Botrytis schon oft resistent gegen Fungizide
„Die wesentliche Triebkraft für die Entwicklung von Resistenzen ist die Selektion”, sagt der Forscher. „Durch dauernde Behandlungen mit demselben Wirkstoff verschwinden von Mal zu Mal mehr empfindliche Individuen einer Ausgangspopulation, die resistenten nehmen dagegen zu, bis schließlich die neue selektierte Population fast nur noch aus resistenten Stämmen besteht.”
Faktoren, welche die Resistenzbildung wesentlich beeinflussen, seien
- Eigenschaften und Wirkmechanismen des Fungizids,
- Häufigkeit und Art von Spritzungen,
- Infektionsdruck – Witterung und Zahl der Erreger,
- Anpassungsfähigkeit des Erregers – Sporenzahl, Generationen pro Saison – und
- Fitness, also die Überlebensfähigkeit des Erregers.
Fludioxonil beeinflusst die Osmoregulation, Cyprodinil und Pyrimethanil die Aminosäure-Biosynthese, Boscalid wirkt auf die Atmung, während Fenhexamid und Fenpyrazamine die Membran-Biosynthese des Pilzes beeinträchtigen.
Ähnlich wie bei Erdbeeren sei die Situation auch im Himbeeranbau. Hahn beschreibt den Anstieg der Resistenzen in einem Himbeerfeld von 2010 bis 2015: Während anfangs noch alle zugelassenen Wirkstoffklassen gut oder mindestens ordentlich wirkten, hatten 2015 alle ihre Wirksamkeit komplett oder teilweise verloren. Boscalid, Cyprodinil und Strobilurine wirkten überhaupt nicht mehr. Gegen diese Wirkstoffe war der Pilz in dieser Zeit komplett resistent geworden.
Im Weinbau ist dies glücklicherweise anders: Auf den untersuchten Parzellen an der Deutschen Weinstraße blieben die Fungizidbehandlungen gegen Botrytis über die Jahre 2011 bis 2014 wirksam. Multiresistente Stämme traten nicht auf. Dies galt aber nicht für einen Weinberg bei Freiburg, der neben einem Erdbeerfeld lag. Hier ermittelte Hahn, dass die Wirksamkeit der Botrytis-Spritzungen stark beeinträchtigt war, obwohl auch hier die verschiedenen Wirkstoffklassen zum Einsatz gekommen waren. Der Forscher vermutet, dass eventuell multiresistente Stämme von der Erdbeere zur Weinrebe übertragen worden sind.
Was können Obsterzeuger und Winzer tun, um Resistenzen möglichst lange hinauszuzögern? Hahn empfiehlt:
- die Kulturführung zu verbessern, um Feuchtigkeit zu verringern,
- im Obstbau exzessive Spritzfolgen zu vermeiden: maximal vier, besser nur drei Spritzungen in die Blüte setzen,
- Wirkstoffe konsequent zu wechseln und Aufwandmengen nicht zu reduzieren,
- im Erdbeeranbau die durch Resistenzbildung gefährdeten Fungizide unter Umständen mit Malvin WG zu kombinieren,
- bei nachlassender Wirkung der Fungizide ein betriebsspezifisches Resistenzmonitoring durchführen zu lassen und die Spritzfolgen anzupassen,
- biologische Pflanzenschutzmittel zu nutzen, auch wenn sie deutlich schwächer wirken als eine Anwendung wirksamer Fungizide, um diese aus der Schusslinie zu nehmen.