Waldwirtschaft | 08. April 2021

2020 gab es neuen FSME-Höchststand

Von Universität Hohenheim
Das Krisenjahr Jahr 2020 hält einen weiteren negativen Rekord: Im vergangenen Jahr sind in Deutschland mehr als 700 Menschen an Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) erkrankt. Dabei steht Baden-Württemberg in diesem Jahr wieder an der Spitze der Statistik in Deutschland.
Expertin Professor Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim begutachtet ein Exemplar der eingewanderten Hyalomma-Zecke.
Dies ist der höchste Wert, seit die Erkrankung im Jahr 2001 meldepflichtig wurde, betonten Experten Anfang März bei einer Pressekonferenz an der Universität Hohenheim.
Ist die Krankheit erst einmal ausgebrochen, können nur die Symptome therapiert werden. Bei leichten Verläufen klagen die Patienten vorwiegend über starke Kopfschmerzen. Bei schwereren Verläufen sind auch Gehirn und Rückenmark beteiligt. Zu den Symptomen gehören Koordinationsstörungen, Lähmungen, Sprach- und Sprechstörungen sowie Bewusstseinsstörungen und epileptische Anfälle. Für rund ein Prozent der Patienten endet die Krankheit tödlich.
Professor Gerhard Dobler vom Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr sieht aber keinen Grund zur Panik: „Mit einer Impfung kann man sich gut schützen. Vor allem in den Risikogebieten könnten dadurch die Krankheitszahlen drastisch gesenkt werden, denn leider sind in Deutschland schätzungsweise nur rund 20 Prozent der Bevölkerung geimpft, und die Tendenz ist eher stagnierend. Dabei wird die Impfung von den Krankenkassen bezahlt und ist gut verträglich.”
Noch ist zwar nicht ganz klar, ob es sich bei der Ausbreitung von FSME nur um einen kurzfristigen Trend handelt, aber auf der Pressekonferenz in Stuttgart rechneten die drei anwesenden Experten langfristig mit einer steigenden Erkrankungsgefahr – auch außerhalb der bekannten Risikogebiete.
Weder in Deutschland noch in den europäischen Nachbarländern zeigt sich ein einheitliches Bild: Während in den südlich angrenzenden Ländern Rekordzahlen gemeldet und neue Risikogebiete ausgewiesen wurden, ist in den nördlichen Nachbarländern die Erkrankungshäufigkeit sogar zurückgegangen. „Generell beobachten wir aber seit einigen Jahren, dass sich das Risiko nicht mehr lokal eingrenzen lässt. In einigen Hotspots bleibt das Krankheitsrisiko über Jahre hinweg unverändert, in anderen Regionen nimmt es zu und wieder in anderen sogar ab. Dabei korreliert die Anzahl der Erkrankungen nicht zwangsläufig mit der Zeckenzahl”, weiß Professor Ute Mackenstedt. „Leider kennen wird die konkrete Ursache für diese Zahlen nicht”, bedauert die Zeckenexpertin.


Nicht willkommener Gast
Auch ein anderer Blutsauger breitet sich in Deutschland aus: die tropische Hyalomma-Zecke. Sie ist viel größer als der normale Holzbock und hat auffällig gestreifte Beine. Dieser Parasit wurde vermutlich über Zugvögel eingeschleppt. Er überträgt zwar keine FSME, aber verschiedene tropische Krankheiten. „Das Besondere an Hyalomma ist ihr Jagdverhalten”, beschreibt Mackenstedt weiter, „anders als unsere heimischen Zecken wie der Gemeine Holzbock klettert sie nicht an Gräsern oder Sträuchern hoch und lässt sich von Wildtieren oder Wanderern abstreifen. Hyalomma jagt ihre Beute aktiv, erkennt Warmblüter auf Distanzen von bis zu zehn Metern und kann sie über mehrere hundert Meter verfolgen.”