Pflanzenbau | 17. Mai 2018

Wärmeturbo für den Maiszünsler

Von Dr. Bernd Wührer, AMW Nützlinge GmbH, und Dr. Hubert Sprich, ZG Raiffeisen
Derzeit findet man in vorjährigen Maisstoppeln viele vitale Maiszünslerlarven oder -puppen. Der Schädling muss 2018 früher bekämpft werden als üblich. Ein Einstieg in das Trichogramma-Verfahren ist noch möglich, aber die Zeit drängt.
Puppe (links) und Raupe des Maiszünslers im Frühjahr; sie haben in einem Maisstängel des Vorjahres überwintert.
Obwohl der Winter 2017/2018 relativ nass war, haben die meisten Zünsler den Winter überraschend gut überstanden. Derzeit lassen sich in den Maisstoppeln viele gesunde Larven beobachten, während tote Tiere kaum zu finden sind.
Die zügige Entwicklung in diesem Frühjahr, bedingt durch die hohen Temperaturen bereits im April, führte zu einem deutlichen Entwicklungsvorsprung der Insekten im Vergleich zu den Vorjahren. Bereits am 8. Mai wurden die ersten Maiszünslerfalter der bivoltinen Rasse – mit zwei Generationen pro Jahr – südlich von Mannheim gesichtet, so dass dort in Kürze mit der Eiablage gerechnet werden muss. Auf den Flächen um Freiburg, der Region mit der größten Ausdehnung der bivoltinen Rasse, wurden nach Angabe des LTZ Augustenberg dagegen noch keine Falter beobachtet.
Die univoltine Rasse, die nur eine Generation pro Jahr bildet und mittlerweile in allen Maisanbaugebieten in Deutschland vorkommt, befindet sich überall noch im Larvenstadium. Bei ihr haben sich erst weniger als zehn Prozent der Larven verpuppt, so dass der Beginn des Falterfluges hier noch etwas auf sich warten lassen dürfte. Momentan ist davon auszugehen, dass in den warmen Lagen wie dem Rhein- und Neckartal mit dem ersten Flug der univoltinen Maiszünslerrasse ebenfalls früher zu rechnen ist – vielleicht schon ab Anfang Juni. Dies hängt aber natürlich wesentlich vom Wetter ab. Derzeit wird in Baden-Württemberg der Maiszünsler auf rund 35 000 ha bekämpft – mit steigender Tendenz. Dabei überwiegt flächenmäßig das biologische Verfahren mit Trichogramma-Schlupfwespen als Eiparasiten. Diese Methode wird seit über 40 Jahren zur Kontrolle des Maiszünslers eingesetzt.
Insektizide werden dagegen auf einer deutlich kleineren Fläche gespritzt. Für die chemische Bekämpfung stehen 2018 die Mittel Steward und Coragen sowie Decis forte zur Verfügung. Die Insektizide Coragen und Steward wirken über Fraß und Kontakt gegen die Larven und sind als nützlingsschonend und bienenungefährlich (B4) eingestuft. Decis forte mit dem Wirkstoff Deltamethrin, einem Pyrethroid, zeichnet sich zwar durch eine schnelle Wirkung aus. Wesentliche Nachteile sind aber die temperaturabhängige Wirkungsdauer und die Einstufung als bienengefährlich (B2). Decis forte darf daher nur nach dem Ende des täglichen Bienenfluges eingesetzt werden. Insektizide sollten zum Hauptlarvenschlupf, dies ist meist Anfang bis Mitte Juli, eingesetzt werden, um gut zu wirken. Da zu diesem Zeitpunkt die Maispflanzen meist bereits eine Höhe von über 180 cm erreicht haben, sind spezielle Hochradschlepper als Trägerfahrzeuge die beste Lösung.
Der Einsatz der Trichogramma-Schlupfwespen wird durch das FAKT-Programm gefördert, auch ein Neueinstieg für 2018 ist noch möglich. Dies gilt sowohl für die empfohlene zweimalige Anwendung von jeweils 100000 Nützlingen pro Hektar als auch für die einmalige Anwendung einer erhöhten Aufwandmenge mit 200000 Para-
siten für Regionen mit geringerem Befallsdruck. Die Trichogramma-Ausbringung wird mit 60 Euro je Hektar im FAKT-Programm gefördert. Damit ist die biologische Zünslerbekämpfung annähernd kostenneutral und unter dem Strich deutlich wirtschaftlicher als der Einsatz von Insektiziden.
Äußerst wichtig ist der richtige Ausbringungstermin, dies gilt sowohl für den Nützlings- wie auch den Insektizideinsatz.  Auf der Internetseite des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg – www.ltz-bw.de – können die aktuellen Flugdaten der Maiszünslerfalter abgerufen werden. Über das gesamte Maisanbaugebiet Baden-Württembergs ist ein Netz von Licht- und Pheromonfallen installiert, um einen regional angepassten Bekämpfungstermin zu ermitteln. Die Fallendichte wurde 2018 erhöht.
Das Trichogramma-Verfahren muss an den Befallsdruck angepasst werden.
  • Dreimalige Ausbringung
Im südlichen Verbreitungsgebiet der bivoltinen Rasse – um Freiburg – wird eine dreimalige Ausbringung mit erhöhter Aufwandmenge empfohlen. Die erste Ausbringung zur Bekämpfung der ersten Generation erfolgt bereits Mitte bis Ende Mai, die zweite rund 14 Tage später. Die dritte Ausbringung zur Bekämpfung der zweiten Generation findet, abhängig vom Wetter, Anfang bis Mitte August statt.
  • Zweimalige Ausbringung
In maisintensiven Regionen wie  dem Rheintal oder Kraichgau und bei langjährigem Befall empfiehlt sich dringend eine zweimalige Ausbringung der Trichogrammen im Abstand von etwa zwei Wochen. Nur so ist dort ein ausreichender Bekämpfungserfolg gewährleistet.
  • Einmalige Ausbringung
In Regionen mit geringem Maisanteil und niedrigem Befallsniveau kann auch eine einmalige verstärkte Ausbringung mit mindestens 200000 Tricho-
grammen pro Hektar ausreichen, die ebenfalls über das FAKT-Programm gefördert wird. Dabei sollten allerdings Trichogramma-Produkte mit einer verlängerten Wirkungsdauer zum Einsatz kommen.
Multikopter-Einsatz
Die Geräte fliegen die Maisflächen exakt ab und verteilen die Nützlingseier gleichmäßig im Bestand.
Seit mehreren Jahren kommen zunehmend GPS-gesteuerte Multikopter zum Einsatz, die die Trichogramma-Kugeln aus der Luft abwerfen. Die Geräte fliegen die Maisflächen exakt ab und verteilen die Nützlingseier gleichmäßig im Bestand. Es werden nur drei bis fünf Minuten pro Hektar benötigt. Insbesondere für größere Schläge ist dies eine hervorragende Alternative zur Handausbringung. Die Applikation aus der Luft wird von den Genossenschaften und dem Handel organisiert. Somit ist gewährleistet, dass die Schlupfwespen zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt werden und die Kopterausbringung entsprechend den immer strenger werdenden Gesetzen durchgeführt wird.
Förderung bis 31. Mai
Trichogramma wird aber auch weiterhin für die „Handausbringung” zum Hängen und Werfen angeboten. Denn das Durchlaufen der Maisbestände kann für den Landwirt Teil des eigenen Monitorings sein, bei dem er erste Anzeichen von Pilzkrankheiten oder das Auftreten von Problemunkräutern entdeckt.
Wer noch 2018 in die biologischen Kontrolle des Zünslers einsteigen will, sollte umgehend bestellen. Die Vermehrung von Nützlingen benötigt Zeit. Die rechtzeitige Bereitstellung hat deshalb eine längere Vorlaufzeit. Bis zum 31. Mai kann auch der Gemeinsame Antrag noch verändert werden, so dass diese förderfähige Maßnahme beim zuständigen Landratsamt noch nachgereicht werden kann.