Politik | 11. August 2022

Zielbild und Konsens sind notwendig

Von AgE
Eine längerfristig angelegte Agrarpolitik fordert der Vorsitzende des Bundestagsernährungsausschusses, Hermann Färber. „Man kann nicht alle vier Jahre in eine andere Richtung laufen. Das machen die Betriebe nicht mit”, warnt der CDU-Politiker in einem Interview.
Hermann Färber (CDU), Vorsitzender des Ernährungsausschusses des Bundestags. Der Landwirtschaftsmeister und gelernte Landmaschinenmechaniker lebt in Böhmenkirch bei Göppingen.
Notwendig sei ein Zielbild für die deutsche Landwirtschaft in fünf, zehn oder 20 Jahren. „Wenn wir nicht wissen, wie Landwirtschaft künftig aussehen soll, werden wir uns schwertun, jetzt die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen”, befürchtet Färber im Interview mit dem landwirtschaftlichen Fachpressedienst Agra-Europe. Ausdrücklich würdigt er die Arbeit der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL). Ihr sei der Brückenschlag zwischen Umwelt- und Verbraucherseite sowie der Agrarwirtschaft gelungen, ohne dass sich das bislang in der Politik niedergeschlagen hätte. Er würde sich wünschen, so der Parlamentarier, „dass sich die Koalition die Ergebnisse der ZKL genauso wie die Empfehlungen der Borchert-Kommission mehr zu Herzen nimmt”.
Nicht gelten lassen will Färber das Kostenargument: Es gehe um Investitionen in die Zukunft und darum, „eine gesellschaftliche Perspektive für die landwirtschaftliche Produktion und Lebensmittelversorgung in Deutschland zu schaffen”.
Einfach „Kommando zurück” geht nicht
Nach Überzeugung des CDU-Abgeordneten fehlt es in der Landwirtschaft nicht an der Bereitschaft für Veränderungen. Die Betroffenen würden sich aber nur darauf einlassen, wenn sie damit eine verlässliche Perspektive über einen längeren Zeitraum erhielten.
Angesichts von 20-jährigen Abschreibungszeiten in der Tierhaltung könne man nicht nach fünf Jahren sagen: „Kommando zurück, im Stall muss wieder alles ganz anders werden.”
Die Grundlage für längerfristige Verlässlichkeit sieht der Ausschussvorsitzende in einem Konsens zwischen Agrarwirtschaft und Gesellschaft, für den die Zukunftskommission stehe. Wenn deren Ergebnisse nun ignoriert würden, sei das nicht nachzuvollziehen.
Ohne Umsetzung in konkrete Politik drohe eine neuerliche Polarisierung der agrarpolitischen Diskussion in Deutschland. Erfahrungsgemäß sei es keine große Kunst, die Leute auf die Bäume zu jagen. Färber: „Ein Feuer ist schnell angezündet, aber schwer zu löschen. Und es bietet keine Lösung an.”
Für nicht gerechtfertigt hält der langjährige Bundestagsabgeordnete die Kritik an fehlendem landwirtschaftlichem Sachverstand in den Parlamenten. Zwar forderten Berufskollegen immer wieder mehr Bauern im Bundestag. Wenn es aber vor Ort in den Parteien an die Nominierung gehe, sei keiner da.