Pflanzenbau | 20. November 2014

Obstregion Süd bleibt weiter auf Kurs

Von Gernot Raiser
Am 17. November hat die Obstregion Süd – Arbeitsgemeinschaft Südbadischer Obsterzeuger e.V. ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert. Die Jubiläumstagung befasste sich unter anderem mit neuen, vor allem frühreifen Apfelsorten und Mutanten.
Elstar-Mutante „P. und C. Palm” (PCP), die auch im Versuchs-garten Opfingen steht.
„Ich habe schon 400 Sorten kommen und gehen sehen”, fasste Dr. Ulrich Mayr aus Bavendorf seine Erfahrungen zusammen. „Unsere Aufgabe ist es, auf interessante Sorten hinzuweisen und Daten als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung zu stellen”, unterstrich Mayr  im Namen des Kompetenzzentrums Obstbau Bodensee (KOB). Neu sei dabei die obligatorische Überprüfung unter den Anbaubedingungen des Ökolandbaus. Davon profitiere eindeutig auch die integrierte Produktion, weil hochanfällige Sorten rechtzeitig als solche erkannt würden.
Der Fachbereichsleiter Sorten und Öko-Anbau am KOB beklagte, dass immer mehr Apfelsorten über exklusive Vertriebssysteme auf den Markt drängten. „Der neutrale Prüfer wird in diesem auf Profitsteigerung in allen Segmenten angelegten System immer mehr zum Störfaktor”, hat Mayr erfahren.  Auch kämen Direktvermarkter immer seltener an neue Sorten heran.
Neue Frühsorten
Als „interessante, gesunde Frühsorte” stellte er Deljonka vor. Ihre Vorteile sind: gutes Shelf-life, ausgeglichenes Wuchsverhalten, keine Alternanz sowie ihr saftiges, knackiges und säuerliches Fruchtfleisch.
Des Weiteren könnte sich die Sorte SweeTango aus den USA zu einer Alternative zum Standard Delbarestivale entwickeln, ist der Sortenprüfer überzeugt. Er schwärmt: „Das ist ein Geschmackserlebnis.” Die Vorzüge von SweeTango entsprechen weitgehend denen von Deljonka, aber die US-Lizenzinhaber halten die Freigabe der Sorte noch zurück.
Erwähnenswert unter den neuen Birnen ist seiner Ansicht nach Dessertnaja, eine sehr frühe, wohlschmeckende Frucht für die Direktvermarktung.
Sehr frühe Apfelsorten stehen im Mittelpunkt des mit 500 Sämlingen pro Jahr vergleichsweise kleinen Zuchtprogramms bei der LVWO Weinsberg. Dr. Franz Rueß als Züchtungsverantwortlicher nannte als hoffnungsvolle Neuzüchtungen aus Weinsberg unter anderem Summerbreak, Summercrisp und Barbarossa.
Die politische Lage
Jens Stechmann, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Obstbau im Bundesausschuss Obst und Gemüse, ist überzeugt davon, dass sich die Anzahl der Obstbaubetriebe in den nächsten 20 Jahren um ein weiteres Drittel reduzieren wird. Die fortschreitende Technisierung werde Arbeitskräfte einsparen. „Die Betriebe müssen weiter wachsen oder Betriebsgemeinschaften gründen”, betonte Stechmann auf der Jubiläumstagung.  Franz Josef Müller, Präsident des Landesverbandes Erwerbsobstbau Baden-Württemberg e.V. (LVEO),  äußerte sich zum Thema Mindestlohn. „Wir rechnen mit 8,95 Euro pro Stunde. Der Mindestlohn  hätte aber 20 % niedriger ausfallen müssen, damit unsere Betriebe wettbewerbsfähig bleiben”, betonte Müller.
Die Schäden durch die Kirschessigfliege bezifferte der Präsident für ganz Baden-Württemberg  auf 2,5 bis 3 Millionen Euro im Jahr 2014. „Auch die Südtiroler wissen noch nicht allzu viel über die Biologie des Tieres”, berichtete er über die Lage jenseits der Alpen, wo der Schädling schon länger sein Unwesen treibt.  Müller appellierte an die Politik in Deutschland, Personal und Geld für die Erforschung des Schädlings und wirksamer Gegenmaßnahmen zur Verfügung zu stellen.
BLHV-Präsident  Werner Räpple gratulierte der Obstregion Süd im Namen des Bauernverbandes. „In den vergangenen 50 Jahren ist hier vieles  bewegt worden”, lobte er die Organisation. Mit Blick auf den Mindestlohn machte Räpple darauf aufmerksam, dass auf die Betriebsinhaber besondere Dokumentationspflichten zukommen. Die Arbeitszeiten der Hilfskräfte müssten zukünftig präzise erfasst werden, um sie kontrollierbar zu machen. Ob Kost und Logis vom Mindestlohn abgezogen werden könnten, sei noch nicht endgültig geklärt. „Es zeichnen sich aber Lösungen ab”, zeigte sich der Präsident zuversichtlich. Diese Themen werden in den BLHV-Versammlungen der kommenden Wochen thematisiert, stellte  er in Aussicht. Von der GAP-Reform erwartet Räpple Verbesserungen für typische kleine Obstbaubetriebe, da für die ersten Hektare eine höhere Flächenprämie ausgezahlt werden wird. Dauerkulturen seien vom Greening befreit. Die Investitionsförderung sei zukünftig möglich für Mitglieder von GMOs oder über das Agrarinvestitionsförderprogramm.
In einem weiteren Referat präsentierte Uwe Michelfelder von der LVWO Weinsberg betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse und Rechenmethoden. Ein anderes Thema der Veranstaltung war die Analytik von Rückständen im Obst.