Land und Leute | 01. April 2015

Andere Bundesländer, andere Betriebe

Von mis
„Groß – größer – Betriebe im Osten”, unter dieser Prämisse startete ein Bus voller hochmotivierter Junglandwirtinnen und Junglandwirte Richtung Brandenburg, um sich Milchviehbetriebe im Osten des Landes anzuschauen. Basislager der dreitägigen Agrarlehrfahrt des BBL stellte Potsdam dar.
Im Melkkarussell der Erzeuger & Handels AG Laproma verhalten sich die Kühe absolut ruhig.
Highlight der Fahrt war sicherlich der letzte von sieben besichtigten Betrieben bei der Erzeuger & Handels AG Laproma in Schloßvippach (Thüringen). Die Besonderheit dieses modernen landwirtschaftlichen Unternehmens ist das erste vollautomatische Melkkarussell Europas, das AMR™ der Firma DeLaval. Die Inbetriebnahme erfolgte Mitte 2013, seitdem werden am Standort Dielsdorf täglich zweimal 750 Kühe in neun Stunden per Melkkarussell und weitere 300 Kühe am Standort Schloßvippach in einem Doppel-24er-Side-by-Side-Melkstand gemolken und einmal täglich gefüttert. 90 Prozent der Futtervorlage stammen aus Eigenerzeugung, die Grundfutterleistung liegt bei über 5000 kg je Kuh und Jahr. 32 000 Liter Milch verlassen jeden Tag das Gelände gen Bayreuth.
Neben der Milchproduktion ist die Rinderzucht ein Hauptbereich. Die Laproma sichert sich durch eigene Nachzucht die Reproduktion des Viehbestandes sowie den Bestandsaufbau mit einem Ziel von 1400 Kühen. Die Remontierungsrate liegt bei knapp 25 Prozent. Insgesamt arbeiten 24 Mitarbeiter im Bereich der Tierproduktion. Der Arbeitsaufwand je Kuh und Jahr liegt derzeit bei unter 20 Stunden, insgesamt um die Hälfte weniger im Vergleich zu vorher. Die Gesamtkosten des Stallbaus für 830 Kühe lagen bei 7,3 Millionen Euro.

Präsident des Bauernverbands
Ein weiterer Höhepunkt war die Betriebsbesichtigung der Agro Glien GmbH in Paaren, die von Udo Folgart, dem Präsidenten des Landesbauernverbandes Brandenburg, und Jan Tempel, dem Leiter der Tierproduktion, durchgeführt wurde. Mit 800 ha Acker-, 400 ha Grünland und 300 Milchkühen konnte fast schon von einem „kleinen” Betrieb geredet werden. Besonders interessant war das Gespräch mit Folgart über die Strukturunterschiede zwischen Südbaden und Brandenburg, beispielsweise bei den Themen Hofübergabe oder Greening.
„Auf dem Agrarbetrieb Wessels wird 22,5 Stunden am Tag gemolken”, so Susi Fröhlich, die Herdenmanagerin, die in die Fußstapfen ihrer Mutter getreten ist. Sie kennt alle Namen der 539 Milchkühe, was der Gruppe sichtlich imponierte. In ihrem Stall stehen fünfzehn 100 000-Liter-Kühe und zwei über 14 Jahre. Dass Susi Fröhlich mit Leidenschaft am Werk ist, konnte man während der gesamten Betriebsbesichtigung spüren. 
Großes Kälberdorf
Bei der Agrarlehrfahrt erhielten die jungen Landwirtinnen und Landwirte spannende Einblicke in Brandenburgs Landwirtschaft.
Der erste Betrieb am Freitagmorgen war die Agrargenossenschaft Krahne. Besichtigt wurde der neue Roboterstall, in dem vier DeLaval-Roboter stehen. Außerdem wird in zwei Fischgräten-Melkständen gemolken.  Ein neuer Kälberstall für 250 000 Euro wurde gebaut. Das Kälberdorf beeindruckte durch seine Helligkeit und ein extrem hohes Platzangebot. Thomas Vogt, der Geschäftsführer, beantwortete alle Fragen der Landwirte offen und ehrlich. Er bestätigte, dass die Tiere im neuen Stall bei genau denselben Voraussetzungen täglich zwei Liter mehr Milch produzieren. Dies ist bei 305 Melktagen eine Leistungsverbesserung von rund 600 kg Mich. Insgesamt verfügt die Agrargenossenschaft Krahne über 2800 Hektar.
Außerdem wurden die RBB Rinderproduktion, die Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung und die Agrargenossenschaft Rogäsen besichtigt. Auch an den Abenden wurde Programm angeboten. Am Freitag entdeckte die Gruppe Potsdam mit zwei Nachtwächtern, die lebendig erzählten, wie die Stadt entstanden ist und welche Besonderheiten sie aufweist. Am Samstag verbrachten die Junglandwirte  ihre freie Zeit in Berlin. 
Herausforderungen gibt es überall
Bei den Betriebsbesichtigungen waren nicht nur die unterschiedlichen Ställe und Melktechniken interessant, sondern auch die verschiedenen Ansichten der Geschäftsführer und Mitarbeiter. Die Themen Politik, Produktion, Mindestlohn und Zukunftsperspektiven standen im Vordergrund. Es wurde oft deutlich, dass überall Nachteile vorhanden sind, die einen negativen Einfluss auf die Produktion haben. Seien es die Gebirgslagen im Schwarzwald, der Sandboden in Brandenburg oder die hohen Pachtpreise in den Gutslagen.