Land und Leute | 21. Februar 2019

Weidelgras schläft bei Trockenheit

Von Rita Bolkart
Was ist zu tun, wenn trockene Sommer auch im Schwarzwald zunehmen? Martin Elsäßer vom Landwirtschaftlichen Zentrum Aulendorf erläuterte bei einer BLHV-Kreisversammlung in St. Georgen-Brigach Anpassungsstrategien.
Den Sommer 2018 kennzeichnete laut Elsäßer eine „richtig schwere, tiefe Dürre”,  die sich bis zum 1. Dezember nicht verbesserte. Das Grünland regiere für diesen von Menschen gemachten Klimawandel zu langsam, das Tempo der Veränderungen überfordere die Anpassungsfähigkeit der Pflanzen. Der Trend zu Hitzesommern nehme eindeutig zu.  
Als Sofortmaßnahme riet Elsäßer zur Kontrolle der Grasnarbe, sobald der Schnee von den Wiesen ist. Bei mehr als 20 Prozent Verluststellen sollte eine Übersaat erfolgen und auch gepflegt werden, ehe Tiefwurzler wie der Ampfer sich breitmachten. Den Trockensommer 2018 hätten die kräuterreichen Wiesen mit am besten überstanden.
Allerdings sollte die Übersaat nicht zu früh erfolgen. Aber die Landwirte können sich schon jetzt über die geeigneten Saatgutmischungen informieren und bestellen, empfahl er. Als gut hitzeverträglich haben sich in den Feldversuchen Luzerne, Knaulgras und Rotschwingel erwiesen. Luzerne macht auf den sauren Schwarzwaldböden keinen Sinn und die beiden Gräser stehen nicht unbedingt ganz oben auf dem Fresszettel des Rindviehs, schränkte er ein.
Clemens Hug (links), Mitglied im Villinger BLHV-Kreisvorstand. freute sich, dass mit Martin Elsäßer ein ausgewiesener Grünlandexperte in den Schwarzwald gekommen war.

 Erstaunlich gut habe nach Regengüssen das Deutsche Weidelgras reagiert, auch wenn es davor einen abgestorbenen Eindruck vermittelt habe. Das Weidelgras verfalle bei Trockenheit in eine „Schlafphase”, treibe aber am schnellsten wieder aus, wenn die Gegebenheiten stimmen.
Tiefwurzler
Für den Schwarzwald bezeichnete er das Weidelgras und den Tiefwurzler Rotklee in Verbindung mit Kräutern für künftige Hitzeperioden als Option. In Saatgutmischungen sollten die Landwirte auf den Anteil von Leguminosen, Weidelgras, Wiesenrispe und auch Knaulgras achten. „Mischungen werden künftig besser sein als Reinkultur”, so sein grundsätzlicher Rat.
Elsäßer warnte vor Überweidung und erinnerte daran, dass im unteren Pflanzenschaft die Energiereserven der Pflanze lägen. Bei bodennaher Beweidung dauere es mindestens bis nach dem ersten Aufwuchs im kommenden Jahr, ehe sich die Pflanze regeneriere. Als Folgerung für die Weidewirtschaft gelte es, die Weideintensität und den Viehbesatz anzupassen. Allerdings erwähnte er auch die Schattenseite dieser Anpassung. Noch kleinere Herden im Schwarzwald bedrohten die Existenz der bäuerlichen Betriebe.
Als Strategie für die Zukunft brachte er frühere Sorten ins Gespräch. Sie könnten früher den ersten und zweiten Schnitt ermöglichen. In den vergangenen Hitzesommern war die Hauptwachstumsphase in Mai und Juni. Danach stagnierte das Wachstum. Was in die Notreife gehe, bilde nicht mehr Masse. „Da kommt nichts mehr, das kann geschnitten werden”, stellte er klar.
Verstärkter Humusaufbau erhöhe die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens und sei Zukunftsaufgabe. Weitere zukunftsorientierte Maßnahmen seien, Bodenverdichtung zu vermeiden und die Düngung anzupassen. Bei einem entsprechenden Leguminosenanteil reiche organischer Wirtschaftsdünger aus. Mineralische Stickstoffgaben brächten keinen entscheidenden Fortschritt, beschrieb er Versuchsergebnisse.