Beschäftigungsmaterial löst das Problem nicht
1. Kontrolle: Standardaufstallung ohne weitere Maßnahmen
2. Aufstallung mit Baumwollseilen als vermehrtem Beschäftigungsmaterial und Raufutterangebot über den Düsser Wühlturm (Gerstenstroh geschnitten)
3. ImproVac-Zweitimpfung etwa vier Wochen vor der Schlachtung
4. ImproVac-Zweitimpfung etwa acht Wochen vor der Schlachtung.
In den beiden Versuchsgruppen mit immunologischer Kastration wurde die Zweitimpfung also zu unterschiedlichen Zeitpunkten durchgeführt. Der Grund: Wird der Organismus frühzeitig gegen die Hormone der Jungeber immunisiert, die für die Geschlechtsreife und das Hodenwachstum verantwortlich sind, wird die körperliche Entwicklung beeinflusst und die Geschlechtsreife der Jungeber unterbunden. Das hieße in der Konsequenz, dass zum Beispiel die Tiere bei früher Zweitimpfung körperlich nicht in der Lage wären auszuschachten. Folglich würde kein Penisbeißen auftreten.
Im Rahmen der Schlachtung wurde von allen Tieren der Penis entnommen und anschließend in Anlehnung an den Boniturschlüssel der Universität Hohenheim (Dr. Ulrike Weiler) bewertet. Hierbei wurden neben offenen Bisswunden auch Vernarbungen, Teilverluste, Nekrosen und Hämatome sowie „Abnutzungen” dokumentiert. Die Einzelmerkmale wurden in einem sogenannten „Penisindex” (Erweiterung des genannten Boniturschlüssels) zusammengefasst, wobei der Schweregrad der einzelnen Veränderungen in die Bewertung einbezogen wurde. Hohe Werte in diesem Index sind mit insgesamt häufigen beziehungsweise hohem Schweregrad der Veränderungen gleichzusetzen.
Im Mittel über alle Versuchsgruppen (siehe Tabelle) wurden mit diesem Bewertungsmodell fast bei jedem zweiten Tier (45,2 %) Penisveränderungen festgestellt. Warum gerade die Gruppe mit dem Zusatzangebot an Beschäftigungsmaterial mit 59 % die höchste Frequenz aufwies (siehe Tabelle), kann aus der Versuchsfragestellung nicht beantwortet werden. Möglich erscheint eine generell höhere Aktivität der „beschäftigten” Schweine oder auch Konkurrenz um das zusätzlich angebotene Beschäftigungsmaterial.
Hinsichtlich der Mastleistung und der Schlachtkörperzusammensetzung zeigten die mit
ImproVac behandelten Tiere die typische Entwicklung. Die Zunahmen lagen über denen der intakten Eber. Der Futteraufwand je Kilo Zuwachs stieg an und die Qualität der Schlachtkörper nahm ab. Der Effekt war bei früher Zweitimpfung (etwa acht Wochen vor der Schlachtung) ausgeprägter als bei der Gruppe, die erst circa vier Wochen vor dem Schlachttermin geimpft wurde. Die täglichen Zunahmen zeigten keinen Unterschied zwischen Tieren mit beziehungsweise ohne Penisveränderungen.
- Penisveränderungen traten sehr häufig auf.
- Das Zusatzangebot an Beschäftigungsmaterial für die Eber verschärfte das Problem eher, als es zu verringern.
- Die Impfung mit ImproVac konnte das Auftreten von Penisverletzungen zwar verringern, aber nicht verhindern.
- Aus wirtschaftlichen Gründen sollte die Zweitimpfung möglichst spät erfolgen, um negative Auswirkungen auf Futteraufwand und Schlachtkörper gering zu halten.