Betrieb und Wirtschaft | 02. Mai 2019

Borkenkäfer reden viel miteinander

Von Heinrich von Kobylinski
Aufmunternde Worte für seine Mitglieder fand Roland Schillinger, Vorsitzender der FBG Wolfach, am Montag bei einer Informationsveranstaltung zur Waldsituation in Oberwolfach. Trotzdem seht fest: Die Bewältigung der aktuellen Kalamität wird arbeitsintensiv und verlustträchtig.
„Der Käfer wird den Wald nicht umbringen, aber zu bitteren Erkenntnissen führen”, fasste Schillinger die Lage zusammen. Die Waldbesitzer haben es gleich mit mehreren Sorgenfaktoren zu tun: Neben einer veränderten Bürokratie durch die baden-württembergische Forstreform kommen die Trockenheit hinzu, der Schneebruch und jetzt  die Fortdauer des Borkenkäferbefalls. Nach Einschätzung des Revierleiters Markus Schätzle wird der Befall bei optimaler Reaktion der Waldbewirtschaftung zwei bis drei Jahre andauern. Bei suboptimaler Bewirtschaftung wohl doppelt so lange. Viel wird von  der Witterung abhängen. 
Unter den Bedingungen des Vorjahres bildete der Buchdrucker drei und stellenweise vier Generationen aus. Normal sind zwei. Die Eiablage im Frühjahr erbringt pro Weibchen 120 bis 150 Eier. Daraus können pro Jahr 750.000 Käfer werden. 2018 erfolgte der Flugbeginn der überwinterten Weibchen bereits in der 16. Woche, drei bis vier Wochen früher als sonst. Die dritte Generation flog Anfang September. In diesem Jahr erfolgte der Flugbeginn in der 17. Woche. Die Population ist nach Beobachtung des Försters wesentlich stärker als im Vorjahr. 2018 dauerte die Periode bis zum nächsten Generationswechsel stellenweise nicht mehr als vier bis fünf Wochen. Unter normaleren Umständen sind es sechs Wochen, bei kühlem Regenwetter können es bis zu acht Wochen werden.
Die Minen sind weniger ernst als die Lage (von links): Roland Schillinger, sein Stellvertreter Hubert Mayer, Markus Schätzle, Robert Müller und Martin Echle, ebenfalls stellvertretender FBG-Vorsitzender.

Solange Bohrmehl noch außen am Stamm erkennbar ist, bedeutet das: Der Käfer befindet sich in seiner Larvenform im Baum. Bei äußerlich roten Nadelbäumen ist das anders: Dort sind die Käfer bereits ausgeflogen.
Um den Fortgang des Befalls zu hemmen, ist konsequentes Handeln erforderlich. Mit einer passenden Witterung wird das Zeitfenster dafür größer. Gleichzeitig wird damit auch die Holzverarbeitung entlastet.
Laut Robert Müller, Geschäftsführer der FBG, führte schon allein der Schneebruch vom Januar zu einem Überangebot an Industrieholz. Der wichtigste Abnehmer dafür (Stora Enso) befindet sich in Karlsruhe und wird zwischenzeitlich wegen der Angebotsüberschüsse von auswärts mit höherwertigem PZ-Holz beliefert. Für die FBG müssten jetzt Nasslager errichtet werden. Wegen des Tannenanteils von 40 Prozent in seiner FBG rechnet Müller damit, dass in den kommenden Wochen auch viel befallenes Tannenholz angedient wird.
In den Wald häckseln
Obwohl das Nadelholzaufkommen aus dem Herbst bereits verkauft wurde, spricht Müller von einem stark wachsenden Kapazitätsdruck bei den Verarbeitern. Besonders trifft das auf kurzes Palettenholz zu. Derzeit besteht die Befürchtung, dass zu viel Energieholz gehäckselt werden muss. Weil dort ebenfalls massive Absatzprobleme drohen, ist laut Müller nicht ausgeschlossen, dass man „irgendwann einfach in den Wald häckseln muss”.
Im Gegensatz dazu betonte der Geschäftsführer, dass heimisches PZ-Holz zumindest in den nächsten zwei Monaten noch absatzfähig sein werde. Ausgesprochen gut vermarktbar sind   weiter Kiefer und Douglasie.
Schätzle mahnte, auf  den Krummzähnigen Tannenborkenkäfer zu achten, der von April bis Juli/August zwei bis drei Generationen ausbilden könne. Gefährdet seien vor allem geschwächte und alternde Tannen. Ein Befallssymptom seien sogenannte Überwinterungsbäume, erkennbar an perlschnurartigen Harztropfen und Kurzgängen unter der Rinde.   
Schillinger ermunterte die Mitglieder zu einem intensiven Dialog, um gemeinsam die Krise besser bewältigen zu können. Wissenschaftler hätten festgestellt, dass auch unter Borkenkäfern ein intensiver Datenaustausch erfolge. Über mehrere hundert Meter könne Nachricht gegeben werden, wo es „lohnende” Bäume gebe. Zusätzlich gebe es  Abwehrsignale, wenn ein Baum stark befallen sei und damit für neue Käfer kein Platz mehr.