Tierhaltung | 26. Februar 2021

Alles Coli oder was?

Von Dr. Annett Walpuski
Bei einer schweren Mastitis wird oft von „Coli-Mastitis” gesprochen und davon ausgegangen, dass der Erreger E. coli dahinter steckt. Dass dem nicht immer so ist, decken in letzter Zeit gehäuft Laborbefunde auf.
Hygiene ist beim Entnehmen der Milchprobe wichtig, damit im Labor auch wirklich Erreger aus dem Euter nachgewiesen werden.
Die Kuh liegt fest, das Sekret aus einem oder mehreren Vierteln ist nicht mehr als Milch zu bezeichnen, man kämpft um das betroffene Viertel oder sogar das Überleben der Kuh. Dies sind typische Anzeichen einer durch das Bakterium Escherichia coli (E. coli) verursachten Mastitis – kurz „Coli-Mastitis”. Tatsächlich ist es aber so, dass prinzipiell jeder Mastitiserreger genauso den beschriebenen schweren Verlauf einer Mastitis verursachen kann. Es ist inzwischen erwiesen, dass das klinische Bild einer Mastitis keine Rückschlüsse auf den verursachenden bakteriellen Erreger zulässt. Hierzu muss immer eine Milchprobe untersucht werden.
In diesem Zusammenhang sind einige Punkte zu beachten: Zum einen ist eine hygienische Probenahme besonders wichtig. Denn andernfalls werden im Labor Erreger nachgewiesen, die aus der Umgebung der Kuh und nicht aus ihrem Euter stammen. Die Untersuchung der Proben auf dem Hof mit Schnelltests kann nicht für jeden Betrieb empfohlen werden und hat deutliche Schwächen gegenüber einer Untersuchung im
Labor. Werden Milchproben eingesendet, sollte der beigefügte Untersuchungsantrag neben den Basisangaben wie Tierhalter und Identifikation von Tier und Viertel bestenfalls auch genauere Informationen zur Mastitis liefern. Interessant hierbei ist zum einen die Vorgeschichte, das heißt, handelt es sich um einen Rückfall, ist das Viertel vorbehandelt und falls ja, womit. Eine weitere sinnvolle Angabe bei klinischen Mastitiden ist der Schweregrad.
Einteilung in Schweregrade
Hierbei kann unterschieden werden zwischen leichter, mittelschwerer und schwerer klinischer Mastitis, beziehungsweise Schweregrad eins, zwei und drei. Eine leichte klinische Mastitis – also Mastitisgrad eins – ist gekennzeichnet durch eine Veränderung der Milch. Beim Mastitisgrad zwei ist neben der Milch auch das betroffene Euterviertel verändert: Es kann zum Beispiel verhärtet sein, geschwollen, gerötet oder vermehrt warm. Die schwere klinische Mastitis ist dadurch festzumachen, dass hier neben Veränderungen der Milch und des Viertels auch das Allgemeinbefinden der Kuh gestört ist. So kann sie mit Fieber oder Untertemperatur reagieren, Milchrückgang und Fressunlust zeigen und sogar zum Festliegen kommen.
Überraschende Befunde
Laborbefunde geben in letzter Zeit gehäuft Anlass zum Staunen. So wird bei den typischen „Coli-Mastitiden” neben anderen gramnegativen Erregern wie Klebsiellen und üblichen Umwelterregern wie Streptococcus uberis nunmehr auch Staphylococcus aureus nachgewiesen. Dieser ansteckende Erreger machte bisher vorwiegend Schlagzeilen durch das Verursachen von schwankenden Zellzahlen und „Zellzahlmillionärinnen”. Meist jedoch blieben diese Erkrankungen subklinisch, also ohne sichtbare Veränderung der Milch. Um einen möglichen Eintrag von Staphylococcus aureus in eine Herde nicht zu übersehen, sollten auch die schweren klinischen Mastitiden mit einer Milchprobe abgeklärt werden. 
Sinnvoll: Leitkeim bestimmen
Neben der Einsendung von Milchproben klinischer Mastitiden ist eine regelmäßige Bestimmung des Leitkeims im Bestand sinnvoll. Dabei wird festgestellt, welcher Mastitiserreger in der Herde am häufigsten vorkommt. So können insbesondere vorbeugende Maßnahmen und die Auswahl der Medikamente immer auf die aktuelle Situation angepasst werden.
Für die Leitkeimbestimmung können Beitragszahler der Tierseuchenkasse den Eutergesundheitsdienst beauftragen. Die Kosten der Milchproben laufen dann zwar wie üblich über das De-Minimis-Konto des Landwirts. Jedoch werden diese Proben nicht vom Kontingent von einer Milchprobe pro Kuh und Jahr abgezogen, das jedem Betrieb zusteht. Nachdem der Befund vorliegt, berät der Eutergesundheitsdienst die Landwirtinnen und Landwirte zu passenden Prophylaxe- und Therapiemaßnahmen.