Betrieb und Wirtschaft | 09. März 2017

Wenn der Automat verkauft

Von Hans Hörl
Verkaufsautomaten sind eine Form der Direktvermarktung, die wachsende Bedeutung gewinnt. Worauf es bei dieser Verkaufsform ankommt, wurde bei einer Veranstaltung des Fachbereiches Landwirtschaft des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald in Buchenbach erklärt.
Helga Kunkel vom Beratungsdienst Endverkauf Südbaden erläuterte Vorüberlegungen beim Einrichten eines Verkaufsautomaten und gab Tipps für die Praxis. Als Gründe die Zunahme dieser Vermarktungsform führte sie an:
  • bessere Preise möglich,
  • größerer Kundenkreis erreichbar,
  • Einkaufsmöglichkeit rund um die Uhr,
  • wachsende Nachfrage nach Lebensmitteln aus der Region,
  • kurze Wege und bequemer Einkauf,
  • die Kunden wollen gesund leben und diesen Lebensstil auch zeigen oder – im Gegenteil – anonym einkaufen.
Bei der Planung seien folgende Punkte  zu überlegen: Wer sind meine Kunden, was meine Produkte?
  • Wie gestalte ich Verpackung und Etikettierung und wie groß müssen die Fächer sein?
  • Benötige ich einen Kühlautomaten?
  • Bezahlsystem: Geldscheinleser, Verkauf über Schlüssel, Scheckkarte oder Münzgeld?
  • An welche Firma wende ich mich? Wo ist der Kundendienst?
  • Wer betreut den Automaten?
  • Will ich einen 24-Stunden-Service bieten? Hier stößt man schnell an Grenzen.
 
Welche Gesetze sind zu beachten? Dazu gehören das Eichgesetz oder das Marktgesetz. Das Marktgesetz schützt beispielsweise Begriffe wie „Milchtankstelle”. Auch Frostschutzheizung oder Alarmanlage für Leerstand oder Stromausfall seien eine Überlegung wert. In einem Beispiel für einen Milch-Verkaufsautomaten kalkulierte die Beraterin für eine 20000-Einwohner-Gemeinde bei einem durchschnittlichen Milchverbrauch ein Absatzpotenzial von täglich 40 Kilogramm Milch. Ob man dieses ausschöpfen könne, hänge wesentlich vom Standort des Automaten ab. Eine Rolle spielten eine verkehrsgünstige Lage, gute Beleuchtung und Beschilderung, leichte Zugänglichkeit, Parkmöglichkeiten. Sauberkeit und ansprechendes Äußeres seien ebenso zu beachten wie die leichte Erreichbarkeit vom Hof aus. „Am günstigsten ist eine Ausrichtung des Automaten nach Nordosten, sonst treten zu hohe Temperaturunterschiede auf”, warnte Kunkel.
Den Zeitaufwand für Verkaufsautomaten sollte man nicht unterschätzen, betonte Helga Kunkel.
Im beschriebenen Beispiel kam sie zu einem jährlichen Gewinn aus dem Automaten von 4700 Euro. „Das entspricht einem Stundenlohn von 11 Euro. Der Zeitaufwand beträgt 45 bis 70 Minuten täglich und wird häufig unterschätzt”, so die Expertin. Als Anhaltswert für die Gesamtkosten empfahl sie, den doppelten Anschaffungspreis des Automaten anzusetzen. Hilfreich seien bei Milch-Verkaufsautomaten Milchtanks auf Rollen zum Nachfüllen.
Bei der Werbung sollte man alle Register ziehen! Am Automaten über den Hof informieren – und umgekehrt. Geeignet sind ein Hoffest anlässlich der Einweihung und ein Zeitungsartikel darüber, daneben Flyer.
Weitere Erfahrungen mit Verkaufsautomaten sind laut Kunkel: „Es dauert, bis die Kunden regelmäßig kommen. So ein Automat schafft Unruhe in Familie und Betrieb, zumal man den Automaten den ganzen Tag über bedienen muss. Manche Produkte müssen vorverpackt sein, aber nicht jeder Automat kommt mit einer solchen Verpackung zurecht.”
Nachfüllen kann stressig werden
Erfahrungsgemäß geht es an den Montagen ruhiger zu; die Tage von Donnerstag bis Sonntag sind dagegen stressig, weil man eventuell sogar stündlich nachfüllen muss. Das Abrechnen sei aufwendig. Wichtig sei auch eine Rufbereitschaft für Störungen. Die Nummer müsse am Automaten stehen. Bei guter Planung und Vorüberlegung sei  ein Automat lohnenswert. Mit der baurechtlichen Situation befasste sich Hans Hörl, beim Fachbereich Landwirtschaft verantwortlich für Bauen im Außenbereich. Während im Innenbereich kaum mit größeren Problemen zu rechnen sei, müsse man im Außenbereich in der Regel einen Bauantrag stellen. „Es ist denkbar, dass ein solcher Automat verfahrensfrei errichtet werden kann, aber mit einem Bauantrag wird alles rechtlich Relevante von den Behörden geprüft. Dann sind Sie auf der sicheren Seite”, meinte der Referent. „Verfahrensfrei” bedeute zudem meist nicht „genehmigungsfrei”. „Sprechen Sie im Vorfeld mit der Baurechtsbehörde”, empfahl Hörl. Eine finanzielle Förderung von Verkaufsautomaten sei bei einer Investition von 20000 Euro – ohne Mehrwertsteuer – grundsätzlich denkbar, sagte Martin Seng, Fachmann für Förderung beim Fachbereich Landwirtschaft. Die Förderung betrage 25 %  des Investitionsvolumens.
Förderung möglich
Ein guter Standort ist das A und O beim Automatenverkauf.
Er zählte einige Voraussetzungen auf: „Keine Förderung ohne Baugenehmigung, der Antrag auf Baugenehmigung und der auf Förderung sollten deshalb parallel laufen.” Die Buchführung dreier Jahre  vorzulegen, sei hilfreich. Ein Marketing- und ein Investitionskonzept seien ebenso nötig wie Vergleichsangebote der in Frage kommenden Firmen und die Finanzierung. Bei den für Diversifizierung im Regierungsbezirk Freiburg voraussichtlich verfügbaren 1,65 Millionen Euro bestünden gute Chancen auf eine Förderung. Auf die im Lebensmittelbereich einzuhaltenden Gesetze wies Dr. Elke Zimmermann von der Veterinärbehörde des Landratsamtes hin. Neben Höchstmengenverordnung für Pflanzenschutzmittel und Kennzeichnungsvorschriften nannte sie unter anderem  Lebensmittelgesetzbuch und Lebensmittelhygieneverordnung.
Personen, die mit Lebensmitteln umgehen, müssten an Hygieneschulungen teilnehmen.  Auch Tipps für Milch-Verkaufsautomaten gab sie: „Darauf achten, dass der Standort  sonnengeschützt ist. Die Milch in den Schläuchen des Automaten ist nicht gekühlt, was zu hohen Keimzahlen führen kann. Ein Rührwerk im Automaten ist vorteilhaft. Restmilch sollte nie in den Tank zurückgeschüttet werden. Auf hygienisch einwandfreie Befüllung achten und die Wasserspüleinrichtung für die Auslauftülle regelmäßig reinigen.
Wer pasteurisiert, darf auch wonanders verkaufen
Wer Milch pasteurisiert, darf sie auch außerhalb der eigenen Hofstelle vermarkten. Darauf weist die Landwirtschaftskammer Niedersachsen hin.  Die Abgabe kann, wie bei der Rohmilch, über einen Milchautomaten erfolgen. Die Investitionskosten für einen Pasteur liegen laut der Kammer zwischen 3000 und über 15000 Euro, je nachdem, ob ein gebrauchter oder neuer Pasteur gekauft wird und welche Milchmenge dieser pro Stunde verarbeiten kann. Gleiche Summen könnten für einen Milchautomaten gerechnet werden. Wer die eigene Milch selber pasteurisieren möchte, müsse dies bei der örtlichen Veterinärbehörde anzeigen. Eine Zulassungspflicht bestehe erst, wenn mehr als ein Drittel  der Produktion abgegeben werde oder die Abgabe einen Umkreis von 100 km um den eigenen Betrieb übersteige. Die lebensmittelrechtlichen Vorgaben (Tier-LMHV, VO (EG) Nr. 852/2004, VO (EG) Nr. 853/2004 usw.) müssten eingehalten werden. Außerdem sei die Vermarktung im Vorfeld mit der Molkerei abzusprechen, da meistens eine Andienpflicht für die gesamte Milch bestehe.