... und einige Themen mehr wurden auf der Grünen Woche bei den traditionellen Journalisten-Fragestunden mit dem Deutschen Bauernpräsidenten, dem Bundeslandwirtschaftsminister und dem EU-Agrarkommissar erörtert.
Fragestunde für Journalisten mit dem Deutschen Bauernverband (von links): Pressesprecher Dr. Michael Lohse, der noch auf der Grünen Woche in den Ruhestand verabschiedet wurde, Generalsekretär Bernhard Krüsken und Präsident Joachim Rukwied.
„Wichtig ist, dass wir schnellstmöglich eine stabile Bundesregierung bekommen”, unterstrich Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), in Berlin. Sie werde gebraucht, um auch auf EU-Ebene zu stabilen Verhältnissen für die Landwirtschaft beizutragen. Der neue mehrjährige Finanzrahmen der EU müsse solide ausgestattet werden und es gelte, das „Zwei-Säulen-Modell” zu erhalten. „Ich bin überzeugter Europäer und Europas Zukunft hängt von den Perspektiven für die ländlichen Räume und daher für die Landwirtschaft ab.” Sie erzeuge sichere Lebensmittel für 500 Millionen Verbraucher zu erschwinglichen Preisen.
Mit Digitalisierung Bürokratie senken
Sie sei zudem offen dafür, sich an gesellschaftliche
Anforderungen anzupassen. Beispielhaft nannte der DBV-Präsident mehr
Tierwohl.
Rukwied leitete wegen des anstehenden Brexit für die Finanzen ab, „dass
alle Mitgliedstaaten bereit sein müssen, mehr Mittel nach Europa zu
überweisen”. Bei der EU-Agrarreform wünscht sich Rukwied eine schlankere
Umsetzung. Der Bauernpräsident glaubt nach eigenem Bekunden zwar nicht,
dass die Auflagen weniger werden. Er sieht jedoch Potenzial, dass sich
mit Einzug der Digitalisierung die Bürokratie senken lässt.
Zur in Kraft getretenen Düngeverordnung forderte Rukwied: „Das erste
Jahr kann und muss ein Lernjahr sein. Es darf in diesem Zeitraum keine
Sanktionen geben – das wäre unfair.” Der DBV-Präsident machte dabei
darauf aufmerksam, dass zur Düngeverordnung die Vorgaben noch nicht
detailliert auf dem tisch seien. Auch stünden Rechenprogramme noch nicht
zur Verfügung.
Sachlichkeit bei Glyphosat gefordert
Bei Glyphosat forderte Rukwied die Rückkehr zu einer
sachgerechten Diskussion ein. Das Mittel werde in Deutschland temporär
und punktuell eingesetzt – man brauche es jedoch als ein Werzeug für den
Ackerbau. Ohne Glyphosat werde wieder öfter der Pflug zum Einsatz
kommen, dessen Einsatz mehr Energie verbrauche und je nach Standort der
Erosion Vorschub leiste. Für Rukwied geht es beim Thema Glyphosat auch
um grundsätzliche Fragestellungen. „Wenn wir künftig politische
Entscheidungen auf Basis von Angstkampagnen bekommen und
wissenschaftliche Expertisen ausschließen, riskieren wir die
Zukunftsfähigkeit Deutschlands”, mahnte er.
Mehr und effizienter, mit hoher Akzeptanz
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (rechts) betonte unter anderem, dass ein Gesetzentwurf für ein staatliches Tierwohllabel in der Schublade liege: „Sobald wir eine neue Regierung haben, kann es losgehen.”
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt sieht die
deutsche Landwirtschaft vor großen Herausforderungen: „In Zukunft muss
die Landwirtschaft mehr Nahrungsmittel mit weniger Ressourcen
produzieren. Sie muss effizienter werden und dabei um mehr
gesellschaftliche Akzeptanz ringen.”
Schmidt bekannte sich auf der Grünen Woche in Berlin zu „bäuerlichen,
das heißt kleineren und mittleren Familienbetrieben”. „Für sie brauchen
wir Einkommensstabilisierung”, unterstrich er.
Aus landwirtschaftlicher Sicht zeigte sich Christian Schmidt mit den
Sondierungsergebnissen für eine Große Koalition aus Union und SPD
zufrieden. Von den geplanten zusätzlichen 1,5 Milliarden Euro für
Landwirtschaft und ländliche Räume über die kommenden vier Jahre soll
Schmidt zufolge ein beträchtlicher Teil in mehr Tierwohl fließen (siehe
auch BBZ 3/2018, Seite 12). Ein staatliches Tierwohllabel auf
freiwilliger Beteiligungsbasis habe sich durch die Unklarheiten mit der
Regierungsbildung lediglich verzögert. „Ein Gesetzentwurf liegt in der
Schublade. Sobald wir eine neue Regierung haben, kann es losgehen”,
sagte der Minister.
„Nicht mit schroffem Ordnungsrecht”
Schmidt stützt
sich bei seinem Eintreten für ein staatliches Tierwohllabel auf
Erhebungen unter Verbrauchern mit hohem Zustimmungsgrad. Kritik an der
schleppenden Realisierung eines staatlichen Tierwohllabels, dessen
Entwurf seit Ostern 2017 besteht, begegnete er mit trockenem Humor:
„Ostern ist ja jedes Jahr.”
Schmidt erneuerte in Berlin auch die Zukunftsstrategie, einen Anteil von
20 Prozent Ökolandbau in Deutschland zu erreichen. Der Minister warb
für ein „Ja zu Veränderungen in der Landwirtschaft”. Diese seien aber
nicht mit schroffem Ordnungsrecht zu erreichen.
DBV will Restriktionen erst bei ASP-befallenen Hausschweinen
Die bedrohlich näher rückende Afrikanische Schweinepest (ASP) war ein großes Thema bei den Fragestunden des Verbandes Deutscher Agrarjournalisten (VDAJ) mit führenden Fachpolitikern und dem Deutschen Bauernverband (DBV) auf der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin. Ebenso war es beim Neujahrsempfang des DBV auf der IGW.
Angesichts dramatischer Folgen für den Schweinemarkt und betriebliche Existenzen, die ein Ausbruch der ASP hierzulande mit sich brächte, forderte DBV-Präsident Joachim Rukwied, dass Restriktionen erst zum Tragen kommen sollen, wenn sich Hausschweine infizieren. Nach derzeitiger Rechtslage reicht der Befall eines Wildschweines. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt reagierte zurückhaltend. Auf jeden Fall müsse eine Trennung von Wildschwein- und Nutztierbeständen gewährleistet sein, um das differenziert betrachten zu können, so der Minister mehr unklar als klar. Er machte zudem auf internationale Vereinbarungen aufmerksam, an denen man nicht vorbeikomme.
EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis, der zusammen mit Phil Hogan, seinem Kollegen vom Agrarressort, zur IGW gekommen war, betonte indes, dass „wir das Thema ASP äußerst ernst nehmen”. Man müsse die länderübergreifende Zusammenarbeit verstärken und sich dabei wegen der Verbringungswege besonders auf den Faktor Mensch konzentrieren. „Der menschliche Faktor ist entscheidend, um die Ausbreitung von ASP einzudämmen”, sagte er fast beschwörend. Der Litauer Vytenis Andriukaitis nahm sich sodann Russland vor, weil es behaupte, dass sich die ASP von der EU aus nach Russland verbreitet habe. „Das ist falsch”, unterstrich der EU-Kommissar und zeigte zur Untermauerung eine Landkarte mit dokumentierten ASP-Fällen, die auf nach seiner Überzeugung tatsächliche Verbreitungswege hinwies. Demnach ist die ASP aus Afrika über Georgien nach Russland, in die Ukraine und nach Osteuropa gelangt. Auch die russische Behauptung, die ASP sei in Europa außer Kontrolle, bezeichnete Andriukaitis als „falsch”.
Hogan: 2018 wichtiges Jahr
Verstärkung: EU-Agrarkommissar Phil Hogan (links) war diesmal zusammen mit seinem Kollegen, EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis, zur Grünen Woche gekommen. Letzterer war besonders beim Thema Afrikanische Schweinepest (ASP) gefragt. Dabei trat er russischen Behauptungen entgegen, die ASP breite sich über die EU nach Russland aus.
„2018 wird das Jahr, in dem die EU-Kommission Legislaturvorschläge macht zur Zukunft der Landwirtschaft in Europa”, betonte EU-Agrarkommissar Phil Hogan vor Journalisten auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin. Dabei unterstrich Hogan den Reformbedarf, unter anderem wegen überbordender Bürokratie und veränderten gesellschaftlichen Erwartungen an die Landwirtschaft (die BBZ berichtete).
2018 sei auch deshalb wichtig, weil in diesem Jahr wichtige Weichen gestellt würden, wie es mit dem Finanzrahmen wegen des Brexit weitergehe.
Zum künftigen Finanzrahmen des EU-Agrarbudgets erwähnte der Ire, dass sich damit bereits im Februar erstmals ein informeller Ministerrat befassen werde. Zu den Aussichten für die Finanzen äußerte er sich nüchtern: „Der Haushalt vermindert sich durch den Brexit um zwölf Milliarden Euro. Wenn das nicht ausgeglichen wird, muss es Einschnitte geben. Das kann auch die Landwirtschaft betreffen”. Entscheidend seien die Mitgliedstaaten. Immerhin sei durch Erhebungen belegt, dass eine große Mehrheit der EU-Bürger die Landwirtschaft und die ländlichen Räume als wichtig erachtet.
Nüchtern äußerte sich Hogan auch zum Milchmarkt mit den aktuell wieder rückläufigen Preistendenzen: „Es gibt ein zu großes Angebot. Die Erzeuger müssen die Signale zeitig wahrnehmen und ernst nehmen. Wenn nicht, gehen die Preise runter – das ist ganz klar.” Hogan reagierte so auf eine Forderung aus dem Publikum nach einem Kriseninstrumentarium auf EU-Ebene.