Pflanzenbau | 01. Dezember 2016

Weniger Chemie ist möglich, aber teuer

Von Heinrich von Kobylinski
Hackgeräte können teilweise an die Stelle des chemischen Pflanzenschutzes treten und damit der Landwirtschaft neue Wege eröffnen. Aber die Preissteigerung landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte lag in den vergangenen Jahren über der Inflationsrate und sogar über der Lohnentwicklung.
Bei der Pflanzenbautagung in Sindelfingen berichtete der Hohenheimer Doktorand Christoph Kunz über seine Pflanzenschutzversuche im Zuckerrübenanbau. Er untersuchte insgesamt neun Varianten der Unkrautbekämpfung über drei Jahre. Die Ergebnisse könnten auch eine Anregung für den Maisanbau sein.
Hackpräzision steigt
Gehackt wird in Zuckerrüben schon länger.
Deutlich wurde, dass mit den elektronischen Führungssystemen die Hackgeräte wesentlich schneller arbeiten und stressloser gefahren werden können als vordem. Zusätzlich können die Werkzeuge noch näher an die Pflanzenreihen herangeführt werden. Die Verunkrautung der Variante mit rein chemischem Unkrautschutz war im Durchschnitt nur um acht Prozentpunkte geringer als die Alternativen mit den unterschiedlichen Hackgeräten. Dabei war der Einsatz von Fingerhacke, Häufelschar oder Torsionsstriegel wirksamer als derjenige des Gänsefußschars.
Ebenso erfolgreich war die Hackgeräte-Variante mit der Führung durch ein GPS-Signal in der Genauigkeit von plus/minus 2,5 cm. Beim Verfahrensvergleich zwischen dem mechanischen und dem chemischen Pflanzenschutz gilt allerdings auch, dass grundsätzlich nur bei abgetrockneten Böden gehackt werden kann. Gleichzeitig kann der Besatz mit Kluten und Steinen dabei hinderlich werden. Für den Einsatz der Feldspritze hingegen ist grundsätzlich eine feuchtere Witterung erwünscht.
Versuchsanordnung
Christoph Kunz, Universität Hohenheim, untersuchte die Grenzen und Möglichkeiten der mechanischen Unkrautbekämpfung.
Bei den Versuchen wurde im Frühjahr, zu Beginn des Kulturpflanzenwachstums, auf einen ersten, mechanischen Hackvorgang verzichtet. Stattdessen wurde der Jungbestand durch eine chemische Nachauflaufmaßnahme geschützt. Bis zum Reihenschluss gab es drei Hackdurchgänge.
Einen Sonderstatus hatte die Versuchsvariante mit einer anfänglichen Bandspritzung (siehe Tabelle): Die nachfolgenden Einsätze der Hackwerkzeuge erfolgten „intra row”, das heißt, kameragesteuert innerhalb der Reihe. Die Arbeitsgeschwindigkeit blieb dabei zwar niedrig, der Arbeitsvorgang selbst aber erweis sich als effizient: Mithilfe der Intra-row-Hacke konnten 80 Prozent des Herbizideinsatzes eingespart werden. Dennoch konnte die Flächenleistung der 27-Meter-Spritze nicht annähernd von der zwölfreihigen Hackmaschine erreicht werden. Theoretisch schafft die Spritze 18 Hektar pro Stunde. Mit der zwölfreihigen Hacke hingegen waren kaum mehr als zwei Hektar pro Stunde möglich. Dafür haben die Zuckerrüben alle Hackdurchgänge unversehrt überstanden. Laut Kunz wird sich die überwiegend nicht-chemische Unkrautkontrolle überall dort  zu einer interessanten Alternative entwickeln, wo es die arbeitswirtschaftlichen Voraussetzungen zulassen. Weitere Verbesserungen bei der Hacktechnik und deren Steuerung hält er für wahrscheinlich.
Maschinen sind teuer
Joachim Riedel, Betriebswirtschaftliches Büro Göttingen, analysierte Maschinenkosten und Risiken von Kooperationen.
Joachim Riedel, landwirtschaftlicher Berater beim Betriebswirtschaftlichen Büro in Göttingen, zeigte als Referent der Pflanzenbautagung auf, dass die Preisentwicklung der landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte über der Inflationsrate und sogar noch über der Lohnentwicklung liegt (siehe Tabelle).
Nach Auswertung der betriebswirtschaftlichen Daten seiner westdeutschen Ackerbaubetriebe stellte er fest, dass sie pro Hektar eine jährliche Kostensteigerung von vier Prozent bewältigen müssen. Wegen der hohen technischen Fortschrittsrate haben sich dabei die Maschinen zu einem der wichtigsten Kostentreiber entwickelt. Laut Riedel stiegen die Maschinenkosten um 500 Euro je Hektar seit 2005. Viele Landwirte versuchen, diesen Trend durch höhere Maschinenauslastung auszugleichen, entweder durch eigenbetrieblichen Flächenzuwachs oder durch überbetriebliche Kooperation. Nach den Daten des Göttinger Beratungsbüros können die betreuten Landwirten tatsächlich mittels besserer Auslastung einen Ausgleich der Kostensteigerungen erwirtschaften – bis zu 50 Prozent.
 
Fallstricke bei Kooperationen
In jeder Variante einer Kooperation muss ein Stück Eigenständigkeit geopfert werden. Riedel empfiehlt generell eine sorgfältige Vorbereitung einer Partnerschaft und eine strikte Unterscheidung nach Art und Umfang. Die einfachste Art ist das gegenseitige Ergänzen oder Aushelfen. Wenn zwei bis drei involvierte Akteure gut zueinander passen, bleibt nach Riedels Beobachtung der Abstimmungsbedarf und auch der Finanzierungsbedarf überschaubar, besonders dann, wenn man die betroffenen Flächen kennt. Etwas anders ist die Situation, wenn zwei Landwirte sich gemeinsam eine Spezialmaschine kaufen, beispielsweise einen Mähdrescher: Riedel empfahl für die Nutzungszeit der Maschine und deren Kosten einen jährlich anpassbaren Verteilungsschlüssel, weil die Betriebe im Lauf der Zeit unterschiedlich wachsen und sich auseinanderentwickeln können.
Das größte Konfliktpotenzial liegt laut Riedel dann bei der Unklarheit über den Umfang und die Verteilung von stillen Reserven. Wenn der Mähdrescher beispielsweise seine buchungstechnische Nutzungsdauer erreicht hat, aber in Wirklichkeit trotzdem noch einen (beachtlichen) Verkehrswert hat. Einigkeit sollte auch über die Konsequenzen von Wetterereignissen herrschen. Insbesondere wenn der nachfolgende Partner ein deutlich feuchteres Getreide ernten musste als derjenige, der vom sofortigen und trockenen Drescheinsatz profitieren konnte.
Beispiel Düngerstreuer
Am Beispiel der partnerschaftlichen Investition in die GPS-gestützte Mineraldüngerausbringung in Kombination mit einem N-Sensor stellte Riedel im Rückblick fest, dass Düngerstreuer bisher selten ausgelastet waren. Der überbetriebliche Einsatz der Maschine erfordert aber viel gegenseitiges Vertrauen und viel Abstimmung. Für den Fall, dass zum Beispiel bei Lohnarbeiten durch Ausbringungsfehler große Schäden entstehen, sollte die Gesellschaftsform einer GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) favorisiert werden. Damit wäre gewährleistet, dass die Gesellschafter nicht mit ihrem ganzen Vermögen, sondern nur noch bis 25 000 Euro haften, der Höhe ihres Einlagekapitals. Ein derartiger Schutz sei bei einer GbR nicht gegeben. Außerdem habe diese Gesellschaftsform beim Ausscheiden eines Mitglieds weitere Tücken. Laut Riedel sollten auch Betriebsgemeinschaften in Vollkooperation an die GmbH als mögliche Gesellschaftsform denken.
Bei Partnerschaften in Form von zehn bis 20 Mitgliedern, beispielweise in Form einer Rübenrodegesellschaft, wird laut Riedel eine starke Geschäftsführung notwendig. Die Maschinen befinden sich meist im Eigentum der Gesellschaft und die Anteile an der Gesellschaft sollten fix bleiben. Auch abzurechnen sei nach festen Vereinbarungen. Sollten Gesellschaftsmitglieder ausscheiden, müssten sie vorher wissen, dass sie an den stillen Reserven des Gesellschaftseigentums nicht teilhaben können. „Für fast jede partnerschaftliche Konstellation gibt es eine passende Gesellschaftsform”, fasste Riedel abschließend zusammen. Mögliche Probleme und deren Regulierung sollten möglichst schon im Vorfeld der Gesellschaftsvereinbarung geklärt werden. Eine gründliche Vorbereitung nehme oft ein Jahr und mehr in Anspruch.