Oliver Dinger betreibt in der Nähe von Freiburg Getreide-, Gemüse- und Maisanbau. Daneben bietet er Serviceleistungen für Landwirte an. Um dies professionell zu tun, hat er sich zum Agrarservicemeister qualifiziert.
Agrarservicemeister Oliver Dinger (Mitte) kann nach der Qualifikation auch Azubis ausbilden. Nico Kienzle (links) und Lukas Dinger (rechts) arbeiten in dem Unternehmen als Gesellen mit.
„Ein Landwirt bucht uns nur, wenn wir es besser machen können als er selbst”, betont Oliver Dinger. In seinem eigenen Betrieb, dem Gutshof Emmendingen, baut er Getreide, Gemüse, Erdbeeren und Mais an. Außerdem kann man seine Dienstleistungen buchen: Seit 2018 erledigt er als Agrarservicemeister auch Aufgaben im Lohn. Dinger hat ursprünglich die Ausbildung zum Forstwirt absolviert. Nach 20 Jahren Berufsleben und mit vielfältigen Erfahrung aus dem eigenen Betrieb, entschloss er sich vor zwei Jahren zu einer Weiterbildung. Sein Ziel war der Abschluss „Agrarservicemeister”, mit dem er zum einen professionell alle Lohnarbeiten ausführen kann, aber auch dazu berechtigt ist, Lehrlinge auszubilden. So drückte der damals 48-Jährige nochmal die Schulbank. In Baden war er damit einer der ersten, die sich zur „Fachkraft Agrarservice” ausbilden ließen. Für den Meistertitel musste Oliver Dinger zusätzlich den entsprechenden Kurs am Fachzentrum für Energie und Landtechnik in Triesdorf/Bayern absolviern. Der Unterricht fand in Vollzeit in Blockwochen und vorwiegend in den Wintermonaten statt. Eine Regelung, die ihm die Möglichkeit bot, den Meisterkurs berufsbegleitend zu bewältigen und auf diese Weise weiterhin ein geregeltes Einkommen zu erwirtschaften.
Praxisnahes Lernen
Die Inhalte der Ausbildung werden von erfahrenen
Lehrkräften und Praktikern vermittelt. „Das macht die Fortbildung
lebendig”, erklärt Oliver Dinger. Wichtiges Element ist die sogenannte
„Fremdbetriebsbeurteilung”. Dabei erhalten die Kursteilnehmer Einblicke
in andere Betriebe, teilweise mit weniger bekannten Schwerpunkten, und
lernen, Arbeitsschritte, betriebliche Abläufe und Dienstleistungen sowie
Deckungsbeiträge zu durchleuchten. In persönlichen Gesprächen mit
Betriebsleitern können Hintergründe von Maßnahmen und Innovationen, die
sich dann auf dem eigenen Betrieb integrieren lassen, erörtert werden.
Davon profitieren auch die Betriebe, die sich zur
Fremdbetriebsbeurteilung bereitgestellt haben: Betriebsfremde
beurteilen das Unternehmen aus einer anderen, meist neutralen
Perspektive und erkennen häufig Optimierungsmöglichkeiten. Im Teil
„Mitarbeiterführung” werden Fähigkeiten vermittelt, mit denen die
Teilnehmer lernen, Mitarbeiter richtig einzuschätzen. Dies ist
besonders wertvoll, wenn beispielsweise Aufgaben zu verteilen sind,
denn diese können dann nach Stärken und Schwächen der jeweiligen Person
gezielt vergeben werden. Ein weiteres Thema heißt „Rentabilitätsberechnung”. Dabei sollen einzelne Arbeitsgänge oder auch
ganze Dienstleistungspakete im Hinblick auf Kosten und Nutzen
hinterfragt werden. Häufig führt dies bei den Teilnehmern zur Erkenntnis, dass nicht jeder Arbeitsschritt sinnvoll ist oder dass er
sich im Verhältnis zum Arbeitseinsatz finanziell nicht lohnt.
Aufgaben, die dem eigenen Betrieb nutzen
Mit der Ausbildung zum Agrarservicemeister erhalten die
Teilnehmer wertvolle „Werkzeuge”, die ihnen bei den Jahresplanungen für
den eigenen Betrieb nutzen. Zusätzliche Themen sind unter anderem Ökonomie, Pflanzenbau und Dienstleistungen, Buchführung, Steuerwesen,
Recht und Berufsausbildung. Den Abschluss bildet sodann ein
Arbeitsprojekt, das der Teilnehmer auf seinen Betrieb abstimmt. Oliver
Dinger wählte dafür das regional relevante Thema Sonderkulturen: In der
klimatisch begünstigten Region am Oberrhein kultivieren viele seiner
Kunden Erdbeeren.
Voraussetzungen
Um die Ausbildung zum
Agrarservicemeister absolvieren zu können, sind ein erfolgreicher
Abschluss im Beruf Fachkraft Agrarservice und zwei Jahre Berufserfahrung
erforderlich. Die Zulassung zur Meisterprüfung kann auch erhalten, wer
einen anderen anerkannten landwirtschaftlichen Ausbildungsberuf wie zum
Beispiel Landwirt, Forstwirt, Gärtner oder Tierwirt vorweist und
außerdem mindestens drei Jahre in einem Agrarservicebetrieb oder
Lohnunternehmen gearbeitet hat.
Auch wer eine mindestens fünfjährige
Berufspraxis nachweisen kann, wird zugelassen. Die Berufspraxis muss
dann in einem vergleichbaren Unternehmen wie Agrarservice, Pflanzenbau
mit Serviceangeboten oder ähnlichem ausgeübt worden sein. Oliver Dinger
brachte für die Qualifizierung seine forstwirtschaftliche Ausbildung
und eine fast 18-jährige Berufserfahrung in der Landwirtschaft mit. Bereits
zwei Jahre nach seinem Abschluss zum Agrarservicemeister hat sich für
Oliver Dinger vieles sehr positiv verändert. Die Abläufe in seinem
Betrieb konnten optimiert werden, die Qualität hat sich verbessert. In
Kundengesprächen kommt auch sein erworbenes Wissen in Ökologie, wie beim
Bioanbau oder Anlegen von Blühstreifen, zum Tragen. Dinger geht
häufig auf Bekannte und Passanten zu, um über Maßnahmen wie integrierten
Pflanzenschutz zu informieren. Hier sieht der Agrarservicemeister noch
viel Handlungsbedarf. Es müsse wieder ein positives Image der
Landwirtschaft als Verantwortliche in der Lebensmittelproduktion
geschaffen werden. „Wir sind bislang einer der wenigen Betriebe in
Deutschland, die das Qualitätszeichen ‚Agraservicemeister‘ tragen
dürfen”, erklärt Oliver stolz. Auf seinem Betrieb beschäftigt er zwei
Gesellen und seit September 2019 einen Auszubildenden.