Land und Leute | 04. August 2016

Zweiter Hagelflieger im Badischen

Von Heinrich von Kobylinski
Der Verein Hagelabwehr Ortenau verfügt nun über ein zweites Flugzeug. Die Verstärkung wurde maßgeblich durch das Engagement der Badischen Versicherungen (BGV) möglich.
Dabei stellte der Karlsruher Versicherungskonzern eine Bedingung: Das Stadtgebiet Karlsruhe muss dem bisherigen Einsatzgebiet angegliedert werden; dort geht es hauptsächlich um die Autos. Die von Wein- und Obstbauern gegründete Initiative bezog sich bisher auf den Flächenschutz in der Rheinebene und der Vorbergzone, insbesondere in der Ortenau, im Südteil des Kreises Rastatt und dem Stadtkreis Baden-Baden. Das Aktionsgebiet ist somit ab sofort größer, wie der Vereinsvorsitzende Franz Benz vergangene Woche bei der Vorstellung des zweiten Flugzeugs auf dem Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden erläuterte.
Stellten das zweite Flugzeug vor (von links): Frank Kasparek, die CDU-Bundestagsabgeordnete Kordula Kovac, Franz Benz und Edgar Bohn.

Räumlich ist der Zuwachs aber nicht so stark, dass damit der Vorteil eines zweiten Flugzeugs wieder aufgehoben wäre. Im Gegenteil: Das zusätzliche Flugzeug erzeugt ein großes Plus an Flexibilität. Hagelflieger-Pilot Frank Kasparek spricht auch von höherer Effektivität. Mit seinem Flugpersonal und seiner Flugtechnik ist er Dienstleister für den Verein Hagelabwehr. Mit dem zweiten Flugzeug wird für die Einsatzpiloten eine  Konfliktlage abgebaut, die immer dann auftrat, wenn mehrere Gewitterzellen gleichzeitig zu bekämpfen waren. 

Reicht für eine Stunde
Der Brennvorrat für den Ausstoß von Silberjodid reicht bei Volllast für maximal eine Stunde. Für das  Nachladen geht mindestens eine halbe Stunde verloren. Der Pilot kann deshalb in einen Zwiespalt kommen: Soll er den Ausstoß an Silberjodid drosseln, um die Hagelbildung weniger intensiv, aber dafür länger zu bekämpfen, oder soll er auf  Maximalausstoß setzen und dann die Hagelentwicklung für eine Zeit unbeeinflusst lassen, weil am Boden nachgeladen werden muss? Gegenüber dem Vorjahr hat die Hagelabwehr Ortenau einen weiteren Vorteil: Per Satellit können die Radarbilder der Gewitterwolken von der Karlsruher Wetterstation direkt ins Flugzeug überspielt werden.  Der Zeitverzug des dargestellten Geschehens beträgt dabei fünf bis maximal 15 Minuten. Weil die meisten Unwetter von Westen kommen und die Silberjodid-Gaben im Vorfeld der Gewitterwolken ausgebracht werden, nutzen die Hagelflieger ihren Standort Karlsruhe/Baden-Baden, um schon über Frankreich in Einsatz zu gehen. „Die Entscheidung über die Priorität bei der Bekämpfung liegt dann beim Piloten. Die Mitgliedschaft des BGV ändert daran nichts”, erläuterte Kasparek dazu. Prof. Edgar Bohn von der BGV bestätigte das: „Die BGV sieht sich nur als Vereinsmitglied und hat keinen Führungsanspruch bei der Einsatzsteuerung”, so der stellvertretende Vorstandsvorsitzende. Das neue Flugzeug trage nur aus Werbegründen die Farbe und das Emblem der BGV. Bisher hatte der Verein drei Fördermitglieder, jetzt ist die BGV als weiteres Fördermitglied hinzugetreten. Bohn verwies auf den Klimawandel und die  neuen Häufigkeiten bei den  Hagelfällen. Gleichzeitig  wurde das Bekämpfungskonzept des Ortenauer Vereins zur Hagelabwehr von der Versicherungsleitung als schlüssige und konsequente Reaktionsmöglichkeit erkannt. Allein in Freiburg verursachte ein zurückliegender Hagelschlag Kaskoschäden zwischen fünf und sechs Millionen Euro. „In dieser Situation einfach nichts zu machen, ist für uns keine Alternative”, erklärte Bohn. Bisher wurden die Hagelflieger in der Versicherungsbranche eher skeptisch beurteilt.
Für die Einsätze eines Hagelflugzeugs verlangt der Flugbetrieb von Frank Kasparek pro Jahr einen Pauschalbetrag von 150000 Euro, egal wie viele Einsätze dabei geflogen werden. In diesem Jahr war das Flugzeug bis Ende Juli 15-mal zur Bekämpfung in der Luft, mehr als im gesamten zurückliegenden Jahr. Der von der BGV eingebrachte Beitrag entspricht zwei Dritteln der Kosten eines Hagelflugzeugs.