Tierhaltung | 19. März 2020

Biosicherheitsmaßnahmen in Zeiten von ASP

Von Dr. Otto Hornstein, SGD Freiburg
Sehr unsicher ist, ob es gelingt, den Eintrag der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in die deutsche Wildschweinepopulation zu verhindern. Deshalb ist es wichtiger denn je, sich mit dem Thema Biosicherheit zu befassen, um den eigenen Bestand vor dem Erreger zu schützen.
Innerhalb einer Wildschweinrotte breitet sich die ASP nur langsam aus. Dadurch kann sie sich über lange Zeit im Wildschweinebestand halten.
Die ASP ist keine hochansteckende  Seuche, die Übertragung findet in der Hauptsache durch orale Aufnahme von Virusmaterial statt. Innerhalb einer Wildschweinrotte  breitet sie sich nur langsam aus. Bei einer Ansteckungsgefahr von unter 30 Prozent werden nur wenige Tiere infiziert, das heißt, es stehen für das Virus immer ansteckungsfähige Tiere zur Verfügung. Die Seuche ist nicht selbstlimitierend, wie zu Beginn der Seuchenzüge im Baltikum angenommen wurde. Das heißt, die Seuche kommt nicht von alleine ohne äußere Einflüsse zum Erliegen. Damit wird die Erkrankung zur Habitatseuche, die  über lange Zeit im Wildschweinebestand einer Region bestehen kann. Fast alle Tiere, die sich angesteckt haben, sterben innerhalb kurzer Zeit (Todesrate über 90 %) und so gelangt wieder Virus in die Umwelt und die Kadaver werden aufgrund der langen Überlebenszeit des Virus (siehe Kasten unten) zur Ansteckungsquelle für die anderen Wildschweine in diesem Gebiet.
 
So lange hält sich das ASP-Virus
Überlebenszeit des ASP-Virus in verschiedenen Materialien:

Blut (Blutkuchen verwesend)15 Wochen
Blut bei 4 °C18 Monate
Skelettmuskel bei 4 °C 105 Tage
Skelettmuskel gefroren33 Monate
Schweinekot bei Umgebungstemperatur 60–100 Tage
in blutverseuchter Erde205 Tage
Knochenmark bei –4 °C6 Monate
Innereien bei 4 °C105 Tage
Schinken (gesalzen, getrocknet)140 Tage
Parmaschinken399 Tage
Maßnahmen gegen die ASP-Einschleppung nach Deutschland
Für den Schutz Deutschlands  vor der Seuche  ist es wichtig, den Eintrag des Erregers in die Wildschweinepopulation über Speisereste zu verhindern. Dazu sind Warnhinweise an den Grenzen sowie an den Rast- und Parkplätzen der Fernstraßen angebracht und viele Merkblätter an die Fernfahrer und die Hilfskräfte in der Landwirtschaft verfasst und verbreitet worden. Ebenso ist die Jägerschaft aufgerufen,
  • den Bestand an Wildschweinen zu reduzieren,
  • bei Jagden im Ausland bei der Rückkehr die erforderliche Sorgfalt walten zu lassen und
  • keine Jagdtrophäen aus dem Ausland  einzuführen.
In Polen ist die ASP seit wenigen Monaten sehr nahe an die deutsche Grenze gerückt, mit einer Entfernung von nur noch 12 km nach Sachsen. In Brandenburg und Sachsen  wurden inzwischen mehr als 140 km Elektrozäune und Duftzäune errichtet, die einen Übertritt von eventuell infizierten Wildschweinen nach Deutschland verhindern sollen.
Das Virus draußen halten
Vor allem im Blut von infizierten Tieren und in Ausscheidungen, die mit Blut vermischt sein können, wie zum Beispiel Kot oder  Ausfluss, sind hohe Mengen an Virus vorhanden. Wichtig ist, durch  umfassende Biosicherheitsmaßnahmen (siehe Kasten unten) zu verhindern,  dass diese Substanzen  in den Hausschweinebestand gelangen. Problematisch ist dabei die sehr lange Überlebenszeit des Virus in der Umgebung.  Dr. Klaus Robert Depner vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) verweist auf drei wichtige Regeln, die das Einbringen des ASP-Virus in die Schweinehaltung verhindern können:
  • Keine Verfütterung von Speiseabfällen,
  • kein Kontakt mit Fremden – kein Zutritt für unbefugte oder betriebsfremde Personen in den Stall,
  • Schuhwechsel vor Betreten des Stalles.
Dr. Depner beleuchtet damit vor allem den indirekten Eintrag des ASP-Virus in den Hausschweinebestand, der  nach den Erfahrungen aus dem Baltikum der  häufigste Weg sein dürfte. Die Einhaltung der genannten Regeln ist besonders wichtig,  um zu verhindern, dass Material mit Virusbelastung in den Betrieb gelangt (externe Biosicherheit).
Blutiger Kot von Wildschweinen, Blut von verendeten Tieren und anderes virushaltiges Material kann auf verschiedenste Weise auf das Betriebsgelände oder in den Stall kommen. Es kann  an den Reifen von  jedem Fahrzeug –   seien es betriebseigene, überbetrieblich eingesetzte oder  Fremdfahrzeuge (wie Tierarzt, TBA-Fahrzeug, Spermatransport u. v. a.) –  haften und sich auf dem Betriebsgelände wieder lösen. Ebenso kann es mit dem Schuhwerk, mit Getreide, Stroh oder Heu, das mit Ausscheidungen von Wildschweinen in Berührung gekommen ist, oder anderem in den Betrieb und nachfolgend in den Stall gelangen.
 
Biosicherheitsmaßnahmen im Betrieb: Was gehört dazu?
Ziel von sogenannten Biosicherheitsmaßnahmen ist es, den  eigenen Tierbestand  vor schädigenden Faktoren, vor allem    Krankheitserregern, zu schützen. Unterschieden werden muss dabei zwischen externen und internen Biosicherheitsmaßnahmen.
  • Bei der externen Biosicherheit geht es darum, den Eintrag von Keimen in den Bestand zu verhindern. Einfluss auf die  externe Biosicherheit haben der Standort, bauliche Maßnahmen wie ein Schutzzaun, Lagerplatz und Übergabestelle für Kadaver, Laderampe für Zu- und Verkauf, Gülle- und Mistentsorgung, Herkunft bzw. Zukauf der Tiere, Abgabe bzw. Verkauf von Tieren und der Personen- und Fahrzeugverkehr auf dem Betrieb.
  • Ziel der internen Biosicherheit ist, die Ausbreitung von Keimen im Bestand zu verhindern. Entscheidend hierfür sind zum Beispiel die Stallbauausführung,  die Optimierung betriebsinterner Abläufe,  Rein-Raus-Verfahren, Reinigung und Desinfektion, Ungeziefer- und Schadnagerbekämpfung, Erreichen bzw. Erhalten einer belastbaren Bestandsimmunität, Erreichen bzw. Erhalten einer guten Einzeltierimmunität oder die  regelmäßige Parasitenbekämpfung.

Eine Hygieneschleuse muss sein
Die Stallkleidung (Overall, Schuhe) wird in der Hygieneschleuse aufbewahrt und dort vor dem Betreten des Stalls angezogen.
Hygieneschleuse

Vom Betriebsgelände in den Stall kann das Virus gelangen, wenn es mit dem Schuhwerk oder mit Betriebsmitteln in den Innenbereich getragen wird. Deshalb muss klar geregelt sein, dass für den Stallbereich eigene Betriebskleidung (Schuhe, Overall etc.) zur Verfügung steht. Diese Stallkleidung wird in der Hygieneschleuse verwahrt. Dort wird die Straßenkleidung abgelegt und die Stallkleidung  angelegt. Wichtig sind hier eine klare Trennung zwischen innen (Weißbereich) und außen (Schwarzbereich) und das Vermeiden von sich kreuzenden oder überschneidenden Wegen. Hier muss auch die Möglichkeit zum Waschen und Desinfizieren der Hände gegeben sein, was sowohl vor dem Betreten als auch beim Verlassen des Stalles durchgeführt werden muss.
Dies darf nicht nur für den Besucher oder den Tierarzt gelten, sondern ist für alle (Betriebsleiter, versorgendes Personal, Hilfskräfte und externe Handwerker etc.) zwingend.

In der Hygieneschleuse muss es die Möglichkeit zum Waschen und Desinfizieren der Hände geben.
Umzäunung
Weiter ist in der Schweinehaltungshygiene-Verordnung (SchwHaltHygVO) für die großen Betriebe eine Umzäunung vorgeschrieben. Hier soll eine Trennung zwischen innen und außen erreicht und eine Kontamination verhindert werden. Externe Fahrzeuge wie TBA-Fahrzeug, Mahlmischanlagen, Futtermittellieferanten und andere sollten außerhalb des Betriebsgeländes bleiben. Funktionsbereiche wie Dunghaufen oder Futterlagerstätte müssen innerhalb der Einfriedung liegen. Betriebsinterne Fahrzeuge, zum Beispiel zum Entmisten der Stallungen, sollten innerhalb des Zaunes bleiben. Falls sie auch außerhalb des Betriebsgeländes eingesetzt werden, sollten bei Wiedereintritt Fahrzeug und vor allem die Reifen gereinigt und desinfiziert werden.
Für größere Betriebe sind diese Regelungen in der SchwHaltHygVO zwingend vorgeschrieben, machen aber natürlich auch für mittlere und kleinere Haltungen Sinn.

Sichere Lagerung von Futter und Einstreu
Futter, Beschäftigungsmaterial und Einstreu sind wildschweinsicher zu lagern. Da die Möglichkeit des Viruseintrages über die Verwendung von Futtermitteln, Einstreu, Heu und anderem aus dem gefährdeten Gebiet besteht, kann im Seuchenfall ein Verwendungsverbot erlassen werden. Ein Nutzungs- bzw. Ernteverbot für landwirtschaftliche Flächen in diesem Gebiet soll zum einen der Gefährdung vorbeugen, eventuell kontaminiertes Material in den Betrieb zu bringen, und weiterhin eine Störung der Wildschweine durch die Arbeiten auf dem Feld und damit eine Auswanderung eventuell befallener Tiere verhindern.

Schweine in Freilandhaltungen besonders gefährdet
Die Möglichkeit der direkten Übertragung, also von infizierten Wildschweinen auf Hausschweine, darf natürlich auch nicht vernachlässigt bleiben. Schweine in Freilandhaltung sind besonders gefährdet, mit Wildschweinen in Kontakt zu kommen. Deshalb wird im Seuchenfall ein Aufstallungsgebot erlassen werden, alle Tiere müssen in feste Stallungen verbracht werden. Auch Auslaufhaltungen sind mit festem Zaun oder Elektrozaun gegen einen Kontakt mit Wildschweinen abzusichern.
 
Fazit
Die Seuche in der Wildschweinepopulation zu bekämpfen, wenn sie dort angekommen ist, wird eine riesige Herausforderung, die eventuell auch nicht zu schaffen sein wird. Dann muss alles dafür getan werden, dass das Virus nicht in die Hausschweinebestände übertritt. Die Pläne, die ASP zu kontrollieren, werden nur erfolgreich sein, wenn alle Beteiligten (Schweinehalter, Tierärzte, Veterinärbehörden, Jäger, Medien, Öffentlichkeit u.a.) zusammenarbeiten.
Abchecken
Eine gute Möglichkeit, den eigenen Betrieb hinsichtlich der Biosicherheit zu überprüfen, bietet der Check der Universität Gent. Er ist abrufbar auf der Seite www.biocheck.ugent.be und dort auch in Deutsch erhältlich.