Land und Leute | 16. Juli 2015

Wie der "Ortenauer Weg" aussieht

Von René Bossert
Der Ortenaukreis will trotz Protesten an der umfassenden Trinkwasseruntersuchung für Kleinanlagen mit Abgabe an Dritte für das Jahr 2015 festhalten. Für die Jahre danach stellt er aber einen reduzierten Untersuchungsumfang in Aussicht.
Auf manche Eigenwasserversorger im Ortenaukreis kommen für dieses Jahr hohe Trinkwasser-Untersuchungskosten zu.
Diesen sogenannten „Ortenauer Weg” definiert  Landrat Frank Scherer in einem Schreiben an die Bürgermeister im Landkreis, das der BBZ vorliegt. Demnach will der Ortenaukreis 2015 eine umfassende Untersuchung vorschreiben. Die umfasst rund 50 Parameter – statt bisher 14 – und dürfte nach Schätzung des Landkreises mit 500 bis 900 Euro zu Buche schlagen.
Sie betrifft diejenigen Eigenwasserversorger, die Wasser an Dritte abgeben. Im Sinne der Trinkwasserverordnung sind das „dezentrale kleine Wasserwerke”  (siehe dazu auch BBZ 22, Seite 12). Auf eine diesjährige  umfassende Untersuchung könne nicht verzichtet werden.  Das sei  aus Betreibersicht zwar bedauerlich, aber unvermeidbar, so die  Haltung des Landrats.
Für die Jahre 2016 bis 2018 könne dann aber ein reduzierter Aufwand betrieben werden, heißt es in dem Schreiben weiter. In diesen  Jahren müssten über die  routinemäßige Jahresuntersuchung hinaus jeweils nur noch diejenigen Parameter ergänzend untersucht werden, bei denen es im Rahmen der umfassenden Untersuchung  2015 zu Grenzwertüberschreitungen kam.
 2019 müsse   wieder eine größere umfassende Untersuchung durchgeführt werden – wobei  deren  Untersuchungsumfang nach der Erwartung des Landkreises   in der Regel wesentlich geringer sein werde als bei der  Untersuchung im Jahr 2015. Dann könne nämlich  basierend auf der Datengrundlage der Untersuchungen von 2015 bis 2018  entschieden werden, welche Parameter aus fachlichen Gründen beim  einzelnen Betreiber überhaupt noch relevant sind.
Scherer  geht davon aus, dass sich mit dem  „Ortenauer Weg” die Kosten für die Betreiber nach der  umfassenden Untersuchung  2015  auf ein erträgliches Niveau reduzieren lassen und zugleich den hohen Anforderungen der Trinkwasserverordnung ausreichend Rechnung getragen werden könne.
"Äußerst komplexes Regelwerk"
Der Landkreis erläutert in dem Brief auch, warum er so vorgeht. Mit der Änderung der Trinkwasserverordnung sei  die Pflicht zur  „umfassenden Untersuchung”  im Falle der gewerblichen Nutzung neu eingeführt worden. Hierbei handle es sich um eine Rechtsverordnung des Bundes, die  auf einer EU-Richtlinie basiere. Die  Trinkwasserverordnung sei  äußerst komplexes Regelwerk, das hinsichtlich der Umsetzung viele Fragen aufwerfe.  Angesichts dessen hatte sich  der Landkreis   in den letzten beiden Jahren mehrfach an das Ministerium für Ländlichen Raum  gewandt. Aus Stuttgart seien aber bisher keine   konkreten Hilfestellungen oder Leitlinien für einen differenzierten Vollzug gekommen, auch die Ausführungshinweise des Ministeriums vom  27. Mai seien wenig hilfreich.
„Da  die Pflicht zur umfassenden Untersuchung nach der jetzt gültigen Verordnung bereits seit  Dezember 2012 besteht, ist   es für uns als zuständi-
ge Verwaltungsbehörde  nicht mehr vertretbar, weiterhin damit zu warten, ihre Beachtung sicherzustellen”, heißt es wörtlich weiter. Die Trinkwasserverordnung lasse leider nur geringe Beurteilungs- und Ermessensspielräume zu. Solche eröffneten sich – soweit überhaupt – erst dann, wenn eine entsprechende Datenlage vorliege.
Scherer kritisiert in dem Schreiben auch Bundestagsabgeordnete, die   „offensichtlich in Unkenntnis der genauen Regelungen der Verordnung allgemein von Spielräumen und Bagatellgrenzen sprechen”.
Der Landkreis empfiehlt, sich zur  Kostenreduzierung  den Sammeluntersuchungen anzuschließen, die durch einzelne Gemeinden oder den BLHV organisiert werden. Zudem sollten immer mehrere Angebote von  Laboren eingeholt werden, da die Preise für die Untersuchungen stark variieren könnten.
Gespräch geplant
Wie gehen andere Landkreise vor?
Bei einigen Landkreisen in Südbaden hat die BBZ nachgefragt und folgende Reaktionen erhalten:   Im Schwarzwald-Baar-Kreis gibt es 420 Eigenwasserversorger mit Abgabe an Dritte. Da das Ministerium der Auffassung sei, eine „umfassende Untersuchung” sei jährlich nötig, will der Landkreis im Herbst 2015 die Eigenwasserversorger anschreiben und auf die Untersuchungspflicht für 2015 hinweisen. Zuvor will er mit dem BLHV Gespräche führen. Der Kreis will das Thema mit „Maß und Mitte” angehen.
Der Kreis Breisgau-Hochschwarzwald teilt mit, dass er die Parameter anhand der örtlichen Gegebenheiten festlegt. Eine Untersuchung auf bestimmte Pflanzenschutzmittel  sei beispielsweise im Hochschwarzwald nicht sinnvoll.
Der Landkreis Rastatt verweist auf die Ausführungshinweise des Ministeriums Ländlicher Raum vom 27. Mai. Diese will er anwenden. In ihnen sei auch   ein gewisser Ermessensspielraum vorgesehen, den er ausschöpfen will.
Der Landkreis Tuttlingen will eine umfassende Untersuchung jährlich durchführen. Wenn die Überwachung  innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren zu keinen wesentlichen Beanstandungen geführt habe, könne auf Antrag die Überwachung in größeren Zeitabständen  zugelassen werden. Das Untersuchungsintervall dürfe drei Jahre nicht überschreiten.  bos