Politik | 26. Oktober 2023

Anregungen der Bauern nicht aufgegriffen

Von AgE
Scharf kritisiert hat Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), wie das Bundeslandwirtschaftsministerium die Regeln der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Deutschland ändern will.
Joachim Rukwied übt heftige Kritik an den Umsetzungsplänen des Ministeriums von Cem Özdemir.
„Ich kann nicht nachvollziehen, dass man die Anregungen aus dem Berufsstand für Nachbesserungen nicht aufgegriffen hat”, sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied und warnte vor negativen Folgen: „Mit diesen Vorschlägen verlieren allmählich auch die letzte Landwirtin und der letzte Landwirt den Glauben an die Politik, was Verlässlichkeit und Planbarkeit anbelangt.” Rukwied hält weder den Ministeriumsvorschlag für akzeptabel, den Mittelansatz für die Öko-Regelungen von 23 Prozent auf 28 Prozent der nationalen Obergrenze für die Direktzahlungen zu erhöhen, noch ist er damit einverstanden, 2026 die Umschichtung in die Zweite Säule über den vorgesehenen Satz hinaus anzuheben.
Landwirte steigen noch stärker aus
„Beides führt zu einer Reduktion der Basisprämie und wird immer mehr Landwirte veranlassen, aus der GAP auszusteigen”, so der Bauernpräsident. Er erinnerte daran, dass sich die Agrarministerkonferenz im Frühjahr 2021 auf eine schrittweise Anhebung der Umschichtung in dieser Förderperiode verständigt habe. „Ginge man 2026 über die vorgesehenen 15 Prozent hinaus, käme das einem Vertrauensbruch gegenüber den Landwirten gleich”, warnte Rukwied. Das Gleiche gelte für eine Erhöhung des Budgets für die Öko-Regelungen.
Rukwied widersprach dem Eindruck, der Bauernverband verlasse den Reformkurs in der GAP. Voraussetzung sei allerdings, dass die Maßnahmen praktikabel seien und am Ende das Geld auch auf den Betrieben ankomme. „Mehr Umwelt- und Klimaschutz muss sich für die Betriebe rechnen”, unterstrich Rukwied. Beides sei derzeit nicht gegeben.
Man müsse in der Agrarpolitik endlich zur Kenntnis nehmen, dass sich die Welt verändert habe: „Ernährungssicherung hat einen viel höheren Stellenwert bekommen als noch vor zwei Jahren, vor Beginn des Ukraine-Krieges.”
Es sei daher an der Zeit, die Flächenstilllegungsziele der Europäischen Union zu korrigieren. Allein dadurch würden Mittel für sinnvolle Öko-Regelungen frei. Leider sei die Politik aber bislang nicht bereit, ihre eigenen unzureichenden Beschlüsse zu korrigieren. Sie mache eher das Gegenteil.
Signifikanter Wettbewerbsnachteil
Zu kurz gesprungen sind laut Rukwied die vorgeschlagenen Korrekturen bei den Öko-Regelungen. Er erinnerte daran, dass bundesweit 39 Prozent, in Baden-Württemberg sogar 49 Prozent der Betriebe keine Öko-Regelung beantragt hätten, weil sie für sie nicht attraktiv gewesen seien und nicht in betriebliche Abläufe hätten integriert werden können. „Was jetzt vorgeschlagen worden ist, wird die Situation eher verschlechtern”, befürchtet Rukwied.
Er verwies auf das Beispiel Frankreich. Dort seien die Öko-Regelungen so gestrickt, dass die breite Masse der Landwirte sie in Anspruch nehme. „Bereits jetzt haben wir in Deutschland einen signifikanten Wettbewerbsnachteil gegenüber unseren Berufskollegen in anderen EU-Ländern”, stellte Rukwied fest.
Zwar gingen die neuen Maßnahmen „Emissionsarme Ausbringung von Wirtschaftsdünger” und „Zwei Mal Mahd von Dauergrünland” in die richtige Richtung, räumte Rukwied ein; sie reichten aber nicht aus. „Ich kann nicht nachvollziehen, dass unser Vorschlag keine Berücksichtigung gefunden hat, die höhere CO2-Speicherfähigkeit des Grünlands zu honorieren”, monierte der DBV-Präsident. Aus seiner Sicht wäre das ein wirksamer Beitrag zur Stärkung von Grünlandbetrieben. Für eine stärkere Förderung von Futterbaubetrieben biete sich zudem an, bestehende Maßnahmen zu verbessern. Bei der extensiven Grünlandbewirtschaftung wäre Rukwied zufolge beispielsweise eine Erweiterung auf die Ackerfutterfläche denkbar.
Die Fruchtfolgeregelung müsse zudem praktikabler und wirtschaftlich attraktiver für die Landwirte werden. Konkret geht es dem DBV um eine höhere Dotierung und eine Senkung des Mindestanteils an Eiweißpflanzen auf beispielsweise fünf Prozent.
Bedauerlich findet es der DBV-Präsident, dass von Seiten des Bundeslandwirtschaftsministeriums keine Bereitschaft bestehe, Vereinfachungen bei den Kriterien der Konditionalität vorzunehmen. Umso wichtiger sei es, dass die 2025 anstehende soziale Konditionalität einfach, praktisch und unbürokratisch ausgestaltet werde.