Pflanzenbau | 23. Januar 2020

Wasser speichern durch Bodenaufbau

Von Dr. Sebastian Messerschmid
Wie kann sich die Landwirtschaft an die immer häufiger auftretende Trockenheit und Hitze anpassen? Das war Thema einer Veranstaltung, die jedes Jahr an der Universität Hohenheim stattfindet. Der spannendste Beitrag kam wieder einmal von Praktikerseite.
Möglichst vielfältige Mischungen von Zwischenfrüchten unterstützen den Bodenaufbau.
Die Relevanz des Klimawandels stand am 16. Januar im Mittelpunkt der Vorträge. Veranstalter war der Arbeitskreis Konservierende Bodenbearbeitung und Direktsaat Baden-Württemberg.
„Es gibt im Prinzip nur zwei Möglichkeiten, Wasser zu sparen: Erstens, die Evaporation, also die unproduktive Verdunstung von unbewachsenem Boden, zu vermindern und zweitens, das Vermögen der Böden zur Wasserspeicherung und die Infiltrationsrate bei Niederschlägen zu verbessern.” Das hat Gerhard Gnauer festgestellt, der im Bezirk Hollabrunn, im Nordosten Österreichs, einen Ackerbaubetrieb führt.
Maßnahmenpaket
Um systematisch seine Böden aufzubauen, ergreift der Landwirt eine Vielzahl von Maßnahmen: Zum Beispiel weist sein Betrieb eine abwechslungsreiche Fruchtfolge auf: Hauptkulturen sind Weichweizen mit etwa 40 bis 45 % der Ackerfläche, Stärkekartoffeln und Winterraps. Außerdem gibt es Zuckerrüben, Senf, Mohn, Öllein und Buchweizen. Keine Frucht sollte seiner Ansicht nach mehr als 50 % der Ackerfläche einnehmen – der ökologischen Vielfalt und auch der ökonomischen Risikominimierung wegen.
Ein intensiver Zwischenfruchtanbau – besonders wichtig bei Betrieben ohne Viehhaltung – sorgt dafür, dass seine Böden nahezu immer bedeckt sind. Intensiv heißt bei Gnauer auch hier vielfältig. Er sät zum Beispiel Gemische aus Ackerbohne, Ramtillkraut, Alexandrinerklee, Senf, Speiserettich, Phacelia und Kresse aus. Denn wie viele Berufskollegen hat auch er die Erfahrung gemacht, dass in einem Jahr eine Komponente der Zwischenfruchtmischung besonders gut gedeiht und im darauf folgenden eine andere. So hat man fast immer einen gelungenen Bestand, der dafür sorgt, dass Bodenlebewesen immer genügend Futter haben und unproduktive Verdunstung reduziert wird. Gnauers Empfehlung: Den Boden möglichst lange grün halten und am besten bewachsen über den Winter gehen lassen.
Er betreibt außerdem Erosionsschutz, indem er seit 1992 Mulch- und Direktsaatverfahren etabliert hat. Dabei gibt er zu bedenken, dass der Wasserverlust durch den Pflug etwa 30 bis 40 l/m², beim Grubber aber nur 15 bis 20 l/m² betrage. Weniger Bodenbearbeitung sei eben auch unter dem Aspekt sinnvoll, dass mehr Wasser im Boden verbleibe. Bodenbearbeitung wird nach Möglichkeit nur unter trockenen Bedingungen durchgeführt, um unerwünschte Verdichtungen zu vermeiden. Schmierhorizonte seien Gift für Bodenleben und Pflanzenwurzeln. Um bodenschonend arbeiten zu können, senkt der Landwirt seinen Reifendruck mithilfe einer Regelanlage auf dem Feld auf 0,7 bar.
Nach der Ernte ist eine möglichst gleichmäßige Mulchabdeckung der Böden wichtig – das trage dazu bei, Wasserverluste zu minimieren. Nach Getreide solle man das Stroh, mit einem Mulcher zerkleinert, nach Möglichkeit auf dem Feld belassen. Besonders wichtig ist Gnauer auch eine ausgewogene, nicht einseitig stickstofflastige Düngung.
Auch Schwefel wichtig
„Man sollte darauf achten, dass die Böden gut mit Phosphor, Kalium, Magnesium, Calcium und Schwefel versorgt sind”, sagt er. „Schwefel sollte man zu allen Kulturen geben, insbesondere auch zu Leguminosen, nicht nur zu Raps.” Nach der Erfahrung des österreichischen Landwirts fördert die S-Düngung eine bessere N-Ausnutzung. 20 kg Schwefel könnten 20 kg Stickstoff ersetzen. Phosphormangel tritt auf den Böden seiner Region übrigens nicht selten auf. Direkt verbessern lässt sich das Wasserspeicherungsvermögen von Böden durch eine ausreichende Versorgung mit Calcium, indem dieses für eine bessere Aggregatstabilität sorgt.
Chemischen Pflanzenschutz betreibt Knauer wo nötig. Er achtet jedoch darauf, keine Bodenherbizide und so wenig wie möglich Fungizide einzusetzen. Denn solche Mittel schaden nach seiner Überzeugung der Mykorrhiza, also der Symbiose aus Pilz und Kulturpflanze, die über ein sich im Boden ausbreitendes Myzel einen Teil der Wasser- und Nährstoffversorgung für die Kulturen übernehmen kann. Laut dem österreichischen Landwirt kann die Mykorrhiza die Wurzelreichweite um das Zwei- bis Dreifache vergrößern.
Blattaktive Herbizide haben im System Gnauers aber durchaus ihre Berechtigung. Denn auf erosionsgefährdeten Standorten sei deren Einsatz manchmal sinnvoller als eine Bodenbearbeitung. Noch weniger als manche Pflanzenschutzmittel verträgt die Mykorrhiza übrigens „Stahl im Boden”, wie der Referent ausführt. Daher sei die Direktsaat zweifelsohne diejenige Methode, die diese Symbiose am meisten begünstige.
Das Ziel dieser Maßnahmen seien nicht Höchsterträge in besonders günstigen Jahren, sondern eine weit bessere Ertragsstabilität auch in von der Witterung nicht verwöhnten Jahren. Dazu trage ein intakter, lebendiger Boden mit großem Speichervermögen für Wasser und Nährstoffe erheblich bei. Gnauer mahnt aber zur Geduld: „Man darf nicht erwarten, dass dieses System sofort perfekt funktioniert. Das kann schon drei bis fünf Jahre in Anspruch nehmen, manchmal auch noch länger.”