Pflanzenbau | 23. Juni 2016

Erbsen: Auf den Vorfruchtwert kommt es an

Von von Kobylinski
Der Anbau von Futtererbsen könnte vor einem neuen Aufschwung stehen. Gründe sind die Fördermöglichkeit über Greening und Fruchtartendiversifizierung sowie der Zuchtfortschritt, eine neue Bewertung des Vorfruchtwertes und die Möglichkeit, in der Tierfütterung Soja zu ersetzen.
Alexander Heitz vom Landwirtschaftsamt Offenburg zeigt auf die Zone mit den meisten Schoten: Sie liegt deutlich höher als bei den Sojapflanzungen, was den Drusch erheblich erleichtert.
Am 14. Juni  wurden bei Hansjörg Körkel in Kehl-Bodersweier auf knapp vier Hektar neun Sorten Sommererbsen besichtigt. Die Präsentation geht zurück auf die Eiweißpflanzenstrategie des Bundeslandwirtschaftsministeriums und die Eiweißinitiative Baden-Württemberg. Der engagierte Pflanzenbauer und Saatgutvermehrer Körkel ist Mitglied im bundesweiten Netzwerk Erbse/Bohne mit 75 Demonstrationsbetrieben.
Nach Darstellung von Alexander Heitz vom Landwirtschaftsamt des Ortenaukreises ist der Erbsenanbau wirtschaftlich attraktiver, als bisher oft vermutet. Danach bietet die ZG Raiffeisen für Futtererbsen einen Erzeugerpreis zwischen 16,50 und 17,50 Euro je Dezitonne. Hektarerträge zwischen 45 und über 50 dt können als realistisch gelten. Hinzu kommen organisatorische Vorteile: Die Anbauperiode beginnt im März und endet meist Mitte August und kann somit arbeitswirtschaftlich zusammen mit dem Getreidebau erledigt werden. Somit bleibt auch zeitlich genug Luft für die Ansaat der nachfolgenden Winterfrucht oder Zwischenfrucht. 
Vorfruchtwirkung
Als wichtiger, laut Heitz bisher zu wenig beachteter Pluspunkt zählt die Vorfruchtwirkung: Zunächst kann bei der Saatbettbereitung für die Nachfolgefrucht nach der Erbse auf den Pflug verzichtet werden. Das Unkraut wurde meistens erfolgreich unterdrückt. Bodengare und Krümelstruktur sind gelockert und optimiert. Gleichzeitig wird der Aufbau stabiler Humusformen gefördert. Verbessert werden auch das Wasserspeichervermögen und die allgemeine biologische Aktivität. Aus den Rückständen der Leguminosen-Wurzelmasse und den Restknöllchen der Knöllchenbakterien verbleibt dazu für die N-Düngung ein Einsparpotenzial von 25 bis 30 kg N/ha.
Hinzu kommt, dass mit der Fruchtfolgeerweiterung die Infektionszyklen von Pflanzenkrankheiten unterbrochen werden. In engen Fruchtfolgen aus Getreide und Raps – oder Mais – ist der Erbsenanbau auch eine Art von nichtchemischer Gräserbekämpfung. Alles in allem schätzt Heitz, dass in der Winter-Folgefrucht Mehrerträge im Umfang von fünf bis 15 dt/ha  erzielbar sind, wenn Erbsen die Vorfrucht waren und nicht eine Getreideart. Der positive Effekt macht sich nach Angaben des Fachmanns bis in die zweite Nachfrucht bemerkbar, bei der noch ein Mehrertrag in Höhe von einem  bis drei Dezitonnen je Hektar zu erzielen sei.
Nach Heitz’ Berechnungen kann der kalkulatorische Vorfruchtwert von Sommererbsen zwischen 213 und 516 Euro je Hektar liegen. Durch einen so hohen Zusatzbetrag gewinnt die Kultur deutlich an Wettbewerbskraft und braucht den Vergleich mit den klassischen Marktfrüchten nicht zu scheuen. Mit ihrem Deckungsbeitrag kommt sie erstaunlich nahe an den Körnermais heran – 425 plus 213 bis 516 Euro. 
Nicht selbstverträglich
Im Gegensatz zu Mais ist jedoch die Erbse in der Fruchtfolge nicht mit sich selbst verträglich. Zwischen einem Erbsenanbau auf derselben Fläche sollte ein zeitlicher Abstand von mindestens fünf Jahren liegen. Beim Auftreten von Fußkrankheiten sollte auch bis zu zehn Jahre gewartet werden. Hinzu kommt, dass die Übertragungsgefahr von Botrytis und Sklerotinia berücksichtigt werden muss, weshalb Sonnenblumen, Raps, Tabak und Leguminosenarten als Vorfrucht zu Erbsen vermieden werden sollten.
Bei den modernen Erbsensorten wurden große Fortschritte bei der Standfestigkeit erzielt. Dazu können sie die Unkrautkonkurrenz gut unterdrücken, sobald die Reihen geschlossen sind. Einen wesentlichen Beitrag zu dieser Robustheit im doppelten Sinne leistet bei den aktuellen Sorten die Rankenbildung. Dazu nimmt das komplexe Geflecht aus Ranken und Stängeln dem Unkraut so viel Licht, dass es erfolgreich unterdrückt wird. Der Herbizideinsatz findet daher früh statt und bezieht sich hauptsächlich auf die Unkrautbekämpfung bis zum Reihenschluss, weshalb im Vorauflauf Herbizide wie Bandur, Boxer, Novitron oder Stomp Aqua zum Einsatz kommen.
Laut Alexander Heitz wird fünf bis acht Zentimeter tief gesät. Wird das angestrebte Ablageniveau exakt eingehalten, bietet das gleichzeitig genügend Sicherheit für mechanische Bekämpfungsmaßnahmen wie das Blindstriegeln. Letzteres kann nur so lange durchgeführt werden, wie die jungen Triebe noch mehr als zwei Zentimeter von der Erdoberfläche entfernt sind. Die mechanische Bekämpfung kann später, nach Erscheinen des zweiten Blattpaares, fortgeführt werden – bis zum Beginn des Reihenschlusses.
Die chemische Bekämpfung von Schadinsekten ist nicht immer erforderlich. Neben Läusen können unter anderem Blattrandkäfer, Samenkäfer und Erbsenwickler auftreten. Vor allem bei Letzterem kann der Infektionsdruck niedrig bleiben, wenn weite Abstände zu anderen Erbsenschlägen eingehalten werden.
Wenn auch auf entsprechende Pausen zwischen dem Anbau anderer Leguminosenarten geachtet wird, kann die Erbse trotzdem als Gesundungsfrucht gelten, die zudem auch wirtschaftlich attraktiv ist.
Beim Landessortenversuch hat sich im Vorjahr die erst 2013 zugelassene Sommererbsen-Sorte Astronaute als die ertragreichste erwiesen. Bei einem TS-Gehalt von 86 Prozent brachte sie ein Ernteergebnis von 57 dt/ha. Die Sorten Alvesta und Navarro kamen dieser Marke
am nächsten mit jeweils fast 56 dt/ha. Mit etwas Abstand folgten die Sorten Mythic und Salamanca mit jeweils rund 52 dt/ha.
Trotz der hohen Saatgutkosten von 98 Euro/dt entschied sich Pflanzenbauer Hansjörg Körkel für eine dichte Saat von 120 keimfähigen Körnern/Quadratmeter, um einen frühen Reihenschluss zu erreichen.