Politik | 10. Dezember 2020

Wenig Begeisterung über Geld von Lidl

Von AgE/Gabriele Hennicke
Nach etlichen medienwirksamen Lagerblockaden und Demonstrationen von Landwirten vor Filialen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) hat die Schwarz Gruppe, zu der auch der Dicounter Lidl gehört, bei der Bundesregierung dringenden Gesprächsbedarf angemeldet.
Bei einer Videokonferenz mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner am 3. Dezember wurde  auch über konkrete Hilfen für die von Corona und Afrikanischer Schweinepest (ASP) gebeutelten Tierhalter gesprochen. Die Schwarz Gruppe möchte offenbar hierbei mit gutem Beispiel vorangehen und will der Initiative Tierwohl (ITW) im kommenden Jahr 50 Millionen Euro zur Verfügung  stellen. Beim Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, und dem agrarpolitischen Sprecher der FDP-Fraktion,  Gero Hocker, stieß der Handelskonzern damit aber auf wenig Begeisterung. Auch Klöckner will das angespannte Verhältnis zwischen Erzeugern und den Lebensmittelketten auf andere Weise verbessern.
Nach ihrer Überzeugung geht es bei den aktuellen Blockaden von Warenlagern und Demonstrationen von Landwirten letztlich um mehr Wertschätzung für die Lebensmittel und um Preise, die den Bauern eine entsprechende Wertschöpfung ermöglichen. Die Ministerin setzt deshalb auf eine unmittelbare Verständigung zwischen Handel und Landwirtschaft. Eine Möglichkeit hierfür sieht sie in der Einführung eines Verhaltenskodexes, mit dem sich der Handel eigene Regeln für ein faires Miteinander gibt. Diesen Ansatz schlug Klöckner auch den Teilnehmern der Videokonferenz vor. Darüber hinaus hält die CDU-Politikerin es aus Verbrauchersicht für sinnvoll, wenn auf den Verpackungen der Anteil vermerkt wäre, der vom Verkaufspreis an die Bauern geht. „Solche Initiativen gibt es bereits; die sollte der Handel breiter aufgreifen”, empfahl die Ministerin.
In einem Schreiben an Branchen- und Verbandsvertreter des Handels und der Landwirtschaft sowie an die Landwirtschaftsministerin hatte der Chef der Schwarz Gruppe, Klaus Gehrig, zuvor dafür plädiert, pragmatische und unbürokratische Lösungen zu verfolgen, um für die Landwirte eine Verbesserung der Situation zu erzielen. Nach Gehrigs Worten kann „nur ein gemeinsames Vorgehen von Produktion, Verarbeitung, Handel und Politik zum Erfolg führen”. Er stellte zudem klar, dass sein Unternehmen die grundsätzlichen Gesetzesinitiativen gegen unfaire Handelspraktiken mittrage.  Die Schwarz Gruppe sehe sich als Partner der heimischen Landwirtschaft.
Andauernder Preiskampf
Wie Rukwied mit Blick auf die 50-Millionen-Euro-Offerte der Schwarz Gruppe feststellte, ist den Landwirten mit einer „netten Geste” nicht geholfen. Er wies darauf hin, dass die deutschen Bauern diesen Betrag wegen des andauernden Preiskampfs im Lebensmitteleinzelhandel fast wöchentlich verlören. „So ein Trostpflaster reicht bei Weitem nicht aus, um die grundsätzlichen Probleme zwischen Landwirtschaft und dem gesamten Lebensmitteleinzelhandel zu lösen”, stellte Rukwied klar.
Aldi reagiert
Wie die Lebensmittelzeitung online zu Wochenbeginn berichete, haben sich Aldi Nord und Aldi Süd in einem Telefonat mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner  freiwillig zur Einhaltung aller Vorgaben der EU-Richtlinie „gegen unfaire Handelspraktiken” (UTP) verpflichtet. Zudem befürwortet der Discounter dem Bericht zufolge einen Aktionsplan für ein „FairTrade für die heimische Landwirtschaft”. Schwarz-Chef Klaus Gehrig kündigte derweil weitere Unterstützung für die Bauern durch Lidl an.
Bauern protestieren vor Warenlagern – auch in Südbaden
Am Montagabend gegen 20.30 Uhr fuhren Bäuerinnen und Bauern aus Südbaden mit rund 60 Traktoren beim Lidl-Logistikzentrum im Gewerbepark Eschbach vor. Die Aktion dauerte bis spät in die Nacht.
Die Proteste von Landwirten gegen die aus ihrer Sicht unfairen Handelsbedingungen und zu niedrigen Erzeugerpreise reißen nicht ab. Seit Montag haben Bauern in mehreren Bundesländern wieder zahlreiche Warenläger des Lebensmitteleinzelhandels mit Schleppern blockiert und lautstark auf ihre prekäre Situation aufmerksam gemacht.
Organisiert von der Initiative „Land schafft Verbindung” fanden solche Blockadeaktionen vor Aldi- und Lidl-Zentrallagern im ganzen Bundesgebiet  statt. In Südbaden blockierten Landwirte  am Montagabend mit etwa 60 Traktoren die beiden Eingänge des Lidl-Logistikzentrums im Gewerbepark Eschbach. Zu der nicht angemeldeten Aktion kamen Landwirte  vor allen Dingen aus dem  Markgräflerland, vereinzelt auch von Kaiserstuhl und Tuniberg sowie aus dem Dreisamtal.
Vertreter der Bauern äußerten ihre Forderungen gegenüber dem Leiter des Verteillagers, der sich dem Gespräch mit den Landwirten stellte. In Absprache mit ihm und der Polizei wurde etwa jede halbe Stunde den bis dahin angesammelten Lkw die Zufahrt zum Lager ermöglicht. Um 0.30 Uhr wurde die Aktion schließlich abgebrochen. Weitere Aktionen im Land sind geplant, wie es heißt.