Tierhaltung | 18. Juni 2014

Betonböden per Hitzeschock sanieren

Von Benedikt Rodens, Rückweiler
Bekannte Verfahren zum Aufrauen glatter Laufflächen in den Ställen sind das Fräsen, Rillenschneiden, Sandstrahlen oder die Säurebehandlung der Laufflächen. Der folgende Beitrag stellt eine weitere interessante Möglichkeit aus Frankreich vor, die thermische Betonbehandlung.
Erster Schritt bei der thermischen Laufflächensanierung ist wie bei allen Verfahren das gründliche Abschieben des Mistes.
Im Stall ist es heiß und extrem laut.  Francis de Wachter aus Arlon in Belgien, der 100 Kühe plus Nachzucht hält, schaut sich das Szenario skeptisch an. Er ist der erste Landwirt in Belgien, der Luc Papeta aus Frankreich mit einer thermischen Laufflächenbehandlung beauftragt hat. „Mir blieb eigentlich keine Wahl”, erzählt Wachter, der das Aufrauen seiner Laufflächen lange Zeit vor sich hergeschoben hat. Die Liegeboxen der Kühe sind neben einer neugebauten Fresshalle im Altgebäude untergebracht. Zwischen Liegeboxen und Außenwand befindet sich ein etwa 2 m breiter Laufgang, der zur Hälfte planbefestigt und im Laufe der Jahrzehnte immer glatter geworden ist.
 „Ich habe mir jahrelang den Kopf zerbrochen, wie ich diesen Bereich aufrauen kann. Die modernen Fräsmaschinen sind zum Teil so hoch und breit gebaut, dass sie nicht in das Altgebäude hineinkommen. Zudem habe ich Angst, dass die mechanische Einwirkung der Fräsköpfe im alten Beton Risse entstehen lässt und ihn dadurch in seiner Struktur schädigt. Als ich in einer französischen Fachzeitschrift dann vor einiger Zeit von der thermischen Betonbehandlung las, wusste ich, dass dies eine Methode für die Behandlung meiner Betonflächen sein könnte”, erzählt Wachter weiter.


Bodenschonendes Verfahren
Als zweiter Schritt folgt die Reinigung der Lauffläche mit dem Dampfstrahler
Derweil schiebt Antoine Papeta (25 Jahre) den 60 cm breiten, handgeführten Gasbrenner unter ohrenbetäubendem Lärm Zentimeter für Zentimeter über den Laufgang. Um sich vor der Hitze und den umherfliegenden, glühend heißen Teilen zu schützen, ist sein Körper ganz in einem Schutzanzug vermummt. Bei genauer Betrachtung seiner Arbeit erkennt man, dass die Oberfläche des Betons in viele tausend Einzelteile regelrecht abgesprengt wird. Nun erklärt sich auch der skeptische Blick von Francis de Wachter.
Im nächsten Schritt wird das überschüssige Wasser mit einem Laubbläser von den Flächen geblasen.
Luc Papeta (55 Jahre), der die fragenden Blicke seiner Kunden genauestens kennt, erklärt ihm jedoch ausführlich, dass sich die Hitzeeinwirkung von fast 3000° C nur kurzzeitig  auf die  Oberfläche des Betons auswirkt und nicht in tieferliegende Schichten dringt. „Trotz der großen Hitze ist dies eine besonders schonende Betonbehandlung. Der kurzzeitige Hitzeschock dringt nur wenige Millimeter tief in den Beton ein. Verbrannt bzw. abgesprengt werden dabei nur die Ablagerungen an der Betonoberfläche, tiefgehende Risse entstehen nicht. Deshalb können dieselben Betonflächen, wenn nötig, mehrmals im Laufe der Jahre mit dieser Methode behandelt werden. Die abgesprengten Ablagerungen haben  im Durchschnitt eine Dicke von etwa 1 mm, aber auch 2–3 mm dicke Stücke können  gelöst werden. So kommt etwa eine Schubkarre Abfallmaterial je 150 m2 Fläche zusammen, die mit einem Besen zusammengekehrt werden kann”, berichtet Luc Papeta.
Bei diesem Verfahren wird im Gegensatz zum Rillenschneiden der Beton ganzflächig bearbeitet. Bedingt durch die große Hitze werden Fett- und Proteinreste aus Haarkleid und  Milch sowie Urinstein, die sich auf der Betonoberfläche abgelagert haben, rückstandslos weggebrannt.     
Nun kann die thermische Sanierung beginnen.
Seit 2005 ist Luc Papeta und mittlerweile auch sein Sohn Antoine in ganz Frankreich unterwegs. Sie zählen nach eigenen Angaben etwa 600 Kunden. „Der Anfang war recht schleppend, damals hatte ich einen nur 25 cm breiten Brenner zur Verfügung.  Seit der Fertigstellung eines 60 cm breiten Brenners im Jahr 2008 ging es aber stetig aufwärts”, erklärt Papeta. Ein weiterer Durchbruch kam im Sommer 2012, nachdem er einen selbstfahrenden, 1,20 m breiten Brenner fertiggestellt hatte.  „Mit den uns jetzt zur Verfügung stehenden Geräten können wir jeden Auftrag annehmen. Wir sind damit in der Lage, zwischen den Melkzeiten auch größere Flächen zu bearbeiten. Der Erfolg gibt uns Recht, denn die Laufflächen, egal ob nun Spalten oder planbefestigter Boden, sind nach unserem Verfahren spürbar griffiger”, so Papeta abschließend.

   



 
Fazit
Laufflächen in Rinderbetrieben werden im Laufe der Jahre bedingt durch tierische Ablagerungen immer rutschiger. Rutschsichere Laufflächen sind für die Sicherheit von Mensch und Tier jedoch unabdingbar. Dass man mit enormer Hitze den Ablagerungen den Garaus machen kann, ist für uns in Deutschland ein völlig neuer Ansatz. Neben den bisher bekannten Verfahren stellt die thermische Betonbehandlung zum Aufrauen glatter Betonoberflächen daher eine interessante Alternative dar.
Etwa 6 bis 10 Euro je Quadratmeter
Wie viele Quadratmeter pro Tag mit der thermischen Betonbehandlung saniert werden können,  hängt  von vielen Faktoren ab. Sind die Flächen mit einem Dampfstrahler gründlich gereinigt und mit den benötigten Geräten  gut  zu erreichen, so schafft Luc Papeta mit seiner  heutigen Ausrüstung bis zu 650 m2 planbefestigte Fläche und etwa 450 m2 Spaltenfläche täglich. Die Reinigung mit dem Dampfstrahler kann  der Landwirt  selbst übernehmen, aber auch an   Papeta vergeben.   Wichtig ist, dass auch die  eingetrockneten Kotreste an den Seitenwänden wegen der Brandgefahr entfernt werden. Danach kann die eigentliche Sanierungsarbeit beginnen.
In welchem Rhythmus   diese Prozedur wiederholt werden muss, hängt nach Angaben von Papeta in erster Linie vom Landwirt selbst ab. Bei jährlicher, gründlicher Reinigung mit Dampfstrahler oder Hochdruckreiniger könne das Intervall zehn Jahre und mehr betragen. Ohne  gründliche Reinigung könne  die Schicht  aus Urinstein, Fett und Eiweiß auch schon nach sechs Jahren so dick sein, dass ein erneutes Abbrennen erfolgen müsse.
Güllegase sind bei der thermischen Betonbehandlung ein Sicherheitsrisiko.  Papeta empfiehlt den Betrieben daher, schon im Vorfeld für eine gute Durchlüftung zu sorgen. Außerdem sei es günstig, wenn der Güllekeller  zum Zeitpunkt  des Brennens  möglichst gefüllt sei, denn so bleibe für  Gas kein Platz. Alleine schon wegen der  eigenen Sicherheit führe er aber  bei Bedarf vor Arbeitsbeginn Gasmessungen durch.   Je nach Größe und Zugänglichkeit des Einsatzbereiches berechnet Papeta pro Quadratmeter  etwa 6–10 Euro. Einen Einsatz in Deutschland hält er für  grundsätzlich möglich. Allerdings müssten sich dann mehrere  Interessenten  zusammenschließen,  da er allein wegen eines einzelnen Kunden nicht  aus der Bretagne anreisen könne.