Betrieb und Wirtschaft | 02. August 2018

Befriedigende Getreideernte in Baden

Von René Bossert
Die Getreideernte in Baden bringt nach Einschätzung der ZG Raiffeisen deutlich geringere Erträge als im Vorjahr, liegt aber merklich höher als im Bundesdurchschnitt. Beim Körnermais werden trockenheitsbedingt Einbußen von mindestens 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr erwartet.
„Verglichen mit dem Norden sind wir im Süden ein Stück weit auf der Sonnenseite”, erklärte ZG-Vorstandsvorsitzender Dr. Ewald Glaser am 2. August bei der Erntepressekonferenz auf dem Lindenhof der Familie Geißler in Lichtenau.
Die Erträge liegen in Nordbaden rund 20 % unter dem Fünfjahresdurchschnitt. Im südlichen Rheintal ist das Bild etwas positiver mit Erträgen, die sich knapp unter dem langjährigen Durchschnitt bewegen. Auf der Baar und am Bodensee lagen die Erträge  im langjährigen Durchschnitt. Alles in allem erwartet die ZG eine Getreide-Erfassungsmenge, die um rund 15 % unter dem Vorjahr bei etwa 250.000 Tonnen liegt. 
Die  Wintergerstenernte hat Glaser zufolge die Erwartungen nicht ganz erfüllt, das Ertragsniveau lag bei 5 bis 8 t/ha. Die Hektolitergewichte lagen durchweg über 63 kg.   Die Erzeugerpreise lagen bei 130 bis 140 Euro/ und damit 15 Euro/t  dem Vorjahr.
Bei der Braugerste wird in Deutschland von einer um rund 20 % geringeren Erntemenge als im Vorjahr ausgegangen. Im ZG-Arbeitsgebiet wurden unterdurchschnittliche Mengen mit akzeptablen Qualitäten geerntet. Die Eiweißwerte streuen stark, die Erträge lagen bei 5 t/ha.
Knappheit bei Braugerste
Aufgrund der qualitativ und quantitativ niedrigen Braugerstenernte in Dänemark und Polen  ist die Versorgung der Malzindustrie mit hochwertiger Sommerbraugerste kaum möglich. Mit „Kompromissgerste” aus Futtergerstenbeständen beziehungsweise mit Importgerste müssen die Lücken gefüllt werden. Vorverträge wurden bei der ZG mit Landwirten bereits im Dezember mit 200 Euro/t für integrierte Produktion abgeschlossen. Der Erzeugerpreis in der Ernte 2018 lag bei 180 bis 190 Euro/t.
Bei Raps liegen die Erträge im Arbeitsgebiet der ZG bei 2 bis 4 t/ha, im Durchschnitt bei 3 t/ha und damit 1 t/ha unter dem Fünfjahresdurchschnitt. Vorverträge wurden mit den Landwirten auf Basis 340 Euro/t frei Wasserplatz im Winter und Frühjahr abgeschlossen. Die Qualitäten beim Weizen haben positiv überrascht. Hohe Hektolitergewichte und nur punktuelle Mykotoxin-Belastungen führen zu hervorragenden Weizenpartien. Die Proteingehalte liegen bei 12 bis 13 %.
Die Erträge erreichen 6 bis 7,5 t/ha, was auf die fehlende Bestockung und die geringere Ährenanzahl je Hektar zurückzuführen sei. Futterweizen wurde nur in geringem Umfang geerntet. Die Erzeugerpreise während der Ernte lagen zunächst bei 140 Euro/t frei Landlager für B- Weizen und erreichen nach den Steigerungen mittlerweile 170 Euro/t.
Hervorragende Qualitäten bei Dinkel
Nachdem die Proteingehalte der Backweizen-Partien ungewöhnlich hoch liegen, erwartet Glaser eine verhaltene Nachfrage nach Aufmisch- und Eliteweizen. Bei Raps wie bei Weizen profitierten die Erzeuger von „PAP” und „Algela”, den beiden Vermarktungsmodellen der ZG, die auf der Nutzung von Warentermingeschäften beruhen. 
Nach Jahren der deutschlandweiten Überproduktion hat sich das Angebot bei Dinkel wieder auf die Nachfrage reduziert und Erzeugerpreise um die 200 Euro/t sind erzielbar. Die Erntemengen liegen in Baden bei hervorragenden Qualitäten um die 6 t/ha, rund eine Tonne unter dem fünfjährigen Durchschnitt.  
Die Anbaufläche des Roggens entwickelte sich in Baden-Württemberg mit einem Plus 25,3 % auf 9400 ha sehr positiv. Entlang des Oberrheins konnte eine mengenmäßig unterdurchschnittliche, aber gesunde Roggenernte eingebracht werden. Der Durchschnitt liegt bei 5 t/ha, 1,5 t/ha unter dem des Vorjahres. Zu Beginn der Ernte lag der Erzeugerpreis bei 135 Euro/t  und hat sich mittlerweile um 25 Eur/t befestigt.
Plus bei Sojabohnen
7200 Hektar Sojabohnen wurden 2018 in Baden-Württemberg angebaut, ein Plus von 6 %. Das sei vor dem Hintergrund des Herbizidverbotes auf ÖVF-Flächen überraschend, sagte Glaser. Offenbar passe Soja doch gut in die Fruchtfolgen und es wurden mittlerweile genügend Erfahrungen mit dem Anbau gesammelt.
Auch Soja leide unter der Trockenheit, Glaser erwartet Erträge von rund 3 t/ha. Aktuell liege der Erzeugerpreis zwischen 345 und 355 Euro/t frei Erfassungsstelle. Die weitere Entwicklung hänge stark von den politischen Gegebenheiten ab. 
Das von der ZG erfasste Soja geht fast ausschließlich in das Raiffeisen-Kraftfutterwerk nach Kehl. Die ZG  werde für die Ernte 2019/20 wieder frühzeitig mit Vertragsangeboten an den Markt gehen, um die Versorgung in Kehl zu sichern.
Prognose für Mais
Bis Ende Juni wurde eine Rekordernte bei Körnermais prognostiziert. Trockenheitsbedingt erwartet die ZG aber nun eine um mindestens 25 % kleinere Maisernte als im Vorjahr, Glaser hält je nach Witterungsentwicklung Durchschnittserträge von 8 bis 9 t/ha für realistisch. Mais sei im Preis noch nicht so stark gestiegen wie Weizen. 
Meldungen über hohe Ernten in der Ukraine, Ungarn und Rumänien seien dafür verantwortlich, erklärte ZG-Vermarktungschef Franz Utz. Gleichzeitig sei aber in Südwestfrankreich mit Einbußen wegen der Trockenheit zu rechnen. Im ZG-Arbeitsgebiet werde der Kampf um die bestehenden Mengen zu steigenden Preisen führen.
Fehlende Grundfutterversorgung bei Milchbauern, der Rohstoffbedarf der Biogasanlagen und die Nachfrage nach Körnermais werden nach Glasers Erwartung zu höheren Erzeugerpreisen bis zur Ernte führen. Die Körnermais-Ernte könnte bereits am 15. August starten. Die Trocknungskosten will die ZG auf Vorjahresniveau belassen.
Abbau der Getreidebestände
Glaser wies mit Blick auf die globalen Getreidebilanzen auf die hohen Steigerungsraten beim Verbrauch innerhalb der vergangenen zehn Jahr hin. Bei einem Verbrauch von 2,13 Milliarden Tonnen werden den neusten Meldungen zufolge die weltweiten Bestände um 54 Mio. Tonnen sinken, „aber es könnte auch noch mehr sein”, meinte Glaser. Die aktuelle Versorgungslage werde verschärft durch Unsicherheiten bei der Ernteschätzung, besonders in Russland.
Die zu erwartende Getreidemenge in Europa wird auf unter 300 Mio. Tonnen geschätzt, wobei Glaser weitere Korrekturen nach unten erwartet. Bei einem EU-weiten Verbrauch von 286 Mio. Tonnen wird mit einem Abbau der Endbestände um 10 bis 15 Mio. Tonnen auf unter 40 Mio. Tonnen gerechnet.
Mit Blick auf die Bilanzen werde das Getreidegeschäft mehr als spannend. Glaser warnte allerdings auch vor einem Höhenrausch: „Es wird am Markt nicht geläutet, wenn wir oben sind”, stellte er fest.