Über den Bundeshaushalt des kommenden Jahres herrscht nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur unzulässigen Übertragung von nicht genutzten Corona-Hilfsgeldern in Höhe von 60 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds große Unsicherheit.
Haushaltsloch: Wegen der fehlenden 60 Milliarden Euro dürfte es zu erheblichen Einsparungen im Bundeshaushalt 2024 kommen.
Eine Sprecherin des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) stellte klar, dass die vom Bundesfinanzministerium verhängte Haushaltssperre nicht die in 2023 bewilligten und zugesagten Mittel in den Förderprogrammen des BMEL betreffe. Zuwendungen, die für dieses Jahr beschieden worden seien, könnten wie gewohnt ausgezahlt werden. Nicht unter die Haushaltssperre fällt zudem die Auszahlung der EU-Agrarförderungen durch den Bund. Der Grund ist, dass es sich dabei nicht um Bundesmittel handelt und die Zwischenfinanzierung nicht über Verpflichtungsermächtigungen erfolgt.
Keine neuen Bewilligungen
Nicht ausgesprochen werden können derzeit Bewilligungen von
Förderanträgen für künftige Haushaltsjahre. Daraus ergibt sich die
Ankündigung der Landwirtschaftlichen Rentenbank, bis auf weiteres keine
neuen Bewilligungen im Investitions- und Zukunftsprogramm Landwirtschaft
zu erteilen. Bereits am 20. November hatte das
Bundeslandwirtschaftsministerium den Ländern mitgeteilt, im Rahmen der
Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des
Küstenschutzes” (GAK) keine Verpflichtungsermächtigungen zu Lasten des
Bundes mehr zu binden. Unter dem Strich heißt das, sämtliche
Finanzzusagen des Bundes, die im nächsten Jahr und den darauffolgenden
Jahren haushaltswirksam werden, sind gegenwärtig tabu. Man wolle weitere Vorbelastungen für künftige Haushaltsjahre vermeiden, heißt es im Bundesfinanzministerium.
Notlage auch für 2023
Die Bundesregierung steht derzeit vor der Aufgabe,
verfassungsgemäße Haushalte aufzustellen. Für den Haushalt 2023 scheint
man einen gangbaren Weg gefunden zu haben. Bundesfinanzminister
Christian Lindner hatte am 23. November angekündigt, für 2023
nachträglich eine Notlage zu erklären. Damit würde ein weiteres Jahr die
Schuldenbremse ausgesetzt und dem Bund erneut eine höhere
Kreditaufnahme ermöglicht werden. Dass eine „Notlage” auch noch für
2024 beschlossen werden könnte, gilt aus rechtlichen und politischen
Gründen als wenig wahrscheinlich. Diskutiert wird stattdessen zunehmend
über eine Reform der Schuldenbremse. In jedem Fall dürfte es zu
erheblichen Einsparungen im Bundeshaushalt 2024 kommen. Inzwischen
zeichnet sich ab, dass der Haushalt für das kommende Jahr nicht mehr 2023 beschlossen wird.
Sparzwang
In welchem Maß der knapp sieben Milliarden Euro umfassende
Agrarhaushalt von weiteren Kürzungen betroffen wäre, bleibt abzuwarten.
Unklar ist bereits, ob die in der Bereinigungssitzung des
Haushaltsausschusses gefassten Beschlüsse Bestand haben werden. Der
Ausschuss hatte die von der Bundesregierung vorgesehenen Kürzungen in
der GAK von knapp 300 Millionen Euro um rund 67 Millionen Euro
abgemildert. Nicht vorstellbar ist, dass die aus dem KTF vorgesehenen
120 Millionen Euro für die Wiederbewaldung von Kalamitätsflächen wie
gewohnt fließen werden. Ob die Mittel gegebenenfalls anderweitig
mobilisiert werden können, ist eine der vielen offenen Fragen.
Klar ist allerdings, dass der Spielraum für weitere Einsparungen im
Einzelplan 10 klein ist. Zum einen sind rund 60 Prozent des Etats in der
agrarsozialen Sicherung gebunden. Zum anderen haben die heftigen
Reaktionen auf die GAK-Kürzungen gezeigt, wie schwierig das wäre. Dies
dürfte erst recht für das 2024 anlaufende Förderprogramm zum Umbau der
Tierhaltung gelten, dem im Ministerium ein ähnlich hoher politischer
Stellenwert zugemessen werden dürfte.