Pflanzenbau | 07. November 2019

Pflanzenschutztechnik im Ackerbau auf der Agritechnica

Von Harald Kramer, LWK NRW/DLG
Fast keine Sparte wird aktuell in der Landtechnik kontroverser diskutiert als der chemische Pflanzenschutz. Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) als Veranstalter der Messe in Hannover gibt einen Überblick über Trends und Lösungsansätze.
Auch die Anbaufeldspritze Deltis 2 von Kuhn wird in Hannover zu sehen sein.
Bei sich stetig ändernden Betriebsgrößen behält die Schlagkrafterhöhung einen hohen Stellenwert bei der Neuanschaffung von Spritzen.
Diesem Trend folgend und der Tatsache geschuldet, dass Pflanzenschutz termingerecht erfolgen muss, behalten große Fassvolumina im gezogenen Bereich weiterhin eine entscheidende Bedeutung in der Praxis. Behältergrößen von deutlich mehr als 10000 Litern sind hier keine Seltenheit mehr. Sie gelten für viele als bedeutender Schritt hin zur Schlagkrafterhöhung, ohne gleich auf einen Selbstfahrer zu setzen.
Jedoch darf der Landwirt dabei nicht die Befülllogistik aus den Augen verlieren. Dies fängt unter Umständen schon bei geschlossenen Befüllsystemen von Pflanzenschutzmitteln an und geht über Anmischstationen auf dem Betrieb bis hin zur Wasserlogistik im Feld. Jedoch werden auch immer mehr Stimmen laut, dass aufgrund der Wetterkapriolen und der Tragfähigkeit der Böden eher leichte Spritzen das Mittel der Wahl sind, um rechtzeitig auf den Acker zu können.
Doch bei all der immer schneller und größer werdenden Technik darf der Anwender auch die Anforderungen an den Traktor bezüglich Achslasten vor allem bei Fronttanksystemen, zulässigen Gesamtgewichten usw. nicht außer Acht lassen. Man merkt schnell, dass neben dem technischen Aspekt die Bedingungen auf dem Feld und der entsprechenden Anbauregion oftmals die bestimmenden Faktoren sind, was geht und nicht geht.
Einen weiteren wesentlichen Beitrag leistet die Gestängestabilität. Denn diese ist die Grundvoraussetzung für eine gleichmäßige Verteilung der Pflanzenschutzmittel und auch der begrenzende Faktor, der die mögliche Fahrgeschwindigkeit ergibt. Denn eine noch exaktere Ausbringung der Mittel ist die Basis für einen effektiven Pflanzenschutz ohne Resistenzprobleme.
Elektronische Hilfsmittel
Über alle Spritzsysteme hinweg ist ein Trend unübersehbar: Die Auslastung der Spritze kann und muss noch gesteigert werden. Hierbei stellen sicherlich die elektronischen Hilfsmittel einen entscheidenden Faktor dar. Dies fängt schon bei entsprechenden Diagnose- und Prognosemodellen an. Denn als erstes muss ich natürlich wissen, wie die Situation im Feld ist.
In der jüngeren Vergangenheit war der Wunsch nach Lösungen in Echtzeit, das heißt alles während einer Überfahrt zu lösen, die Vorgabe. Doch auch hier gibt es Ansätze, die  Applikationskarten im Vorfeld durch Multikopter oder Drohnen zu erstellen. Der große Vorteil liegt darin begründet, dass bei solchen Systemen die exakte Behandlungsfläche berechnet werden kann. Dann wird im Nachgang auch nur so viel Spritzbrühe bereitgestellt, wie unbedingt nötig ist, und somit entstehen auch keine Restmengen, die  sonst oft Schwierigkeiten bereiten.
Zudem können natürlich auch aufwendigere und exaktere Sensoren in der Erkennung eingesetzt werden, da hier eben nur ein Sensor benötigt wird. Möchte man hingegen auf der Spritze im Gestänge den gesamten Arbeitsbereich abdecken, bräuchte es viel mehr Sensoren, die selbstverständlich den Preis der Maschine enorm in die Höhe treiben würden. So können sich unterschiedliche Techniken optimal ergänzen, um einen noch exakteren Pflanzenschutz zu erzielen.
Aber bei aller elektronischen Unterstützung und der Vielzahl an einzelnen Modulen werden Bedienerfreundlichkeit und Gesamtlösungen immer häufiger aus der Praxis nachgefragt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass herstellerübergreifende, offene Lösungen benötigt werden, die ein intuitives System zur Unterstützung von Entscheidungen zur zielorientierten, termingerechten und präzisen Applikation von Pflanzenschutzmitteln umsetzen.
Besonders die Unterstützung im Bereich der legalen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln bis hin zur Dokumentation weist hier den größten Nutzen für Praktiker aus.
Mechanik ergänzt Chemie
Konnte auf der letzten Agritechnica schon ein Trend in Richtung Hacktechnik festgestellt werden, so wird dieser Trend dieses Jahr noch fortgeführt.
Einen großen Beitrag zur Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln können hier sicherlich kombinierte Bearbeitungssysteme leisten. Das heißt entkoppelte Systeme, wie zum Beispiel optimierte Bandspritzsysteme mit hoher Schlagkraft, kombiniert mit Zwischenreihenhacken, die ebenfalls eine entsprechend hohe Schlagkraft aufweisen. Mit diesen Systemen kann der Praktiker unter den entsprechenden klimatischen Bedingungen auf dem Acker deutliche Einsparpotenziale nutzen, ohne auf Effektivität in der Behandlung zu verzichten. Auch die Betriebe, die komplett auf chemischen Pflanzenschutz verzichten, finden innovative Regel- und Steuersysteme bei Hacken, die keine Wünsche offen lassen.
Optimale Düsentechnik
Unter den heutigen Bedingungen wird man feststellen, dass im Bereich der abdriftreduzierten Düsen so gut wie alle Hersteller Düsentypen anbieten, die sowohl im Bereich der kompakten Injektordüsen wie auch bei den langen Injektordüsen anzusiedeln sind. Es stehen viele JKI-anerkannte abdriftreduzierte Düsen zur Auswahl.
Aufpassen sollte man jedoch weiterhin, dass man nicht nur in Sachen Abdriftreduzierung optimiert und die biologische Wirkung dabei vergisst. Dies ist vor allem auch zu beachten, wenn man an die immer stärker reduzierten Wassermengen oder die steigenden Fahrgeschwindigkeiten denkt. Hauptziel sollte doch sein, die Anwendungsqualität durch eine ausreichende Benetzung und bei Bedarf mit einer ausreichenden Bestandsdurchdringung abzusichern. Des Weiteren bieten Systeme wie Dropleg zum Beispiel im Raps die Möglichkeit, einen bienenschonenden Pflanzenschutz zu betreiben.
Auch im Bereich der pulsweiten modulierten Düse zeigt es sich, dass manchmal auch die Technik noch ein wenig reifen muss – spricht man über dieses Thema doch schon seit mehreren Jahrzehnten. Doch nun tauchen Systeme auf, die mit Frequenzen von 20 bis 100 Hertz zuverlässig arbeiten und diverse Möglichkeiten wahr werden lassen. Neben Kurvenkompensationen und Spot Spraying können Aufwandmengen innerhalb des Gestänges variiert werden. Diese Systeme haben ein enorm großes Potenzial, um den stetig steigenden Anforderungen und Auflagen in der Praxis gerecht zu werden.