Winzer kontra Wiener
Von AgE
Die Berichterstatterin des Umweltausschusses im Europaparlament, Sarah Wiener, bereitet mit ihrem jüngsten verschärften Vorschlag zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) auch den Winzern im Anbaugebiet Baden große Sorgen.
Klare Forderung aus dem Berufsstand: „Die Winzer müssen etwas gegen Peronospora und Oidium in der Hand haben, um handlungsfähig zu bleiben.”
Verbandspräsident Rainer Zeller forderte am 9. März auf der Mitgliederversammlung des Badischen Weinbauverbandes in Offenburg Landes- und Bundespolitiker auf, „solchen praxisuntauglichen Vorschlägen mit aller Macht entgegenzuwirken”.
„Am Nasenring durch die Manege gezogen”
„Es kann nicht sein, dass durch eine parteilose
Europaabgeordnete, die sich einer Fraktion angeschlossen hat, der
deutsche und europäische Weinbau am Nasenring durch die Manege gezogen
wird”, kritisierte Zeller. Die geplanten massiven Einschränkungen trügen
nicht dazu bei, die Landwirtschaft, wie von Wiener angedacht,
zukunftsfähig aufzustellen. Stattdessen werde es ein Höfesterben bei
konventionellen wie bei ökologisch wirtschaftenden Betrieben geben.
„Unter keinen Umständen” dürfe zugelassen werden, dass durch solche
Vorschläge versucht werde, die Branche zu spalten und gegeneinander
auszuspielen. „Konventionelle und Biobetriebe müssen an einem Strang
ziehen. Von gut und schlecht zu reden kann und darf es nicht geben”,
unterstrich der Verbandspräsident.
Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk lehnt den
SUR-Entwurf der EU-Kommission weiterhin ab. Dieser konterkariere den im
Bundesland mit dem Biodiversitätsstärkungsgesetz beschrittenen Weg. „Da
sind wir uns auch im Landtag und in der Landesregierung
parteiübergreifend einig”, stellte der Minister klar. Nach seiner
Einschätzung werden die von Wiener vertretenen Ansichten nicht
durchkommen.
Hauk spricht von Abwehrkampf
Der CDU-Politiker verwies dazu auf den von der Abgeordneten
im Europaparlament vorgelegten SUR-Bericht, der „so viel Kopfschütteln”
verursacht habe, dass er keine Mehrheiten finden werde. Dennoch bleibe
es ein „Abwehrkampf”.
Kritik an den SUR-Vorschlägen gab es auch parteiübergreifend von
Abgeordneten aus dem Stuttgarter Landtag. Nach Auffassung des
weinpolitischen Sprechers der Grünen-Landtagsfraktion, Reinhold Pix,
schießt das auf EU-Ebene geplante Anwendungsverbot von
Pflanzenschutzmitteln in sensiblen Gebieten komplett am Ziel vorbei. Die
Grünen-Landtagsfraktion stehe zum Biodiversitätsstärkungsgesetz, hob
Pix hervor. Dessen Ziele seien zwar ambitioniert, aber sie gäben den
Betrieben Planbarkeit. „Wir brauchen keine neuen Verbote, sondern neue
Lösungen, die uns im Weinbau und Artenschutz weiterbringen”, so der
Grünen-Politiker. Der FDP-Politiker Professor Erik Schweickert zeigte
sich wie Hauk überzeugt, dass ein Großteil der Vorschläge aus dem
Wiener-Bericht wieder einkassiert werde. Er sieht eher die Gefahr, dass
das SUR-Vorhaben deutlich abgeschwächt werde und dann in einigen Monaten
mit dem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur „der richtige Hammer”
komme. Dies sei für den Weinbau „eine viel größere Gefahr”, zumal hier
der Umweltausschuss federführend sei und eine Entscheidung nicht von
Agrarpolitikern getroffen werde.
Schulterschluss wichtig
Der Präsident des Deutschen Weinbauverbandes
(DWV), Klaus Schneider, warnte davor, nur den SUR-Entwurf im Blick zu
haben. Er machte ebenfalls deutlich, dass parallel auf EU-Ebene am
Gesetz zur Wiederherstellung der Natur gearbeitet werde. Bei SUR
erreichte Ausnahmen könnten im zweiten Gesetz wieder kassiert werden.
Schneider machte deutlich, dass nicht nur die Winzer, sondern alle
Landwirte betroffen seien. Hier sei der zugesagte Schulterschluss mit
dem Deutschen Bauernverband (DBV) sehr wichtig.
Der DWV-Präsident stellte außerdem klar, dass sich die verschiedenen
Ausrichtungen des Weinbaus nicht gegeneinander ausspielen ließen. Er
verwies auf den Wiener-Bericht, wonach in manchen sensiblen Gebieten
ökologische Pflanzenschutzmittel zugelassen werden sollen, aber nicht
die besonders gefährlichen, zu denen die Substitutionskandidaten
gehörten. „Was soll das?”, fragte Schneider. Die Winzer müssten etwas
gegen Peronospora und Oidium in der Hand haben, um handlungsfähig zu
bleiben. Das müsse auch in diesen Schutzgebietsregionen der Fall sein.
Es gebe beide Stilrichtungen, beide hätten ihre Daseinsberechtigung, und
die Branche lehne eine Zwangsverordnung klar ab.