Politik | 18. August 2016

Edeka-Katalog sorgt für Kritik

Von AgE
Die Edeka-Zentrale hat einen Katalog mit Mindestanforderungen für die Haltung von Milchkühen vorgelegt. Er soll für die Milcherzeugung für Edeka-Eigenmarken gelten. Beim Berufsstand sorgt der Katalog für harsche Kritik.
Auch Vorrichtungen zur Fellpflege sollen vorhanden sein, fordert Edeka in dem Katalog.
Der Präsident des Landvolks Niedersachsen, Werner Hilse, warf dem Lebensmittelkonzern vergangene Woche vor, er wolle den Milchbauern noch mehr Lasten aufbürden, um sich selbst im untersten Preissegment bei den Eigenmarken zu profilieren. Das sei mit Nachhaltigkeit in keiner Weise zu vereinbaren, sondern stehe für Ausbeutung und Macht.
Mit ihrem sechsseitigen Forderungskatalog „an die deutschen Milchbauern” gehe Edeka weit über die gesetzlichen Bestimmungen und die bereits höheren Anforderungen im Qualitätsmanagement Milch (QM) hinaus. „Das geht gezielt gegen alle, aber insbesondere gegen kleinere und mittlere bäuerliche Familienbetriebe”, kritisierte Hilse.
Die „Kriterien für eine Weiterentwicklung des Tierwohls in der Milchviehhaltung” beziehen sich auf die Edeka-Eigenmarken. Sie gehen über die gesetzlichen Standards hinaus. Die Kriterien sehen unter anderem die Haltung der Tiere im Liegeboxenlaufstall oder ähnlichen Bauten mit Außenklimakontakt durch Offenfront und eine Mindeststallfläche von netto 9 m² je Kuh vor.
Weitere Kriterien
Ferner soll auf die Enthornung bei Kälbern verzichtet werden oder die Enthornung mit Sedierung, Lokalanästhesie und Schmerzmittelgabe durchgeführt werden. Auch die genetische Hornlosigkeit durch den Einsatz entsprechender Zuchtbullen wird genannt.  Jeder Kuh sollen mindestens ein Liegeplatz und ein Fressplatz zur Verfügung stehen.
Weitere Kriterien sind eine Trächtigkeitsuntersuchung vor der Schlachtung einschließlich Dokumentation sowie der Abschluss eines Bestandsbetreuungsvertrages mit dem Tierarzt. Außerdem werden eine tägliche Tierkontrolle einschließlich Protokollierung  sowie die Erfassung und Dokumentation tierbezogener Tierwohlindikatoren gefordert. Weitere Mindestanforderungen sind die Verwendung ausschließlich gentechnikfreier Futtermittel, der Einsatz von Antibiotika nur nach tierärztlicher Untersuchung, die jährliche Wartung der Melkanlage und die Teilnahme an der Milchleistungsprüfung.
Provokation
In einem Brief an die Edeka-Zentrale hat der Deutsche Bauernverband einen Dialog auch unter Einbeziehung von Vertretern der Milchwirtschaft angeregt. Hingewiesen wird in dem Brief auf die desaströse Marktlage mit Preisen, zu denen Milchbauern nicht nachhaltig wirtschaften könnten. Gleichzeitig begründe Edeka den Ansatz mit „nachhaltigem Handeln”. Es sei für Landwirte geradezu eine Provokation, Nachhaltigkeit zu zitieren, aber die ökonomische und soziale Lage der Milchbauern zu ignorieren.
BLHV lehnt Kriterienkatalog strikt ab
Kommentar von Dr. Martin Armbruster, BLHV
 
Eine Lanze für die Milchviehbauern brechen wollte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt,  als er dem Vorstoß des Bundesrates entschieden entgegentrat, die ganzjährige Anbindehaltung bei Milchkühen zu verbieten. Wenn der Bundesminister die EU-Hilfen von 58 Millionen Euro für die deutschen Landwirte auf 116 Millionen Euro verdoppelt, wird er ein weiteres Mal Gutes für die deutschen Milchbauern tun.
Dass die Edeka-Zentrale in Hamburg ausgerechnet in der Milchkrise Mindestanforderungen zur Haltung von Milchkühen präsentiert, die weit über das gesetzliche Niveau hinausgehen, kann dagegen nur mit Kopfschütteln kommentiert werden. Die Vorgaben sind teilweise praxisfremd und würden zusätzliche Kosten verursachen sowie mehr Bürokratie nach sich ziehen. Allein schon mit dem explizit benannten Verbot der Anbindehaltung scheint die Edeka-Zentrale in Hamburg viele kleinere und mittlere Milchviehbetriebe in Süddeutschland kaputt machen zu wollen.
Der BLHV und auch der Deutsche Bauernverband lehnen daher den vorgelegten Edeka-Kriterienkatalog strikt ab. Es bleibt zu hoffen, dass die Führung der Edeka Südwest mehr Verständnis und Einfühlungsvermögen für die Milchviehhaltung in den Mittelgebirgslagen unserer Heimatregion hat. Beim Thema Tierwohl sollte man auf sinnvollen Kompromissen aufbauen. Überprüfbare Ansätze sind das Qualitätsmanagement Milch und das Weidemilchprojekt der Schwarzwaldmilch.