Politik | 16. März 2023

Winzer kontra Wiener

Von AgE
Die Berichterstatterin des Umweltausschusses im Europaparlament, Sarah Wiener, bereitet mit ihrem jüngsten verschärften Vorschlag zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) auch den Winzern im Anbaugebiet Baden große Sorgen.
Klare Forderung aus dem Berufsstand: „Die Winzer müssen etwas gegen Peronospora und Oidium in der Hand haben, um handlungsfähig zu bleiben.”
Verbandspräsident Rainer Zeller forderte am 9. März auf der Mitgliederversammlung des Badischen Weinbauverbandes  in Offenburg Landes- und Bundespolitiker auf, „solchen praxisuntauglichen Vorschlägen mit aller Macht entgegenzuwirken”.
„Am Nasenring durch die Manege gezogen”
„Es kann nicht sein, dass durch eine parteilose Europaabgeordnete, die sich einer Fraktion angeschlossen hat, der deutsche und europäische Weinbau am Nasenring durch die Manege gezogen wird”, kritisierte Zeller. Die geplanten massiven Einschränkungen trügen nicht dazu bei, die Landwirtschaft, wie von Wiener angedacht, zukunftsfähig aufzustellen. Stattdessen werde es ein Höfesterben bei konventionellen wie bei ökologisch wirtschaftenden Betrieben geben. „Unter keinen Umständen” dürfe zugelassen werden, dass durch solche Vorschläge versucht werde, die Branche zu spalten und gegeneinander auszuspielen. „Konventionelle und Biobetriebe müssen an einem Strang ziehen. Von gut und schlecht zu reden kann und darf es nicht geben”, unterstrich der Verbandspräsident.
Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk lehnt den SUR-Entwurf der EU-Kommission weiterhin ab. Dieser konterkariere den im Bundesland mit dem Biodiversitätsstärkungsgesetz beschrittenen Weg. „Da sind wir uns auch im Landtag und in der Landesregierung parteiübergreifend einig”, stellte der Minister klar. Nach seiner Einschätzung werden die von Wiener vertretenen Ansichten nicht durchkommen.
Hauk spricht von Abwehrkampf
Der CDU-Politiker verwies dazu auf den von der Abgeordneten im Europaparlament vorgelegten SUR-Bericht, der „so viel Kopfschütteln” verursacht habe, dass er keine Mehrheiten finden werde. Dennoch bleibe es ein „Abwehrkampf”.
Kritik an den SUR-Vorschlägen gab es auch parteiübergreifend von Abgeordneten aus dem Stuttgarter Landtag. Nach Auffassung des weinpolitischen Sprechers der Grünen-Landtagsfraktion, Reinhold Pix, schießt das auf EU-Ebene geplante Anwendungsverbot von Pflanzenschutzmitteln in sensiblen Gebieten komplett am Ziel vorbei. Die Grünen-Landtagsfraktion stehe zum Biodiversitätsstärkungsgesetz, hob Pix hervor. Dessen Ziele seien zwar ambitioniert, aber sie gäben den Betrieben Planbarkeit. „Wir brauchen keine neuen Verbote, sondern neue Lösungen, die uns im Weinbau und Artenschutz weiterbringen”, so der Grünen-Politiker. Der FDP-Politiker Professor Erik Schweickert zeigte sich wie Hauk überzeugt, dass ein Großteil der Vorschläge aus dem Wiener-Bericht wieder einkassiert werde. Er sieht eher die Gefahr, dass das SUR-Vorhaben deutlich abgeschwächt werde und dann in einigen Monaten mit dem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur „der richtige Hammer” komme. Dies sei für den Weinbau „eine viel größere Gefahr”, zumal hier der Umweltausschuss federführend sei und eine Entscheidung nicht von Agrarpolitikern getroffen werde.
Schulterschluss wichtig
Der Präsident des Deutschen Weinbauverbandes (DWV), Klaus Schneider, warnte davor, nur den SUR-Entwurf im Blick zu haben. Er machte ebenfalls deutlich, dass parallel auf EU-Ebene am Gesetz zur Wiederherstellung der Natur gearbeitet werde. Bei SUR erreichte Ausnahmen könnten im zweiten Gesetz wieder kassiert werden. Schneider machte deutlich, dass nicht nur die Winzer, sondern alle Landwirte betroffen seien. Hier sei der zugesagte Schulterschluss mit dem Deutschen Bauernverband (DBV) sehr wichtig.
Der DWV-Präsident stellte außerdem klar, dass sich die verschiedenen Ausrichtungen des Weinbaus nicht gegeneinander ausspielen ließen. Er verwies auf den Wiener-Bericht, wonach in manchen sensiblen Gebieten ökologische Pflanzenschutzmittel zugelassen werden sollen, aber nicht die besonders gefährlichen, zu denen die Substitutionskandidaten gehörten. „Was soll das?”, fragte Schneider. Die Winzer müssten etwas gegen Peronospora und Oidium in der Hand haben, um handlungsfähig zu bleiben. Das müsse auch in diesen Schutzgebietsregionen der Fall sein. Es gebe beide Stilrichtungen, beide hätten ihre Daseinsberechtigung, und die Branche lehne eine Zwangsverordnung klar ab.