Politik | 18. Februar 2016

Agrarminister erkennen das Problem, finden aber noch keine Lösung

Von AgE
Die europäischen Landwirtschaftsminister haben beim Agrarrat am Montag in Brüssel erneut die Debatte angefacht, wie Landwirte und insbesondere Nutztierhalter gegen Marktschwankungen besser abgesichert werden können. Handfeste Ergebnisse gab es jedoch noch keine.
Frankreichs Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll hatte mit einem Forderungskatalog, darunter die Zahlung eines Bonus für die Verringerung der einzelbetrieblichen Milchproduktion, eine Debatte angestoßen.
Allerdings sollen in den kommenden Wochen die Anstrengungen verstärkt werden, um bis zum nächsten Treffen am 14. März zusätzliche Möglichkeiten für konkrete Hilfen auszuloten. Der niederländische Agrarstaatssekretär Martijn van Dam kündigte als Ratsvorsitzender an, die Ideen der einzelnen Mitgliedstaaten zusammenzufassen.
EU-Agrarkommissar Phil Hogan gab den Ministern Zeit bis zum 25. Februar, um schriftliche Vorschläge einzureichen, die bis zum nächsten Rat auf ihre Machbarkeit hin überprüft werden sollen. Ebenfalls am 25. Februar – also noch vor dem Beginn der wichtigsten französischen Landwirtschaftsmesse SIA – will sich der Ire in Paris mit Frankreichs Ministerpräsident Manuel Valls und Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll treffen, um sich speziell über die Lage im Nachbarland genauer zu informieren. Hogan räumte vor Journalisten ein, Kommission und Rat seien gemeinsam der Auffassung, dass sich die Milch- und Schlachtschweineerzeugung in der Krise befänden und man darauf eine Antwort finden müsse – sowohl auf nationaler wie auch auf gesamteuropäischer Ebene.
Keine befriedigenden Antworten
Für den Kommissar dürfte es deutlich schwieriger werden als im vergangenen September, zusätzliche Finanzmittel für eventuelle Sonderhilfen zu aktivieren, denn der damals vorhandene „warme Regen” aus der Superabgabe für das Milchwirtschaftsjahr 2014/15 steht diesmal nicht zur Verfügung. Dementsprechend schloss er eine erneute Beihilfe zur privaten Lagerhaltung von Schweinefleisch praktisch aus. Die Nutzung der aus Direktzahlungen gespeisten Krisenreserve hält Hogan für nicht mehrheitsfähig. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt plädierte für ein weiteres Maßnahmenbündel über das 500-Millionen-Paket vom vergangenen September hinaus. Vor dem Hintergrund, dass europäisches Geld knapp sein dürfte, kann sich Schmidt eine weitere Erhöhung der Bagatellgrenzen für nicht genehmigungspflichtige Staatsbeihilfen vorstellen, um mit nationalen Mitteln zu helfen. Die Schwelle liegt derzeit bei 15000 Euro pro Betrieb über drei Steuerjahre hinweg. Daneben denkt der Minister an eine Überarbeitung des Milchpakets von 2012.
„Wir müssen auch über kartellrechtliche Fragen sprechen: Wie können die Erzeuger gestärkt werden? Hier gibt es nach wie vor keine befriedigenden Antworten”, erklärte Schmidt. Ferner müsse ein Weg gefunden werden, den Export zu unterstützen. Um solche Fragen zu klären, befürwortet der Minister ausdrücklich auch die französische Forderung nach der Wiederauflage einer hochrangigen Expertengruppe speziell für den Milchmarkt. Einen „Rückfall in die Zeiten der Staatsgläubigkeit, in der man fälschlicherweise der Meinung war, der Staat könne den Markt regulieren”, lehnt der CSU-Politiker ausdrücklich ab.
Frankreich stößt Debatte an
Zufrieden zeigte sich Le Foll. Er hatte die Debatte mit einem Forderungskatalog angestoßen, darunter die Anhebung der Interventionspreise, die Zahlung eines Bonus für die Verringerung der einzelbetrieblichen Milchproduktion sowie die Entwicklung eines Systems von Exportkrediten. „Die Dinge sind ins Rollen gekommen”, so Le Foll. Er zählte zehn bis zwölf Mitgliedstaaten, die sich ganz oder teilweise hinter Frankreich gestellt hätten, darunter Belgien, Irland, Polen, Portugal und Rumänien. Deutschland teile den Befund einer desolaten Marktlage, habe aber Schwierigkeiten, den vorgeschlagenen Lösungsweg zu akzeptieren, räumte der Minister ein. Er rief die Kommission auf, von ihren Befugnissen Gebrauch zu machen und es Erzeugerorganisationen zu gestatten,  Notfallmaßnahmen zur Angebotsregulierung zu ergreifen.
Schweinepest eindämmen
Unterdessen bekräftigte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis die Notwendigkeit strenger Auflagen zur Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Polen und im Baltikum. Andriukaitis verteidigte gegenüber Polen die Ausweitung der Sperrzonen um Fundstellen infizierter Tiere herum. Das Gleiche habe man auch in Estland und Litauen unternommen. Nur durch die regelmäßige Anpassung der Sicherheitszonen könne man vermeiden, von vorneherein wesentlich größere Flächen zu sperren.
Daneben zeigte sich Andriukaitis aufgeschlossen für die von Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und Schweden angeregte Idee einer EU-Tierschutzplattform.
Tierschutzplattform
Er bekräftigte das Interesse der Kommission an hohen EU-Tierschutzstandards, betonte jedoch gleichzeitig, eine solche Plattform könne nur dann erfolgreich sein, wenn sich die EU-Mitgliedstaaten aktiv daran beteiligten. Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt und seine Amtskollegen aus Holland, Dänemark und Schweden wollen mit einer solchen Tierschutzplattform eine europaweit einheitliche Umsetzung der EU-Standards erreichen und ein Forum für die Anwendung bester Praktiken bieten. Der Vorstoß traf im Rat auf praktisch einhellige Zustimmung.
Allerdings warnten die Minister mehrere Mitgliedstaaten, beispielsweise Finnlands, Großbritanniens, Irlands und Tschechiens, vor der Einführung neuer Regeln. Erst einmal müsse das bestehende Recht überall angewandt werden. Frankreichs Landwirtschaftsminister Le Foll pochte auf die ausdrückliche Berücksichtigung der Freilandhaltung als besonders tierfreundlicher Aufzuchtform. Gleichzeitig forderte er die konsequente Verteidigung europäischer Standards auch in internationalen Verhandlungen.