Tierhaltung | 20. Mai 2022

Alternativen zur Anbindehaltung

Von Tasmin Taskale
Wo Rinder heute noch im Anbindestall stehen, muss besser früher als später eine Alternative her. Erfahren Sie hier, was drei Experten raten, damit auch diese Betriebe eine Zukunft haben.
Wege aus der Anbindehaltung gibt es einige: Mutterkuhhaltung, Rindermast oder Jungviehaufzucht sind drei Beispiele. Die Landwirtschaftsämter beraten bei der Entscheidung.
Wo stehe ich mit meinem Betrieb? Wer oder was spielt bei der Betriebsentwicklung eine Rolle? Das sind wichtige Fragen der SWOT-Analyse, einer Methode mit der sich die eigenen Stärken und Schwächen definieren lassen. Für Anne Koch von der Beratung „MilchHoch3” der erste Schritt hin zu einer fundierten Entscheidung, wenn es darum geht, einen Weg aus der Anbindehaltung zu finden. Sie war eine von drei Referenten bei einem Seminar des Landwirtschaftsamtes Schwarzwald-Baar-Kreis. Einfluss haben zum Beispiel die begrenzte Futterfläche, die bestehenden Gebäude, aber auch verfügbare Arbeitskräfte sowie äußere Faktoren wie Markt, Politik und Klima.
Eigene Werte und Ziele definieren
In einem zweiten Schritt empfiehlt Koch, die eigenen Werte und Ziele zu definieren und standortangepasste Strategien zu entwickeln. Was ist mir wichtig? Welcher Weg passt zu mir und meinem Betrieb? Dieser Schritt sei entscheidend, da es keine Standardlösung für alle Betriebe gebe, so Koch. Im letzten Schritt werden die Maßnahmen geplant. Dafür heißt es zunächst: weitere Informationen sammeln. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte auch besprochen werden, wie die Hofübergabe gestaltet werden soll und ob eine Umstellung auf Bio sinnvoll ist.  
Jungviehaufzucht, Mutterkuhhaltung oder Rindermast
Über die Wirtschaftlichkeit von Bio-Jungviehaufzucht, Bio-Mutterkuhhaltung und Bio-Rindermast im Vergleich sowie die Fördermöglichkeiten beim Stallbau referierte Hans-Martin Schwarz vom Landwirtschaftsamt Schwarzwald-Baar-Kreis. Auch er betonte, dass es keine pauschalen Antworten gibt. Es ist immer eine einzelbetriebliche Berechnung notwendig. Anhand einer Deckungsbeitragsrechnung  zeigte Schwarz, welche Faktoren für eine höhere Nettorentabilität in der Regel relevant sind. Der Beispielbetrieb stellte seinen Milchviehbetrieb mit zwölf Tieren in Anbindehaltung auf Bio-Mutterkuhhaltung um.
Bei der Mutterkuhhaltung fallen insbesondere ein guter Schlachtpreis und die Bio-Prämien ins Gewicht, so Schwarz. Schwieriger sehe es daher bei Betrieben aus, die zum Beispiel Ackerbau betreiben und deshalb nicht so einfach auf Bio umstellen können. Hier fehlen die Prämien und der Deckungsbeitrag fällt geringer aus. Schwarz macht deutlich: Bevor man umstellt, braucht man klare Verhältnisse und verlässliche Vertrags- und Marktpartner. Es sei wichtig, künftige Vermarktungswege bereits früh abzuklären.
Unterstützung suchen
Nicht zuletzt gilt es auch, sich frühzeitig über die Fördermöglichkeiten zu informieren. Betriebsindividuelle Beratung und Hilfe bei der Erstellung eines Investitionskonzeptes bieten die Landwirtschaftsämter. „Man investiert ja nicht jeden Tag”, so Schwarz. Daher sei es ratsam, sich Unterstützung zu holen.
Stallbau und Förderung
Auf die aktuellen Vorgaben beim Stallbau ging Martina Ziegler, Beraterin für Grünland, Tierhaltung und Ökolandbau des Landwirtschaftsamts Schwarzwald-Baar-Kreis, ein. Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP),  das Programm zur Förderung von Investitionen in kleinen landwirtschaftlichen Betrieben (IklB), die EU-Öko-Verordnung, private Tierwohl-Labels und Markenprogramme des Handels: Alle stellen sie unterschiedliche Anforderungen, die sich auch immer wieder ändern. Deshalb sei es wichtig, beim Stallbau auf Flexibilität zu achten und nicht am letzten Quadratmeter zu sparen. „Ein Stallbau ist was für die nächsten 20 bis 30 Jahre”, so Ziegler. Für einen ersten Überblick helfen die Stallbauempfehlungen des Landwirtschaftlichen Zentrums Baden-Württemberg (LAZBW) in Aulendorf.
Mit Kollegen vernetzen
Alle drei Referenten kamen zu dem Schluss: Jeder Betrieb muss für sich die passende Lösung finden. Auch zahle es sich aus, sich mit anderen Praktikern austauschen und sich zu vernetzen. Wichtig sei aber vor allem, einen Schritt nach dem anderen zu machen und dranzubleiben. Denn für die Veränderung brauche es neben Ressourcen wie Zeit, Geld und Wissen insbesondere Mut und den Willen zum aktiven Gestalten.