Der Vorsitzende des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, Jochen Borchert, drängt auf eine baldige politische Entscheidung zur Finanzierung des angestrebten Umbaus der Tierhaltung.
Jochen Borchert zum Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland: „Je länger gewartet wird, umso schwieriger wird es.”
„Noch vor der Bundestagswahl müssen die notwendigen Weichenstellungen erfolgen”, sagte der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister vergangene Woche gegenüber dem Fachpressedienst Agra-Europe. Niemand solle glauben, dass ein Aufschub der Entscheidungen Vorteile hätte: „Je länger gewartet wird, um so schwieriger wird es.” Das gelte insbesondere für die Finanzierung.
Steuerliche Lösung unerlässlich
Der langjährige Haushaltspolitiker hält nach wie vor eine
steuerliche Lösung für unerlässlich. „Die von uns vorgeschlagene
mengenbezogene Verbrauchssteuer auf tierische Erzeugnisse ist ein
machbarer Weg”, betonte Borchert. Nach seinen Informationen wird die von
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner in Auftrag gegebene
Machbarkeitsstudie weder in diesen Punkt noch zu den Empfehlungen
insgesamt unüberwindbare Hindernisse aufzeigen.
Der langjährige Parlamentarier weiß um die Diskussionen, die eine neue
Steuer in den politischen Parteien auslösen, insbesondere in diesem
Wahljahr. Umso wichtiger sei es jedoch, „dass Bundestag und Bundesrat zu
ihren bisherigen Willensbekundungen stehen und die notwendigen weiteren
Schritte gehen.”
„Alle Beteiligten wollen den Erfolg”
Für nicht gerechtfertigt hält Borchert die Kritik vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) an der Rolle des
Bundeslandwirtschaftsministeriums bei der Umsetzung der Empfehlungen für
einen Umbau der Tierhaltung. „Alle Beteiligten wollen den Erfolg”,
betonte Borchert.
Der Kommissionsvorsitzende räumte ein, dass es in einer Arbeitsgruppe
unterschiedliche Auffassungen über die Kriterien für die Schweinehaltung
in der höchsten Tierwohlstufe 3 gebe. Das Kompetenznetzwerk habe
empfohlen, dass die dritte Stufe „weitgehend” den Haltungskriterien des
Ökolandbaus entsprechen solle. Dass darüber diskutiert werde, sei nicht
überraschend. Klar sei aber auch, dass es keine eigene vierte Stufe für
die ökologische Tierhaltung geben werde. Borchert geht davon aus, „dass
man sich verständigen wird”, zumal die Vorstellungen bei den Vertretern
der Ökolandwirtschaft keineswegs einheitlich seien. Alles andere als
eine Einigung oder gar ein Rückzug des BÖLW wäre für das Gesamtprojekt
„nicht hilfreich”. Borchert äußerte sich insgesamt zufrieden mit den
Fortschritten in den Arbeitsgruppen. Er geht davon aus, dass die meisten
im Februar ihre Arbeit abschließen werden.
BÖLW-Geschäftsführer Peter Röhrig hatte dem
Landwirtschaftsministerium vorgeworfen, dass es „gegen die
Beschlusslage der Borchert-Kommission” arbeite. So versuche man, die
Finanzierung auf die lange Bank zu schieben. Zudem trete das Ministerium
dafür ein, dass die Kriterien für die Sauen- und Schweinehaltung in der
Stufe 3 deutlich unter den Biostandards lägen. Später versuchte der
Verbandvorsitzende Felix Prinz zu Löwenstein die Wogen zu glätten. Er
betonte das Interesse des BÖLW, „die Borchert-Kommission schnell zu
einem umsetzbaren Ergebnis zu bringen”.
Zum einen müsse der Umbau der Tierhaltung insgesamt gefördert werden,
zum anderen aber auch die Umstellung auf den ökologischen Landbau. Als
eine Voraussetzung nannte der Verbandsvorsitzende einen angemessenen
Kostenausgleich für Biobetriebe. Dieser müsse sich auf die Mehrkosten
beziehen, die durch die Haltungsvorgaben des Bio-Rechts verursacht
würden.
Unterdessen wiesen der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
(BUND), die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und der
Deutsche Tierschutzbund die Forderung des BÖLW nach einer
Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Ökoverordnung und der Tierwohlstufe 3
zurück. Keinesfalls dürfe die Stufe 3 exklusiv vom Ökolandbau
beansprucht werden.