Alle Interessen unter einen Hut bringen
Von AgE
Die unterschiedlichen Interessen innerhalb der Zukunftskommission Landwirtschaft sind deutlich geworden, noch bevor das Gremium seine Arbeit aufgenommen hat. Dessen Einrichtung ist ein Ergebnis des „Agrargipfels” Ende vergangenen Jahres im Bundeskanzleramt.
Die junge Landwirtsgeneration erwartet von der Zukunftskommission klare Perspektiven.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) und weitere Verbände aus dem Agrarbereich äußerten anlässlich des Kabinettsbeschlusses zur Einsetzung der Kommission in der vergangenen Woche die Erwartung auf einen gesellschaftlichen Konsens über eine wirtschaftlich tragfähige Landwirtschaft. Demgegenüber bekräftigten Umweltverbände ihre Forderung nach einer Agrarwende und übten zum Teil harsche Kritik an den derzeitigen Verhältnissen in der Landwirtschaft.
Zwischenbericht bereits für Herbst anvisiert
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner erhofft sich von der
Kommission praxistaugliche Empfehlungen für eine produktive und
ressourcenschonende Landwirtschaft. Ihre Umweltkollegin Svenja Schulze
erhofft sich neben „einem starken Impuls für mehr Tierwohl in der
Landwirtschaft” einen Konsens für eine Neuausrichtung der Gemeinsamen
Agrarpolitik (GAP). Die Kommission soll laut Kabinettsbeschluss bereits
im Herbst einen Zwischenbericht vorlegen. Der Abschlussbericht wird für
Frühsommer 2021 in Aussicht gestellt. Eine Geschäftsstelle im
Bundeslandwirtschaftsministerium soll organisatorische Fragen klären.
Die Einrichtung einer Zukunftskommission Landwirtschaft ist
ein wesentliches Ergebnis des Agrargipfels Ende vergangenen Jahres im
Bundeskanzleramt (die BBZ berichtete). Zu diesem hatte Regierungschefin Angela Merkel als Reaktion auf die bundesweiten Bauernproteste im
vergangenen Herbst die Vertreter von Verbänden und Organisationen aus
der Land- und Agrarwirtschaft eingeladen.
Inhaltliche Schwerpunkte
Als inhaltliche Schwerpunkte der Zukunftskommission nennt
die Bundesregierung die Themen „Agrarpolitik der Zukunft” mit den
Stichworten GAP und Agrarförderung, ferner „ökonomische Tragfähigkeit
der Landwirtschaft”, „Landwirtschaft und Umwelt”, „Landwirtschaft und
Klimaschutz” sowie „Zukunft der Tierhaltung”.
Größtmögliche Akzeptanz
„Wir begrüßen die Einrichtung der Kommission”, erklärte
DBV-Präsident Rukwied. Man erwarte, dass die Kommission in einem breiten
gesellschaftlichen Konsens Vorschläge erarbeite, „wie eine
wirtschaftlich tragfähige Landwirtschaft zukunftssicher gemacht werden
kann und gleichzeitig die Produktionsweisen größtmögliche Akzeptanz in
der Gesellschaft erfahren”. Die Kommission müsse insbesondere klare
Perspektiven für die junge Landwirtsgeneration aufzeigen. „Für uns als
größte deutsche Junglandwirte-Organisation geht es darum, dass
Zielkonflikte aufgelöst werden und wir Planungssicherheit bekommen”,
erklärte die Bundesvorsitzende vom Bund der Deutschen Landjugend (BDL),
Kathrin Muus. Die Kommissionsmitglieder müssten in einem sachlichen
Dialog dafür sorgen, „dass die Zukunft nicht mit Verboten verhindert,
sondern mit nachhaltigen, das heißt ökonomisch tragfähigen Lösungen
gestaltet wird”. Eine junge Landwirtschaftsgeneration stehe in den
Startlöchern. Sie brauche eine langfristige wirtschaftliche Perspektive,
„die mindestens 20 Jahre trägt, zur Gesellschaft passt und mit der sie
ihre Familien ernähren kann”.
Große Chance
„Die Kommission bietet die große Chance, in einen
gemeinsamen sachlichen Dialog über die zukünftige Ausrichtung der
deutschen Landwirtschaft einzusteigen”, erklärte dlv-Präsidentin Petra
Bentkämper. Eine Aufgabe der Zukunftskommission bestehe darin, die
Grundlage für einen Gesellschaftsvertrag zu schaffen, um Zielbilder
über eine zukunftsfähige, nachhaltige Landwirtschaft gemeinsam
festzuschreiben. Benötigt werde ein Kompromiss, „der Landwirtinnen und
Landwirten ein gesichertes Einkommen gewährleistet und die
Lebensmittelproduktion in Deutschland garantiert”.
So setzt sich die Zukunftskommission zusammen
Der Zukunftskommission Landwirtschaft gehören 32 Mitglieder an. Geleitet wird sie vom ehemaligen Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Professor Peter Strohschneider. Die Landwirtschaft wird in der Kommission unter anderem vertreten durch DBV-Präsident Joachim Rukwied, den Präsidenten der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Hubertus Paetow, den Sprecher von „Land schafft Verbindung” (LsV), Dirk Andresen, die Vorsitzenden vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Dr. Felix Prinz zu Löwenstein und Elisabeth Fresen, sowie die Präsidentin des Deutschen LandFrauenverbandes (dlv), Petra Bentkämper.
Für den Bereich „Wirtschaft und Verbraucher” werden neben anderen die Präsidenten des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) und des Industrieverbandes Agrar (IVA), Franz-Josef Holzenkamp und Manfred Hudetz, sowie Miriam Schneider vom Bundesverband des deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) und der Vorstand vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Klaus Müller, in der Kommission beteiligt sein. Der Umwelt- und Tierschutz ist mit den Spitzen der großen Verbände dabei. Die Liste reicht hier vom Vorsitzenden des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Bandt, über Tierschutzbundpräsident Thomas Schröder bis Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser.
Schließlich sind sechs Wissenschaftler in die Zukunftskommission berufen worden, darunter die Direktorin des Thünen-Instituts (TI) für Betriebswirtschaft, Professor Hiltrud Nieberg, der Göttinger Agrarökonom Professor Achim Spiller sowie Professor Manfred Niekisch vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU).