Die europäischen Landwirtschaftsminister haben beim Agrarrat am Montag in Brüssel erneut die Debatte angefacht, wie Landwirte und insbesondere Nutztierhalter gegen Marktschwankungen besser abgesichert werden können. Handfeste Ergebnisse gab es jedoch noch keine.
Frankreichs Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll hatte mit einem Forderungskatalog, darunter die Zahlung eines Bonus für die Verringerung der einzelbetrieblichen Milchproduktion, eine Debatte angestoßen.
Allerdings sollen in den kommenden Wochen die Anstrengungen verstärkt werden, um bis zum nächsten Treffen am 14. März zusätzliche Möglichkeiten für konkrete Hilfen auszuloten. Der niederländische Agrarstaatssekretär Martijn van Dam kündigte als Ratsvorsitzender an, die Ideen der einzelnen Mitgliedstaaten zusammenzufassen.
EU-Agrarkommissar Phil Hogan gab den Ministern Zeit bis zum 25. Februar, um schriftliche Vorschläge einzureichen, die bis zum nächsten Rat auf ihre Machbarkeit hin überprüft werden sollen. Ebenfalls am 25. Februar – also noch vor dem Beginn der wichtigsten französischen Landwirtschaftsmesse SIA – will sich der Ire in Paris mit Frankreichs Ministerpräsident Manuel Valls und Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll treffen, um sich speziell über die Lage im Nachbarland genauer zu informieren. Hogan räumte vor Journalisten ein, Kommission und Rat seien gemeinsam der Auffassung, dass sich die Milch- und Schlachtschweineerzeugung in der Krise befänden und man darauf eine Antwort finden müsse – sowohl auf nationaler wie auch auf gesamteuropäischer Ebene.
Keine befriedigenden Antworten
Für den Kommissar dürfte es deutlich
schwieriger werden als im vergangenen September, zusätzliche
Finanzmittel für eventuelle Sonderhilfen zu aktivieren, denn der damals
vorhandene „warme Regen” aus der Superabgabe für das
Milchwirtschaftsjahr 2014/15 steht diesmal nicht zur Verfügung.
Dementsprechend schloss er eine erneute Beihilfe zur privaten
Lagerhaltung von Schweinefleisch praktisch aus. Die Nutzung der aus
Direktzahlungen gespeisten Krisenreserve hält Hogan für nicht
mehrheitsfähig. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt
plädierte für ein weiteres Maßnahmenbündel über das 500-Millionen-Paket
vom vergangenen September hinaus. Vor dem Hintergrund, dass europäisches
Geld knapp sein dürfte, kann sich Schmidt eine weitere Erhöhung der
Bagatellgrenzen für nicht genehmigungspflichtige Staatsbeihilfen
vorstellen, um mit nationalen Mitteln zu helfen. Die Schwelle liegt
derzeit bei 15000 Euro pro Betrieb über drei Steuerjahre hinweg. Daneben
denkt der Minister an eine Überarbeitung des Milchpakets von 2012.
„Wir müssen auch über kartellrechtliche Fragen sprechen: Wie können die
Erzeuger gestärkt werden? Hier gibt es nach wie vor keine befriedigenden
Antworten”, erklärte Schmidt. Ferner müsse ein Weg gefunden werden, den
Export zu unterstützen. Um solche Fragen zu klären, befürwortet der
Minister ausdrücklich auch die französische Forderung nach der
Wiederauflage einer hochrangigen Expertengruppe speziell für den
Milchmarkt. Einen „Rückfall in die Zeiten der Staatsgläubigkeit, in der
man fälschlicherweise der Meinung war, der Staat könne den Markt
regulieren”, lehnt der CSU-Politiker ausdrücklich ab.
Frankreich stößt Debatte an
Zufrieden zeigte sich Le Foll. Er hatte die Debatte mit einem
Forderungskatalog angestoßen, darunter die Anhebung der
Interventionspreise, die Zahlung eines Bonus für die Verringerung der
einzelbetrieblichen Milchproduktion sowie die Entwicklung eines Systems
von Exportkrediten. „Die Dinge sind ins Rollen gekommen”, so Le Foll. Er
zählte zehn bis zwölf Mitgliedstaaten, die sich ganz oder teilweise
hinter Frankreich gestellt hätten, darunter Belgien, Irland, Polen,
Portugal und Rumänien. Deutschland teile den Befund einer desolaten
Marktlage, habe aber Schwierigkeiten, den vorgeschlagenen Lösungsweg zu
akzeptieren, räumte der Minister ein. Er rief die Kommission auf, von
ihren Befugnissen Gebrauch zu machen und es Erzeugerorganisationen zu
gestatten, Notfallmaßnahmen zur Angebotsregulierung zu
ergreifen.
Schweinepest eindämmen
Unterdessen bekräftigte EU-Gesundheitskommissar Vytenis
Andriukaitis die Notwendigkeit strenger Auflagen zur Eindämmung der
Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Polen und im Baltikum. Andriukaitis
verteidigte gegenüber Polen die Ausweitung der Sperrzonen um Fundstellen
infizierter Tiere herum. Das Gleiche habe man auch in Estland und
Litauen unternommen. Nur durch die regelmäßige Anpassung der
Sicherheitszonen könne man vermeiden, von vorneherein wesentlich größere
Flächen zu sperren.
Daneben zeigte sich Andriukaitis aufgeschlossen für die von Deutschland,
den Niederlanden, Dänemark und Schweden angeregte Idee einer
EU-Tierschutzplattform.
Tierschutzplattform
Er bekräftigte das Interesse
der Kommission an hohen EU-Tierschutzstandards, betonte jedoch
gleichzeitig, eine solche Plattform könne nur dann erfolgreich sein,
wenn sich die EU-Mitgliedstaaten aktiv daran beteiligten.
Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt und seine Amtskollegen aus
Holland, Dänemark und Schweden wollen mit einer solchen
Tierschutzplattform eine europaweit einheitliche Umsetzung der
EU-Standards erreichen und ein Forum für die Anwendung bester Praktiken
bieten. Der Vorstoß traf im Rat auf praktisch einhellige Zustimmung.
Allerdings warnten die Minister mehrere Mitgliedstaaten, beispielsweise
Finnlands, Großbritanniens, Irlands und Tschechiens, vor der Einführung
neuer Regeln. Erst einmal müsse das bestehende Recht überall angewandt
werden. Frankreichs Landwirtschaftsminister Le Foll pochte auf die
ausdrückliche Berücksichtigung der Freilandhaltung als besonders
tierfreundlicher Aufzuchtform. Gleichzeitig forderte er die konsequente
Verteidigung europäischer Standards auch in internationalen
Verhandlungen.