Praxis dienen dazu, Handlungsanweisungen für andere Betriebe zu entwickeln. Ein häufiges Problem ist zum Beispiel die Geburt großer Kälber durch die Krezung standortangepasster Mutterkuhrassen mit Fleischrinderrassen. Die Tierärztin Anna Lena Lindau zeigte, wie ein Betrieb mit vielen Schwergeburten dieses Problem bewältigt hat: Wann immer möglich wird nun bis zum Sprung der Fruchtblase abgewartet, bevor untersucht wird, ob Geburtshilfe erforderlich ist. Ist dies der Fall, wird das Kalb bis vor das Becken der Kuh angezogen. Dann kann geprüft werden, ob eine natürliche Geburt möglich ist. Dazu legt der Landwirt während des Geburtsvorgangs seine Hand auf den Kälberkopf, um kontinuierlich sicherzustellen, dass keine Verletzungen entstehen können. Im Zweifel wird dann der Tierarzt gerufen.
Eine weitere Möglichkeit, Schwergeburten vorzubeugen, stellte Frank Zerbe vom Friedrich-Loeffler-Institut vor. Neben den Praxisbeispielen bilden die Innovationen aus der Forschung den zweiten Teil im Projekt. Zerbe empfiehlt das sogenannte Pelvimeter, um die innere Beckendimension der Kuh zu messen. So könnten Kalbinnen mit zu kleinem Becken von der Zucht ausgeschlossen werden. Laut Zerbe sollten Betriebe, die mehr als acht Prozent Schwergeburten haben, auf höhere Becken züchten.
Weitere Themen, die im ersten Projektjahr behandelt wurden, sind: Kälberdurchfall, Vitamin-E- und Selenmangel bei Kälbern sowie die Nutzung von Wärmebildkameras, um Lahmheiten frühzeitig zu erkennen. Sowohl die praxistauglichen Lösungen als auch die Neuigkeiten aus der Forschung sollen  auf der Internetseite des Projektes veröffentlicht werden. Um Zugriff auf die Inhalte im Wissensnetzwerk – dem sogenannten „Knowledge Hub” – zu bekommen, ist eine Registrierung unter https://hub.bovine-eu.net/login erforderlich.
Was dahinter steckt
Im Projekt Bovine vernetzt sich die europäische Fleischrinderbranche. Ziel ist es,
die Bedürfnisse von Mutterkuhhalterinnen und Rindfleischerzeugern zu identifizieren und Lösungen aus der Praxis zu sammeln. Daraus können auch Forschungsprojekte entstehen.  In Deutschland sind der Bundesverband Rind und Schwein sowie das Friedrich-Loeffler-Institut beteiligt.   Weitere Informationen gibt es unter www.bovine-eu.net/about/germany. Rinderhalter sind dazu aufgerufen Themenvorschläge  einzureichen unter l.lindau@rind-schwein.de.