Politik | 16. Juli 2020

Alle Interessen unter einen Hut bringen

Von AgE
Die unterschiedlichen Interessen innerhalb der Zukunftskommission Landwirtschaft sind deutlich geworden, noch bevor das Gremium seine Arbeit aufgenommen hat. Dessen Einrichtung ist ein Ergebnis des „Agrargipfels” Ende vergangenen Jahres im Bundeskanzleramt.
Die junge Landwirtsgeneration erwartet von der Zukunftskommission klare Perspektiven.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) und weitere Verbände aus dem Agrarbereich äußerten anlässlich des Kabinettsbeschlusses zur Einsetzung der Kommission in der vergangenen Woche die Erwartung auf einen gesellschaftlichen Konsens über eine wirtschaftlich tragfähige Landwirtschaft. Demgegenüber bekräftigten Umweltverbände ihre Forderung nach einer Agrarwende und übten zum Teil harsche Kritik an den derzeitigen Verhältnissen in der Landwirtschaft.
 
Zwischenbericht bereits für Herbst anvisiert
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner erhofft sich von der Kommission praxistaugliche Empfehlungen für eine produktive und ressourcenschonende Landwirtschaft. Ihre Umweltkollegin Svenja Schulze erhofft sich neben „einem starken Impuls für mehr Tierwohl in der Landwirtschaft” einen Konsens für eine Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die Kommission soll laut Kabinettsbeschluss bereits im Herbst einen Zwischenbericht vorlegen. Der Abschlussbericht wird für Frühsommer 2021 in Aussicht gestellt. Eine Geschäftsstelle im Bundeslandwirtschaftsministerium soll  organisatorische Fragen klären.
Die Einrichtung einer Zukunftskommission Landwirtschaft ist ein wesentliches Ergebnis des  Agrargipfels Ende vergangenen Jahres im Bundeskanzleramt (die BBZ berichtete). Zu diesem hatte Regierungschefin  Angela Merkel als Reaktion auf die bundesweiten Bauernproteste im vergangenen Herbst die Vertreter von Verbänden und Organisationen aus der Land- und Agrarwirtschaft eingeladen.
Inhaltliche Schwerpunkte
Als inhaltliche Schwerpunkte der Zukunftskommission nennt die Bundesregierung die Themen „Agrarpolitik der Zukunft” mit den Stichworten GAP und Agrarförderung, ferner „ökonomische Tragfähigkeit der Landwirtschaft”, „Landwirtschaft und Umwelt”, „Landwirtschaft und Klimaschutz” sowie „Zukunft der Tierhaltung”.
 
Größtmögliche Akzeptanz
„Wir begrüßen die Einrichtung der Kommission”, erklärte DBV-Präsident Rukwied. Man erwarte, dass die Kommission in einem breiten gesellschaftlichen Konsens Vorschläge erarbeite, „wie eine wirtschaftlich tragfähige Landwirtschaft zukunftssicher gemacht werden kann und gleichzeitig die Produktionsweisen größtmögliche Akzeptanz in der Gesellschaft erfahren”. Die Kommission müsse insbesondere klare Perspektiven für die junge Landwirtsgeneration aufzeigen. „Für uns als größte deutsche Junglandwirte-Organisation geht es darum, dass Zielkonflikte aufgelöst werden und wir Planungssicherheit bekommen”, erklärte die Bundesvorsitzende vom Bund der Deutschen Landjugend (BDL), Kathrin Muus. Die Kommissionsmitglieder müssten in einem sachlichen Dialog dafür sorgen, „dass die Zukunft nicht mit Verboten verhindert, sondern mit nachhaltigen, das heißt ökonomisch tragfähigen Lösungen gestaltet wird”. Eine junge Landwirtschaftsgeneration stehe in den Startlöchern. Sie brauche eine langfristige wirtschaftliche Perspektive, „die mindestens 20 Jahre trägt, zur Gesellschaft passt und mit der sie ihre Familien ernähren kann”.
Große Chance
„Die Kommission bietet die große Chance, in einen gemeinsamen sachlichen Dialog über die zukünftige Ausrichtung der deutschen Landwirtschaft einzusteigen”, erklärte dlv-Präsidentin Petra Bentkämper. Eine Aufgabe der Zukunftskommission bestehe darin, die Grundlage für einen Gesellschaftsvertrag zu schaffen, um  Zielbilder über eine zukunftsfähige, nachhaltige Landwirtschaft gemeinsam festzuschreiben. Benötigt werde ein Kompromiss, „der Landwirtinnen und Landwirten ein gesichertes Einkommen gewährleistet und die Lebensmittelproduktion in Deutschland garantiert”.
So setzt sich die Zukunftskommission zusammen
Der Zukunftskommission Landwirtschaft gehören 32 Mitglieder an. Geleitet wird sie vom  ehemaligen Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Professor Peter Strohschneider. Die Landwirtschaft wird in der Kommission unter anderem vertreten durch DBV-Präsident Joachim Rukwied, den Präsidenten der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Hubertus Paetow, den Sprecher von „Land schafft Verbindung” (LsV), Dirk Andresen, die Vorsitzenden vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Dr. Felix Prinz zu Löwenstein und Elisabeth Fresen, sowie die Präsidentin des Deutschen LandFrauenverbandes (dlv), Petra Bentkämper.
Für den Bereich „Wirtschaft und Verbraucher” werden neben anderen die Präsidenten des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) und des Industrieverbandes Agrar (IVA), Franz-Josef Holzenkamp und Manfred Hudetz, sowie Miriam Schneider vom Bundesverband des deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) und der Vorstand vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Klaus Müller, in der Kommission beteiligt sein. Der Umwelt- und Tierschutz ist mit den Spitzen der großen Verbände dabei. Die Liste reicht hier vom Vorsitzenden des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Bandt, über Tierschutzbundpräsident Thomas Schröder bis Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser.
Schließlich sind sechs Wissenschaftler in die Zukunftskommission berufen worden, darunter die Direktorin des Thünen-Instituts (TI) für Betriebswirtschaft, Professor Hiltrud Nieberg, der Göttinger Agrarökonom Professor Achim Spiller sowie Professor Manfred Niekisch vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU).