Politik | 20. April 2023

Bärenattacke erhitzt Gemüter

Von AgE
Der tödliche Angriff eines Bären auf einen 26-jährigen Sportler in der norditalienischen Provinz Trentino hat die Diskussion um den Schutz großer Beutegreifer und den Umgang mit ihnen befeuert.
Nicht nur in Italien ist nach dem tödlichen Bärenangriff eine heftige Debatte ausgebrochen.
Nach der Attacke hat sich  Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin mit dem Präsidenten der Provinz, Maurizio Fugatti, getroffen. Danach hieß es, dass der Plan des Ministers für einen Massentransfer von Bären aus dem Trentino in andere Gebiete evaluiert werde. Zudem soll ein Runder Tisch zum Umgang mit den Bären in den Alpen eingerichtet werden.
Plan: Bären auch nach Österreich umsiedeln
Fugatti hatte nach dem tödlichen Vorfall die Regierung in Rom aufgefordert, endlich etwas gegen die Beutegreifer zu unternehmen. Mittlerweile seien es „über 100 Bären, die sich in den Wäldern der Provinz herumtreiben”. Pichetto Fratin hatte jedoch Fugatti gemahnt, nicht voreilig die Bären zu erledigen. Er hatte angekündigt, die Hälfte der Bärenpopulation in Kürze in andere Regionen, einige auch nach Österreich umsiedeln zu lassen.
Dagegen hatte Fugatti wegen bestehender Gefährdung der Bevölkerung die Erschießung des betreffenden Bären, der anhand einer DNS-Analyse identifiziert werden konnte, angeordnet. Zudem sollten drei weitere „problematische” Bären, die in der Vergangenheit eine Gefahr für den Menschen darstellten, getötet werden. Eines dieser Tiere soll eine Bärenmutter mit drei Jungen sein. Nun hieß es nach dem Treffen zwar, dass die Provinz befugt sei, Maßnahmen „zur Minderung” der Population von Wölfen anzuordnen. Dies soll aber nur nach Absprache mit der staatlichen Umweltbehörde ISPRA erfolgen.
Projekt außer Kontrolle?
Die Umweltverbände lehnen eine Tötung der Tiere strikt ab. Sie verweisen auf Versäumnisse der Provinz Trentino, denn „in den Abruzzen, wo auch eine Bärenbevölkerung lebt, kommt es nicht zu solchen Vorfällen”.
Hingegen sind inzwischen viele Bürger und die Landwirtschaftsverbände der Ansicht, dass das 1999 gestartete Projekt „Life Ursus” vollkommen außer Kontrolle geraten ist. Damals waren zehn Bären aus Slowenien in den Trentino umgesiedelt worden, um dem Aussterben der Bärenpopulation in der Region entgegenzutreten. Der Großteil der Tiere blieb in der Provinz, aber ein paar Jungtiere zogen in Richtung Piemont und der Grenze zu Österreich weiter.
Auch 26 Wolfsrudel unterwegs
Der mitgliederstärkste Landwirtschaftsverband Coldiretti stellte sich klar hinter Fugatti. „Der Tod des 26-jährigen Sportlers ist nur die Spitze des Eisbergs”, so Gialuca Barbacovi, der Vorsitzende des Verbandes in Trient. Außerdem stellten nicht nur die Bären eine Gefahr für die Menschen und Landwirtschaft dar. In der Gegend trieben sich mittlerweile auch 26 Wolfsrudel herum, berichtete Barbacovi. Im Jahr 2020 seien 17 Wölfe gezählt worden, die immer wieder „in Bauernhöfe einbrechen”.
Die Mutter des  Getöteten warf den Behörden Versäumnisse vor. Man sei sich als Anwohner bewusst gewesen, dass die Bären eine Gefahr darstellten. Dennoch habe es von Behördenseite an „größeren” Eingriffen zur Sicherheit der Bevölkerung gefehlt.
Auch Messner meldet sich zu Wort
In die Debatte mischte sich auch der bekannte Extrembergsteiger und Buchautor Reinhold Messner ein. „Das Zusammenleben mit Wölfen und Bären in einem vermenschlichten und kleinen Gebiet wie dem unseren ist nicht mehr nachhaltig”, so Messner.
Tierschützer reagierten auf die Abschusspläne von Fugatti mit einem Banner an der Grenze zu Venetien. „Willkommen im Land, wo sie Bären töten”, heißt es darauf.
Tourismus in Gefahr
In Deutschland nahm Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger die tödliche Attacke des Bären im Trentino zum Anlass, um auf die zunehmenden Wolfsprobleme in bayerischen Tourismusregionen hinzuweisen. Er forderte die Bundesregierung auf, „endlich eine Bejagung dieser Tiere zuzulassen”. „Wölfe und Bären haben keine natürlichen Feinde und breiten sich immer mehr aus. Die Konflikte bis hin zu menschlichen Todesfällen nehmen logischerweise immer mehr zu”, so Aiwanger. Daran seien nicht die Raubtiere schuld, die ihren natürlichen Trieben nachgingen, sondern die „unvernünftige” Politik.
Die Bundesregierung müsse dringend den günstigen Erhaltungszustand des Wolfes fest-stellen und den Bestand regulieren lassen, so der Politiker der Freien Wähler. Er warnte davor, dass die zunehmenden Probleme mit Bären und Wölfen auch dem Tourismus schadeten. Wenn es in Bayern mit der Wolfsbestandsvermehrung genau so komme wie in anderen Regionen Deutschlands, dann seien Almwirtschaft und Bergweide in wenigen Jahren tot und die Tourismusmagneten würden massiv an Attraktivität verlieren.