Tierhaltung | 06. Juli 2016

Zum 1. Juli offiziell gestartet

Von Monika Nörr, RBW
Am 1. Juli haben die Organisationen der deutschen Holsteinzucht nach intensiver Vorarbeit den Startschuss für das Projekt KuhVision gegeben.
Dieser junge Landwirt unterstützt seine Mama bei der Entnahme der Gewebeprobe für die KuhVision.
Ziele des  Projekts KuhVision sind neben dem Aufbau einer weiblichen Lernstichprobe für die Zuchtwertschätzung, die die bisherige Bullenlernstichprobe ablöst, die  Typisierung aller weiblichen Tiere der teilnehmenden Betriebe und die Erfassung von Gesundheits- und Klauendaten in diesen Betrieben. Die weibliche Lernstichprobe ist deshalb erforderlich, weil die Bullenlernstichprobe mittlerweile sehr scharf genomisch vorselektiert ist und damit immer weniger die Bandbreite der Genetik in der Gesamtpopulation repräsentiert.

 Alle DHV-Zuchtorganisationen verpflichten sich,  entsprechend ihrer Herdbuchkuhzahlen in den nächsten drei  Jahren von insgesamt etwa  100000 Kühen vollständige Datensätze vorzulegen,  das entspricht etwa fünf Prozent  der Holstein-HB-Betriebe. Ziel ist,  dass die Zucht  auch  in Zukunft in bäuerlicher Hand bleibt. Insbesondere die Erfassung der Gesundheits- und Klauendaten in den Zuchtbetrieben sollen in absehbarer Zeit Zuchtwerte für die funktionalen Merkmale sicherer machen. Zusätzlich fließen auch die Gesundheitsdaten aus früheren regionalen Gesundheitsprojekten mit ein. Unter anderem auf einer  Informationsveranstaltung am 13. Juni in Bad Waldsee  konnten sich die interessierten Mitgliedsbetriebe bereits einen Einblick über den geplanten Ablauf verschaffen.
Praktischer Ablauf
Grundlage der Zusammenarbeit von Betrieb und RBW ist ein Vertrag, der die Verfahrensabläufe für beide Seiten sicherstellt. Für jeden teilnehmenden Betrieb gibt es zudem eine Erhebung von Informationen zur Haltung, Fütterung und zum Management. Im ersten Schritt wird dann von allen weiblichen Tieren des Betriebes vom Kalb bis zur Erstkalbskuh bis zum 200. Laktationstag eine Ohrstanzprobe genommen. Später erhalten die Betriebe dann turnusmäßig Geweberöhrchen, die sie mit dem genetischen Material im mitgelieferten Umschlag an das Labor für die genomische Untersuchung senden. Die erstlaktierenden Kühe bis zum 200. Laktationstag werden von den Rinderzuchtberatern des LAZBW anhand von zur Verfügung gestellten Listen alle linear beschrieben. Tiere, die hoch testen und die Bullenmütteranforderungen erfüllen, erhalten einen Anpaarungsvertrag der RBW. Die Betriebe erfassen Diagnosen von Gesundheits- und Klauendaten, die dann elektronisch zur Zuchtwertschätzung übermittelt werden. Den teilnehmenden Betrieben wird über ein Webportal  der Zugriff auf die genetischen Informationen ihrer  eigenen Tiere  ermöglicht. 
KuhVision als Managementhilfe
Die Ergebnisse der genomischen Untersuchung und die Erfassung der Gesundheits- und Klauendaten ermöglichen den teilnehmenden Betrieben, diese Daten in ihre betrieblichen Entscheidungen mit einfließen zu lassen. So können sie entscheiden, ob bestimmte Kälber und Rinder aufgezogen oder verkauft werden sollen, welche Kühe mit Fleischrassesperma oder mit gesextem Sperma für die Erzeugung weiblicher Nachzucht besamt werden sollen oder für den Embryotransfer genutzt werden können. Durch die frühere Selektionsentscheidung können Aufzuchtkosten minimiert werden und in flächenknappen Betrieben kann das Futter effizienter verwertet werden. Außerdem wird mittelfristig die Anpaarungsplanung mit diesen genomischen Daten noch exakter, um den richtigen Anpaarungsbullen gerade auch für Jungrinder zu finden. Abstammungsüberprüfung, Erbfehler, Hornstatus und Rotfaktor sind weitere Informationen, die an die Betriebe geliefert werden. Durch das Webportal beim VIT in Verden kann der Betriebsleiter seine Tiere nach verschiedenen Kriterien sortieren und hat immer die aktuellsten genomischen Werte seiner weiblichen Tiere. Er hat somit verschiedene Analyse- und Selektionsmöglichkeiten und kann seine Daten mit den besten Betrieben vergleichen. So haben die teilnehmenden Betriebe ein effizientes Werkzeug zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Milchviehhaltung.
Gesundheitsdaten für Zuchtwertschätzung
Das Projekt KuhVision ist so ausgelegt, dass die deutschlandweit erhobenen  Gesundheits- und Klauendaten  der Kühe für die genomische Zuchtwertschätzung herangezogen werden. Die Gesundheitsdaten  werden nach dem vereinfachten Diagnoseschlüssel für neun Hauptgruppen von Erkrankungen erhoben (Erkrankungen des Bewegungsapparates, Eutererkrankungen, Fortpflanzungsstörungen, Infektionskrankheiten, Parasitenbefall, Stoffwechsel- und Verdauungsstörungen, sonstige Erkrankungen, Symptome und sonstige Störungen und Kälberkrankheiten). Damit dient die Zuchtwertschätzung auch dazu,  nachhaltig die Gesundheit und Langlebigkeit der deutschen Holsteinpopulation zu verbessern, was  eine Win-Win-Situation für die Zuchtwertschätzung und  den  Einzelbetrieb  bedeutet.