Baden-Württemberg hat erste Schritte zur Einrichtung eines Kulturlandschaftsrates unternommen. Damit folgt das Land einem Vorschlag des berufsständischen Volksantrags. Die konstituierende Sitzung ist für das zweite Quartal des kommenden Jahres geplant.
Minister Peter Hauk würdigte zum Auftakt die Arbeit der Bauernfamilien: Die Kulturlandschaft sei die Frucht jahrhundertelanger Arbeit, vor allem der heimischen Land- und Forstwirtschaft.
Wie das Stuttgarter Landwirtschaftsministerium berichtete, fand am 7. Oktober in Stuttgart eine erste Diskussion mit rund 70 Vertretern aus den Organisationen der gesamten Landwirtschaft statt. Ebenfalls beteiligt waren demnach Landfrauen und Landjugend, Ernährungshandwerk, Lebensmittelhandel, Forst, Kirchen, Landschaftspflege, Natur- und Umweltschutz, Kommunen, Wissenschaft sowie der Tourismus im ländlichen Raum und Landtagsabgeordnete. Für den BLHV war dessen Präsident Werner Räpple bei der Auftaktveranstaltung dabei.
„Mit unserem künftigen Kulturlandschaftsrat werden wir eine Plattform schaffen, um das Problembewusstsein für den Erhalt unserer einmaligen Kulturlandschaften zu schärfen und Brücken zwischen den verschiedenen Akteuren zu schlagen”, erklärte Landwirtschaftsminister Peter Hauk.
Wer die vielfältigen Kultur- und
Naturlandschaften erhalten wolle, müsse die Sorgen und Nöte der Bauern
in den Mittelpunkt stellen und dürfe die Familienbetriebe nicht
überfordern. Ziel sei es, die Landwirtschaft in Baden-Württemberg in
ihrer Leistungsfähigkeit zu festigen, so der CDU-Politiker. Die Kulturlandschaft sei die Frucht
jahrhundertelanger Arbeit, vor allem der heimischen Land- und
Forstwirtschaft.
Die Gesellschaft dürfe diese Leistung nicht als
selbstverständlich erachten. Laut Hauk kann ein interdisziplinärer Kulturlandschaftsrat eine
geeignete Plattform für eine faktenbasierte Diskussion sein. Darüber
hinaus könne das Gremium einen Beitrag für einen neuen
Gesellschaftsvertrag leisten – zwischen den Landwirten, dem Handel, der
Lebensmittelverarbeitung, den Verbrauchern und auch den
gesellschaftlichen Interessengruppen. Die konstituierende Sitzung des Kulturlandschaftsrates ist nach Angaben
des Stuttgarter Agrarressorts für das zweite Quartal des kommenden
Jahres vorgesehen.
Auch der Gesellschaftsvertrag wurde thematisiert
Das
erste Treffen zur Einrichtung eines Kulturlandschaftsrates war auch aus
Sicht von BLHV-Präsident Werner Räpple ein gelungener Auftakt, erklärt
er im Video-Interview.
Zwar seien die Gespräche und Diskussionen am Rande der
Veranstaltung aufgrund der Corona-Maßnahmen zu kurz gekommen, aber die
Vorträge der Experten und die Ansprache des Ministers hätten viel
Verständnis für die Landwirtschaft offenbart, resümiert Räpple.
Insbesondere die Rede von Minister Hauk wird von Räpple gelobt, da er
die Bedeutung einer multifunktionalen Landwirtschaft hervorgehoben habe,
die bei unseren klimatischen Bedingungen auch eine Verantwortung für
die Welternährung mittrage.
„Da viele gesellschaftliche Gruppen dabei waren”, erklärte Räpple,
„ist der Kulturland-schaftsrat dazu geeignet, mehr Verständnis für die
Landwirtschaft zu schaffen, Zusammenhänge zu verdeutlichen und
Zielkonflikte anzusprechen. So können wir die Anliegen und Sorgen der
Landwirtschaft in der Gesellschaft wieder besser platzieren.”
Das war einer der tragenden Bewegründe, weshalb die Initiatoren des
Volksantrags den Kulturlandschaftsrat eingefordert haben. Denn um mehr Umwelt- und Artenschutz in die Landwirtschaft
integrieren zu können, müsse man die Zusammenhänge in der Landwirtschaft
verstehen.
Neben natürlichen Zusammenhängen wie Klima und Boden seien
diese auch ökonomisch sowie bürokratisch bedingt. „Darum war besonders
gut, dass Hauk nicht nur die Bedeutung der kleinen und mittelgroßen
Betriebe hervorhob, sondern auch erklärte, dass gerade diese mit
bürokratischen Auflagen zu kämpfen haben, weil es dort im Gegensatz zu
den größeren Betrieben keine Verwaltungsebene gibt, die sich um die
Bürokratie kümmert”, erklärte Räpple.
Auch Gesellschaftsvertrag wurde thematisiert
„Höhere Erzeugerpreise durch mehr Regionalität, das ist ein Weg, aber es ist nur ein Weg, und wir brauchen natürlich noch andere Wege”, so Räpple.
Auch die betriebswirtschaftliche Situation wurde thematisiert.
Darauf ging Professor Enno Bahrs von der Universität Hohenheim ein, der
zum einen forderte, dass die vielfältigen Umweltleistungen der
Landwirtschaft besser entlohnt werden müssten und dass die Bereitschaft
in der Bevölkerung gefördert werden müsse, mehr Geld für regionale
Produkte auszugeben.
Dies seien laut Räpple bekannte Wege, die aber mit
dem Hintergrund der offenen Märkte nicht zufriedenstellen würden.
„Höhere Erzeugerpreise durch mehr Regionalität, das ist ein Weg, aber es
ist nur ein Weg, und wir brauchen natürlich noch andere Wege”, so
Räpple. „Auch wenn wir wissen, dass Regionalität ein Pfund in der
Vermarktung ist. Aber wir sehen auch, das 60 bis 70 Prozent unserer
Produkte in der großen Schiene vermarktet werden, und dort ist der
Marktdruck, dort ist der Wettbewerb”, erklärte Räpple im Interview.
Auch das Thema Gesellschaftsvertrag spielte beim ersten
Zusammentreffen für den Kulturlandschaftsrat eine Rolle. Für Räpple ist
sogar ein formulierter Gesellschaftsvertrag „in greifbare Nähe gerückt”.
Minister Hauk sehe Ähnlichkeiten mit dem Grundlagenvertrag, der vor der
Wende mit Osteuropa abgeschlossen worden sei und den Fall des Eisernen
Vorhangs eingeläutet habe. Der erste Schritt sei laut Hauk, eine
Präambel zu formulieren, die ein Einstieg in den Gesellschaftsvertag
sein könnte.
„Die Präambel klärt dann, wie wir in dieser Gesellschaft
zusammenschaffen, welche Landwirtschaft wir wollen und wie wir diese
dann am Leben halten können”, erklärte Räpple. „Und daraus könnten
weitere Grundlagenverträge gebildet werden, so wie wir sie schon in der
zweiten Säule haben. Hier schließt auch die Gesellschaft mit der
Landwirtschaft Verträge. So könnten wir die Präambel Stück für Stück mit
Leben füllen”, ergänzte er.
Für Räpple ist das ein realistischer Weg. Unrealistisch wäre nach
seinem Dafürhalten hingegen, jetzt gleich ein großes Vertragswerk zu
formulieren, das alle Probleme lösen könne.