Betrieb und Wirtschaft | 02. April 2014

Badener hoffen auf bessere Saison 2014

Von René Bossert
Trotz eines neuen Rekordumsatzes im abgelaufenen Jahr ist bei den badischen Obst- und Gemüse-Erzeugergroßmärkten die Stimmung im Moment etwas gedämpft. Das Jahr war für viele Erzeuger vom Gewinn her nicht erfreulich und beim Blick nach vorn sorgt das Thema Mindestlohn für Unsicherheit.
Zwar verbuchten die vier badischen Erzeugergroßmärkte mit 151,6 Mio. Euro (Vorjahr: 146,1 Mio. Euro) einen neuen Umsatzrekord, „aber es herrscht keine überbordende Freude”, berichtete Dr. Roman Glaser, Vorstandsvorsitzender des Marktkontors Baden, vergangene Woche vor der Presse in Karlsruhe. Die Umsatzzahlen verstehen sich unter Herausrechnung der internen Umsätze zwischen den Erzeugergroßmärkten und ihren Vertriebsorganisationen (siehe Tabelle). Das Umsatzplus resultierte aus höheren Vermarktungsmengen bei Obst.
Entspannte Mienen zum Saisonstart bei den Vertretern der Märkte, dem neuen Marktkontor-Geschäftsführer Dr. Ansgar Horsthemke (4. von links) und dem Vorsitzenden Roman Glaser (links).
Die Gewinne vieler  Betriebe seien trotz des Umsatzwachstums nicht gestiegen, weil  keine Premium-Erlöse erzielt werden konnten, sagte Glaser. Es gelang den Badenern in dem sonnenscheinarmen und kühlen Frühjahr nicht, ihren üblichen Vorsprung vor den anderen deutschen Gebieten zu nutzen. 
Einen leichten Umsatzrückgang  um 0,3 Mio. Euro auf 22,4 Mio. Euro gab es bei Spargel. Der Durchschnittspreis war mit 3,99 Euro/kg auf  Vorjahreshöhe. Ähnlich viel wurde mit Erdbeeren umgesetzt: 22,6 Mio. Euro (Vorjahr: 21,6 Mio. Euro). Hier lag der Durchschnittspreis mit 2,09 Euro/kg 5 % niedriger als im Vorjahr.
Auf Platz 3 beim Umsatz folgen die Äpfel mit 11,6 Mio. Euro (+9,4 %). Hier sorgte die kleine Ernte für ordentliche Preise. Zählt man alle Strauchbeeren-Umsätze zusammen, dann liegen sie mit 13,9 Mio. Euro noch vor den Äpfeln. Hier lief die Vermarktung laut Glaser gut. Weiterer wichtiger Umsatzbringer waren die Zwetschgen mit 8,5 Mio. Euro (+35 %),  bei denen eine deutlich höhere Erntemenge vermarktet wurde. 2014 steht unter günstigeren Vorzeichen:  Die Vertreter der Märkte hoffen auf gute Konsumstimmung durch die freundliche Witterung. An Ostern werden Erdbeeren und Spargel zu kaufen sein. Die Spargelsaison startete früh wie nie, am Mittwoch der laufenden Woche findet die erste Versteigerung in Bruchsal statt. Erste Erdbeeren aus dem Folientunnel könnten   um  den 10. April geerntet werden, den Start der Normalernte erwartet  Mittelbaden  Ende April.
Salat hat auf der Insel Reichenau schon Hochsaison: In der laufenden Woche werden dort eine halbe Million Köpfe geerntet, wobei die Preise wegen viel Ware aus dem Mittelmeerraum und dem  unerwartet frühen Saisonstart hierzulande unter Druck stehen:  Planungen mit den Handelspartnern werden so über den Haufen geworfen, wie Johannes Bliestle, Geschäftsführer der Reichenau-Gemüse eG, berichtete.
Sorgenfalten bei den badischen Märkten löst das Thema Mindestlohn aus: Etwa 20 % werden die Kosten steigen, wenn die 8,50 Euro 2015 Realität werden, schätzte der stellvertretende Marktkontor-Vorsitzende Werner Räpple. Je nach Kultur machen die Lohnkosten 60 bis 80 % des Umsatzes aus, insbesondere Spargel und Beeren sind lohnintensive Kulturen. „Wenn die Verbraucher nicht bereit sind, mehr zu bezahlen, wird Produktion abwandern”, befüchtete Räpple.
Offensiv
Er war sich mit Glaser darin einig, dass man das Thema offensiv ins Bewusstsein der Verbraucher bringen müsse. „Das Bewusstsein für Regionalität steigt in immer breiteren Bevölkerungsschichten, wir können mit guten Argumenten etwas erreichen”, sagte Glaser. Beim Paprika-Projekt der Reichenauer Gemüsegärtner werden in Absprache mit dem Handelspartner Edeka Südwest bereits jetzt zwischen 8,30 und 8,50 Euro/Stunde für Saison-AK bezahlt, so  Bliestle. Allerdings entfallen bei dieser Kultur nur rund 30 % der Arbeitszeit auf Saison-AK. 
Unwohl ist den Märkten auch im Hinblick auf die Zukunft der Beratung. Die angekündigte Reform des Landes drohe gut eingespielte Beratungsstrukturen im Zusammenspiel zwischen markteigenen Beratern und der Offizialberatung zu zerstören, erklärten Bliestle, Räpple und der Vorstandsvorsitzende des Obstgroßmarktes Mittelbaden, Wendelin Obrecht, unisono. „Es wäre gut, wenn zumindest das Thema  Pflanzenschutz in den Händen der Offizialberatung bleibt”, sagte Obrecht.  Wie das gelingen könne, sei aber noch ebenso wenig klar wie die Frage, was  die künftige Förderung der EU für die Beratung in der Praxis konkret bedeuten werde, ergänzte  Räpple.
Auch aus der Zwetschgenzüchtung ziehe sich der Staat zurück, kritisierte Hans Lehar, Geschäftsführer der Bruchsaler OGA. Für die traditionsreiche Züchtung an der Universität
Hohenheim gebe es kein Geld mehr. Nun werden Geldgeber gesucht, die bereit seien, entsprechende Aktivitäten in Weihenstephan zu unterstützen.
Von Karlsruhe aus geht der Blick  nach Württemberg: Es gebe intensive Gespräche darüber, wie  eine passende Plattform für die Kontakte der badischen mit den württembergischen Erzeugerorganisationen geschaffen werden könne. Glaser erwartet Ergebnisse noch während des laufenden Jahres.