Wegweiser für umstellungswillige Landwirte
- Lust auf Neues. Ökolandwirtschaft ist nicht einfach nur der Verzicht zum Beispiel auf bestimmte Pflanzenschutzmittel, sondern es handelt sich um ein im Ganzen anderes Produktionssystem, das auch „weiche” und persönliche Aspekte wie Familie und Partnerschaft mit einschließt.
- Mut zur Veränderung. Tierhaltung, -fütterung und -gesundheit, Düngung und Pflanzenschutz, Fruchtfolgen und Bodenbearbeitung laufen nach der Umstellung deutlich anders als vorher.
- Offenheit gegenüber Berufskollegen. Da für den Erfolg in ökologischen Produktionssystemen breit aufgestellte, fundierte und vor allem auch ständig aktualisierte Fachkenntnisse Voraussetzung sind, ist der Austausch mit anderen Praktikern besonders wichtig. Es ist üblich, sich fachlich auszutauschen und auch sich gegenseitig zu helfen.
- Freude an einer aktiven Vermarktung. Für Ökolandwirte ist es deutlich wichtiger als für ihre konventionellen Kollegen, sich um die Absatzkanäle für ihre Produkte zu kümmern. Das beinhaltet ein aktives Suchen nach und Zugehen auf Vermarktungspartner. Kreative Ideen spielen dabei eine nicht geringe Rolle. Dieser Aspekt sollte nicht als lästige Pflicht, sondern als willkommene Herausforderung empfunden werden.
- Das Büro im Griff haben. Im Ökolandbau ist der bürokratische Aufwand nicht kleiner, sondern größer als im konventionellen Bereich. Verträge, Dokumentationen, Zertifikate, Fristen und nicht zuletzt die Förderung machen die Leitung eines Betriebes zu einer anspruchsvollen Aufgabe.
2019 ging nur bei Biobrot die verkaufte Menge um 4,3 Prozent zurück, alle anderen Produkte sind – meist im zweistelligen Bereich bis zu 18 Prozent – gewachsen.
Schaack verwies in Rastatt darauf, dass seit 2000 die Anbaufläche der ökologisch wirtschaftenden Landwirte in Deutschland von 546000 auf 1.622.000 ha gestiegen ist. Es handelt sich mit rund 600.000 ha vor allem um EU-Bio-Betriebe, gefolgt von 450.000 ha Bioland-Fläche. 93.000 ha werden nach Demeter-Richtlinien bewirtschaftet, um nur einige Zahlen zu nennen. Dennoch überwiegen die Importe bei weitem im Vergleich zur heimischen Erzeugung. Schaack plädiert in diesem Zusammenhang für die Einführung eines Logos „Bio aus Deutschland”.
Bio-Eier sind bei den Verbrauchern besonders beliebt, sie machen 14 Prozent des Gesamtmarktes aus. Es folgen Milch, Speiseöl und Frischgemüse mit rund zehn, neun und acht Prozent. „Bio-Hafer ist ein Produkt mit Zukunft”, ist die Marktexpertin überzeugt. Der Konsum steige, aber bisher werde viel Ware importiert, obwohl die Vermarkter gerne auf heimische zurückgreifen würden.
Bei der Erzeugung von Bio-Milch liegt Bayern unangefochten an der Spitze mit 523 Millionen Kilogramm im Jahr 2019. An zweiter Stelle behauptet sich Baden-Württemberg mit 159 Millionen Kilogramm. Die anderen Bundesländer liegen im zweistelligen Bereich und fallen insgesamt deutlich ab. Bio-Milch und Bio-Milchprodukte sind ein Renner mit Steigerungsraten von über zehn bis über 30 Prozent im Jahr 2019 – verglichen mit 2018.
Um das für die Bodenfruchtbarkeit und die Nährstoffversorgung unverzichtbare Kleegras ohne Milchviehhaltung sinnvoll verwerten zu können, hat Holland eine Biogasanlage gebaut.
Der Landwirt betonte in Rastatt, dass ökologisch wirtschaftende Betriebe ein besonderes Augenmerk auf ihre Nährstoffbilanz haben müssten. Wirklich geschlossene Stoffkreisläufe seien hier genauso wenig möglich wie im konventionellen Bereich. Mit den Produkten fließen ständig Nährstoffe aus den Betrieben ab, die irgendwie ersetzt werden müssen, wenn die Böden nicht auf Dauer verarmen sollen.
- Umstellung vor acht Jahren – Eckdaten des Betriebes Back: keine Viehhaltung, 220 ha Ackerbau – 120 ha bewässerungsfähig – 50 ha Grünland für Pferdeheu und Silage; 40 ha Sojaanbau für die Firma Tajfun/Tofuherstellung, 15 bis 20 ha Körnermais. Dritte Hauptkultur sind Sonnenblumen auf leichteren Standorten. Dinkel, Winterweizen, Hafer, Erbsen. Heterogene Bodenverhältnisse im Rheingraben.
- Ungewöhnlich für einen Biobetrieb: Back baut kein Kleegras an und kann deshalb die ganze Betriebsfläche für den Anbau von Marktfrüchten nutzen. Wie geht das? Die Zufuhr von Stickstoff und anderen Nährstoffen ist über Biogasgülle – 25 m3/ha, rund vier Prozent Gesamtstickstoff – und Kompost gesichert.
- Nehmen durch den Herbizidverzicht Unkräuter zu? Ungräser wie Ackerfuchsschwanz und Hirsen sind nach Aussage von Back – auch wegen der vielen Sommerungen – kein Problem. Wo möglich, wird gestriegelt. Mais, Soja und Sonnenblumen werden mit einer kameragesteuerten Fingerhacke zwei- bis dreimal bearbeitet. Disteln werden durch die Verwendung von fast horizontal schneidenden Flügelscharen klein gehalten.
- Wie ist die Marktlage für ökologische Pflanzenprodukte? Back zeigt sich mit den Erzeugerpreisen seit der Umstellung recht zufrieden. Essenziell für eine erfolgreiche Vermarktung sei jedoch das Vorhandensein von Kapazitäten am Hof, um nach der Ernte zwischenlagern, trocknen und reinigen zu können, was auf seinem Betrieb der Fall sei.
- Worauf kommt es beim Stallbau an? 90 Prozent aller Bio-Schweineställe sind Umbaulösungen. Bei Naturland stehen einem Schwein bis 110 Kilogramm 2,3 Quadratmeter inklusive eines Quadratmeters Auslauf zu.Für Baden-Württemberg gilt: 25 Prozent des Auslaufs müssen unüberdacht sein. Im Innenbereich darf die Hälfte der Fläche mit Spalten bedeckt sein, im Außenbereich sind es nur fünf Prozent.
- Wie vermarktet man die Bio-Schweine am besten? Ein fester Vertrag, eine feste Laufzeit und ein fester Preis: Das ist laut Kozel notwendig, um in die ökologische Schweinehaltung einzusteigen. Grundsätzlich gibt es die Möglichkeit, über Vermarktungsgesellschaften zu verkaufen. Landwirte, die direkt vermarkten wollen, bezahlen lediglich eine Lizenzgebühr für das Verbandssiegel von Naturland.
- Ist die Freilandhaltung eine Alternative? Für die Freilandhaltung braucht es vor allem eine große Fläche und am besten sandige Böden. Außerdem ist ein dreifacher Zaun aus tierseuchenrechtlichen Gründen Pflicht. Bei Naturland sind alle Entwurmungsmittel zugelassen.
- Wo liegen die Knackpunkte in der Sauenhaltung? Durch die längere Säugezeit von 40 Tagen werfen die Sauen nur knapp zwei Mal im Jahr. Daraus ergeben sich durchschnittlich 18,3 verkaufte Ferkel pro Sau und Jahr.
- Pro Bio-Zuchtsau muss man durchschnittlich mit 32 Arbeitskraftstunden jährlich rechnen. Ein vollautomatischer Zuchtsauenstall kann den Arbeitszeitbedarf um gut 50 Prozent verringern, ist in der Anschaffung aber deutlich teurer.
- Wie geht Naturland mit den Themen freie Abferkelung und Ferkelkastration um? Für die freie Abferkelung spielen Genetik, Platzangebot und die Einhaltung der Klimazonen innerhalb des Stalls eine wichtige Rolle. Naturland ist offen gegenüber allen vier Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration. Es empfiehlt sich, die Entscheidung mit dem Vermarkter abzusprechen.