Der Verein Hagelabwehr Ortenau verfügt nun über ein zweites Flugzeug. Die Verstärkung wurde maßgeblich durch das Engagement der Badischen Versicherungen (BGV) möglich.
Dabei stellte der Karlsruher Versicherungskonzern eine Bedingung: Das Stadtgebiet Karlsruhe muss dem bisherigen Einsatzgebiet angegliedert werden; dort geht es hauptsächlich um die Autos. Die von Wein- und Obstbauern gegründete Initiative bezog sich bisher auf den Flächenschutz in der Rheinebene und der Vorbergzone, insbesondere in der Ortenau, im Südteil des Kreises Rastatt und dem Stadtkreis Baden-Baden. Das Aktionsgebiet ist somit ab sofort größer, wie der Vereinsvorsitzende Franz Benz vergangene Woche bei der Vorstellung des zweiten Flugzeugs auf dem Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden erläuterte.
Stellten das zweite Flugzeug vor (von links): Frank Kasparek, die CDU-Bundestagsabgeordnete Kordula Kovac, Franz Benz und Edgar Bohn.
Räumlich ist der Zuwachs aber nicht so stark, dass damit der Vorteil eines zweiten Flugzeugs wieder aufgehoben wäre. Im Gegenteil: Das zusätzliche Flugzeug erzeugt ein großes Plus an Flexibilität. Hagelflieger-Pilot Frank Kasparek spricht auch von höherer Effektivität. Mit seinem Flugpersonal und seiner Flugtechnik ist er Dienstleister für den Verein Hagelabwehr. Mit dem zweiten Flugzeug wird für die Einsatzpiloten eine Konfliktlage abgebaut, die immer dann auftrat, wenn mehrere Gewitterzellen gleichzeitig zu bekämpfen waren.
Reicht für eine Stunde
Der Brennvorrat für den Ausstoß von Silberjodid reicht bei Volllast
für maximal eine Stunde. Für das Nachladen geht mindestens eine halbe
Stunde verloren. Der Pilot kann deshalb in einen Zwiespalt kommen: Soll
er den Ausstoß an Silberjodid drosseln, um die Hagelbildung weniger
intensiv, aber dafür länger zu bekämpfen, oder soll er auf Maximalausstoß setzen und dann die Hagelentwicklung für eine Zeit
unbeeinflusst lassen, weil am Boden nachgeladen werden muss? Gegenüber dem Vorjahr hat die Hagelabwehr Ortenau einen weiteren
Vorteil: Per Satellit können die Radarbilder der Gewitterwolken von der
Karlsruher Wetterstation direkt ins Flugzeug überspielt werden. Der
Zeitverzug des dargestellten Geschehens beträgt dabei fünf bis
maximal 15 Minuten. Weil die meisten Unwetter von Westen kommen und die
Silberjodid-Gaben im Vorfeld der Gewitterwolken ausgebracht werden,
nutzen die Hagelflieger ihren Standort Karlsruhe/Baden-Baden, um schon über Frankreich in Einsatz zu gehen. „Die Entscheidung über die
Priorität bei der Bekämpfung liegt dann beim Piloten. Die Mitgliedschaft
des BGV ändert daran nichts”, erläuterte Kasparek dazu.
Prof. Edgar Bohn von der BGV bestätigte das: „Die BGV sieht sich nur als
Vereinsmitglied und hat keinen Führungsanspruch bei der
Einsatzsteuerung”, so der stellvertretende Vorstandsvorsitzende. Das
neue Flugzeug trage nur aus Werbegründen die Farbe und das Emblem der
BGV. Bisher hatte der Verein drei Fördermitglieder, jetzt ist die BGV
als weiteres Fördermitglied hinzugetreten.
Bohn verwies auf den Klimawandel und die neuen Häufigkeiten bei den Hagelfällen. Gleichzeitig wurde das Bekämpfungskonzept des Ortenauer
Vereins zur Hagelabwehr von der Versicherungsleitung als schlüssige
und konsequente Reaktionsmöglichkeit erkannt. Allein in Freiburg
verursachte ein zurückliegender Hagelschlag Kaskoschäden zwischen fünf
und sechs Millionen Euro. „In dieser Situation einfach nichts zu machen,
ist für uns keine Alternative”, erklärte Bohn. Bisher wurden die
Hagelflieger in der Versicherungsbranche eher skeptisch beurteilt.
Für die Einsätze eines Hagelflugzeugs verlangt der Flugbetrieb von
Frank Kasparek pro Jahr einen Pauschalbetrag von 150000 Euro, egal wie
viele Einsätze dabei geflogen werden. In diesem Jahr war das Flugzeug
bis Ende Juli 15-mal zur Bekämpfung in der Luft, mehr als im gesamten
zurückliegenden Jahr. Der von der BGV eingebrachte Beitrag entspricht
zwei Dritteln der Kosten eines Hagelflugzeugs.