Borkenkäfer extrem – Überwinterung stoppen
In den folgenden Monaten mit überdurchschnittlich hohen Temperaturen und unterdurchschnittlicher Wasserversorgung hatten rindenbrütenden Schädlinge wie Buchdrucker und Kupferstecher optimale Bedingungen, um weitere Generationen und damit große Populationen aufzubauen.
Daher kam es ab Ende Juni vermehrt zu Stehendbefall, ab August wurden immer größere Käferlöcher gemeldet und ab September stiegen die gemeldeten Käferbäume landesweit noch einmal rasant an. Bis heute wurden daher im Gesamt-
wald Baden-Württemberg rund 1006000 fm Nadelholz als „Insektenholz” verzeichnet – es handelt sich in erster Linie um den Buchdrucker an Fichte, dabei ist aber auch Insektenbefall an Weißtanne, Kiefer und Lärche. Erfahrungsgemäß steigt dieser Wert noch, weil weiteres Käferholz später verbucht wird.
Aktuell werden sogar noch Mitte Oktober in Monitoringfallen Exemplare gefangen, die eigentlich auf der Suche nach Überwinterungsbäumen sind. In den besiedelten Bäumen finden sich auch sogenannte weiße Phasen, das sind die Larvenstadien und Puppen.
Da derzeit ungewöhnlich hohe Temperaturen herrschen, geht die Entwicklung unter der Fichtenrinde weiter; dies gilt vor allem für die unteren und mittleren Lagen und besonders für besonnte Standorte. Dort entwickeln sich diese Schadinsekten so lange weiter, bis aus den Larven Puppen werden und sich diese zum hellbraunen Jungkäfer entwickeln. Gestoppt wird das erst, wenn die Temperaturen unter 7,3 °C sinken.
Die Waldbesitzer dürfen deshalb in ihren Aktivitäten nicht nachlassen und müssen jetzt im Herbst und auch im Winter alles daransetzen, um die Käferpopulationen zu verringern. Das Gesagte gilt nicht nur für Fichten, sondern in ähnlicher Weise auch für die Weißtanne. Auch die typischen Weißtannenborkenkäfer (Krummzähniger Weißtannenborkenkäfer und Kleiner Tannenborkenkäfer, siehe hierzu Bericht in der BBZ 36-2018, Seiten 18 und 19) verursachen in trocken-heißen Jahren Schäden und befallen geschwächte Tannen.
Eile ist geboten, denn je mehr Zeit nach dem Befall verstreicht, desto nekrotischer werden Kambium sowie Rinde und sterben ab oder werden vom Reifungsfraß der Käfer zersetzt, wodurch sich die Rinde vom Holz ablöst. Dann können die Fichten nicht mehr ohne erhebliche Rindenverluste gerückt werden. Die Käfer bleiben also im Bestand. Grundsätzlich sind Holzpolter mit Stämmen, deren Rinde noch anhaftet, zuerst abzufahren. In höheren Lagen sollte die Sanierung vor dem Schneefall erfolgen, denn die Käfer können im nächsten Frühjahr gegebenenfalls schon vor Abschluss der Schneeschmelze fliegen.
Ältere Versuchsergebnisse haben den Stichtag 31. Oktober belegt: Von diesem Tag an sind nur fertige Käfer überlebensfähig, Larven und Puppen überstehen den Winter nicht. Das gilt besonders für Zeiten mit wechselhaften winterlichen Temperaturen. Ein starkes Frostereignis reicht, um die weißen Käferstadien weitestgehend zu reduzieren. Die Larven stecken im feuchten Kambium – wenn dieses durchfriert, gibt es kein Ausweichen mehr. Eier und junge Larvenstadien reagieren empfindlich auf Temperaturen unter –10 bis −15 °C über mehrere Tage hinweg. Sie überwintern in der Regel nur in liegenden Stämmen unter einer isolierenden Schneedecke erfolgreich.
Allerdings waren der September und Oktober in diesem Jahr überdurchschnittlich sonnenreich und warm, daher kann davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung in fast allen Lagen weitergegangen ist und derzeit noch weiter läuft, sodass schlussendlich nahezu nur fertige Käfer in den Winter gehen werden, diese sind sehr robust und können Wintertemperaturen bis unter –30 °C ertragen.
Die im Frühjahr 2018 befallenen Fichten zeichnen seit Wochen mit roter Krone und sind damit gut aus der Ferne sichtbar. Hier sind die Käfer aber schon lange ausgeflogen. Man kann diese Bäume zunächst stehen lassen und zur Lokalisierung von bisher nicht gefundenen Käfernestern nutzen. Aber Vorsicht: Rote Kronen sind kein sicherer Hinweis, dass die Bäume schon verlassen sind. Klarheit verschaffen im Zweifelsfall einige Probefällungen.
Befallssymptome, die im Herbst und bis in den Winter auftreten, sind weitestgehend die Folge von Stehendbefall im August und Anfang September. Deshalb ist erfahrungsgemäß damit zu rechnen, dass in nächster Zeit noch mehr befallene Fichten sichtbar werden und weiter nennenswerte Mengen Käferholz anfallen werden. Diese Bäume sind oft recht schwer zu finden: Ihre Krone ist meist grün, Bohrmehl und Harztropfen gibt es in dieser Zeit nicht. Grüne Nadeln, die unter dem Baum liegen, sind ein ziemlich sicheres Befallsmerkmal. Und mit dem Fernglas sind auch kleinflächige Rindenabbrüche durch Spechttätigkeit zu erkennen. Hier sind dann meist sehr gut die Brutbilder der Borkenkäfer zu sehen. Diese Bäume sind bevorzugt zu entnehmen, denn dort überwintert in der Regel der Buchdrucker, um im Frühjahr von hier aus meist in der Nähe den Neubefall zu starten.
Die Wahrscheinlichkeit für Stehendbefall ist in der Nähe von noch nicht aufgearbeitetem Sturmholz oder alten Käfernestern am höchsten, die Suche sollte aber unbedingt auch in die Bestandestiefe hinein ausgeweitet werden. Dabei muss in älteren Beständen Baum für Baum abgesucht werden und die befallenen Bäume sind sofort für den Einschlag auffällig zu markieren und herauszuholen.
Solange das Befallsrisiko mit Borkenkäfern erhöht ist, sollten Pflege- und Holzerntemaßnahmen möglichst ausgesetzt werden. Nötigenfalls empfiehlt es sich, die Arbeiten möglichst im Frühherbst, nach Beendigung des Käfer-Schwärmfluges, durchzuführen. Bei hoher Kupferstecherdichte muss besondere Sorgfalt auf die Vernichtung durch Verbrennen oder Häckseln aller Resthölzer und allen befallenen Materials verwendet werden. Gipfelstücke, Äste und Reisigmatratzen behalten nach dem Harvestereinsatz über viele Monate ihre Bruttauglichkeit für den Kupferstecher.