Politik | 30. Juli 2020

Weitgehende Zufriedenheit

Von red/enz
Die Zustimmung des Landtags zum Gesetzentwurf zur Änderung des Naturschutzgesetzes und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes (Biodiversitäts-Stärkungsgesetz) haben neben dem BLHV die beteiligten Ministerien, Landespolitiker, Umweltverbände und weitere Organisationen kommentiert.
Die Minister Hauk und Untersteller messen dem Biodiversitäts-Stärkungsgesetz richtungsweisende Bedeutung für ganz Deutschland zu.
Landesumweltminister Franz Untersteller sieht gegenüber der Presse jetzt den Weg frei für die rechtlich verbindliche Stärkung der Biodiversität im Land. Den 22. Juli, Tag der Gesetzeszustimmung im Landtag, bezeichnete er als besonderen Tag:  „Im Einklang mit Naturschutz- und Landwirtschaftsverbänden haben wir  ein Gesetzespaket beschlossen, das sich wirklich sehen lassen kann. Ich bin überzeugt, dass es nicht nur landesweit große Beachtung finden, sondern auch auf Bundesebene richtungsweisend sein wird.”
Untersteller „froh und stolz”
Er sei froh und auch stolz auf den erzielten gesamtgesellschaftlichen Konsens und die Bereitschaft aller Beteiligten, die Herausforderungen des Artensterbens im Dialog miteinander anzugehen, sagte Untersteller.
Das Umweltministerium macht noch einmal auf wesentliche Punkte der Gesetzesnovellen aufmerksam:
  • Ausbau des Anteils der ökologischen Landwirtschaft auf 30 bis 40 Prozent bis zum Jahr 2030
  • Reduktion der chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel um 40 bis 50 Prozent bis 2030
  • Umsetzung des Verbots von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln in ausgewiesenen Naturschutzgebieten und Einhaltung der landesspezifischen Vorgaben des Integrierten Pflanzenschutzes in den übrigen Schutzgebieten
  • Aufbau eines landesweiten Biotopverbunds auf 15 Prozent der Landesfläche bis 2030
  • Erhalt von Streuobstbeständen
  • Verbot von Schottergärten auf Privatgrundstücken
  • Minimierung der LichtverschmutzungSchaffung von Refugialflächen auf zehn Prozent der landwirtschaftlichen Flächen
Auch Landwirtschaftsminister Peter Hauk begrüßte die „unter breiter gesellschaftlicher Beteiligung auf den Weg gebrachten Gesetzesänderungen zur Stärkung der biologischen Vielfalt”.
Hauk würdigt Bauern und Volksantrag
„Dabei bedanke ich mich vor allem bei unseren Bauern und ihren Berufsständen, die sich mit Engagement und guten Argumenten an dem Prozess beteiligt haben und nicht zuletzt mit ihrem Volksantrag wichtige Impulse geliefert haben”, sagte Hauk.
Ein wichtiger Punkt der Gesetzesänderungen sei die Lastenverteilung auf praktisch alle gesellschaftlichen Bereiche. Es seien eben nicht nur die Landwirte, die einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt zu leisten hätten. Vielmehr sei jeder gefordert, sich einzubringen. „Mit Blick auf die Landwirtschaft arbeiten wir nicht mit Druck und Ordnungsrecht, sondern setzen gezielt Anreize, um die gesetzten Ziele zu erreichen”, erklärte Minister Hauk.
Blaupause für den Bund
Das gemeinsame Vorgehen von Landwirtschafts- und Umweltministerium in Baden-Württemberg sei bislang bundesweit einmalig. „Der Weg, wie wir unsere Ziele erreichen wollen, könnte auf Bundesebene ein Vorbild für Bundeslandwirtschafts- und Bundesumweltministerium sein. Ich schlage dem Bund vor, unserem Beispiel zu folgen, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und gemeinsam nach tragfähigen Lösungen zu suchen, die auf gemeinsamen Zielvereinbarungen und nicht auf Geboten und Verboten beruhen”, betonte Minister Hauk.
Mit Blick auf den Klimawandel stehe die Gesellschaft und mit ihr die Landwirtschaft vor großen Herausforderungen. Fragen des 21. Jahrhunderts erforderten auch Antworten des 21. Jahrhunderts, so der Minister. „Wir müssen weiter offen sein bei Fragen des integrierten Pflanzenschutzes, der Digitalisierung und der Forschung. Auch, wenn es um neue Züchtungstechniken geht, müssen wir die Chancen ausloten, die sich dort bieten”, betonte der Minister.
Hahn: nächster Schritt Gesellschaftsvertrag
„Wir haben bessere Voraussetzungen für das Überleben von Insekten und Vogelarten geschaffen und wir haben die Landwirtinnen und Landwirte als Partnerinnen und Partner für unser großes gesamtgesellschaftliches Projekt gewonnen”, betonte der Landtagsabgeordnete Martin Hahn als agrarpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Der nächste Schritt werde sein,  nun einen neuen Gesellschaftsvertrag zu erarbeiten, der Ernährung, Konsum, Landwirtschaft und Naturschutz zukunftsfähig miteinander verbinde. Hahn spannte zudem den Bogen auf die europäische Ebene: Ein weiterer zentraler Baustein sei nun, auf Basis des europäischen Green Deals und der Farm-to-Fork-Strategie die europäische Agrarpolitik zukunftsfähig zu gestalten und mit neuen Werkzeugen wie zum Beispiel  den Eco-Schemes Bäuerinnen und Bauern für gesellschaftliche Leistungen zu entlohnen. In einer gemeinsamen Pressemitteilung  begrüßen die Landesverbände von BUND, NABU, Demeter, Naturland, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Slow Food Deutschland und Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall die  vom Landtag verabschiedeten Änderungen des Naturschutzgesetzes sowie des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes.
„Uns fällt ein Stein vom Herzen – der Schutz der Biodiversität hat einen starken Anker im Landesgesetz erhalten. Wir danken der Landesregierung und den Abgeordneten des Landtags, dass sie ihre Zusagen eingehalten und das Biodiversitäts-Stärkungsgesetz noch vor der Sommerpause nahezu unverändert verabschiedet haben”, kommentiert der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle.
Die genannten Verbände betonen, künftig sehr genau darauf zu achten, ob die Förderpolitik sich weg von Größe und Masse hin zu kleineren, regionalen und nachhaltigen Strukturen verschiebe.
Auch der Landesjagdverband Baden-Württemberg begrüßt weitgehend die Entscheidung im Landtag, gießt aber auch etwas Wasser in den Wein, indem er anmerkt, dass die im Bioanbau verstärkt notwendige mechanische Bodenbearbeitung zu höheren Brut- und Jungtierverlusten in den Feldern führen werde. „Dies zeigen Erfahrungen aus Revieren mit Bioanbau”, so der Landesjagdverband.