Betrieb und Wirtschaft | 12. Februar 2015

"Vorsicht" lautet die Omira-Devise für 2015

Von René Bossert
2015 werde angesichts der hohen Anlieferungsmengen und des Quotenendes ein schwieriges Jahr für den Milchmarkt. Vorsichtig und mit Respekt gehe deshalb die Omira in das Jahr, sagte Geschäftsführer Ralph Wonnemann beim Milchviehtag vergangene Woche in Bad Dürrheim-Oberbaldingen.
„Derzeit wird ja immer noch auf Lager produziert in der EU”, stellte Wonnemann fest. Auch dass die Milchanlieferungen zuletzt in Deutschland und einigen EU-Ländern gedrosselt wurden und die Notierungen an den Spotmärkten sich stabilisieren, ändert für den Omira-Geschäftsführer nichts Grundsätzliches an seinem eher skeptischen Blick auf den Markt. Für eine Preisstabilisierung müssten die Anlieferungsmengen in der EU merklich zurückgehen. Aber die Bilanz der EU für 2015 dürfte einen weiteren Bestandsaufbau (bezogen auf die EU-Anlieferung plus Einfuhr, minus Ausfuhr) ergeben, wies der Omira-Geschäftsführer auf die  Einschätzung der Zentralen Milchmarkt Berichterstattung (ZMB) hin.  
Drei Szenarien
Die ZMB hat drei Szenarien für 2015 durchgespielt. Selbst in demjenigen mit der zurückhaltendsten Produktionsentwicklung ergebe sich ein weiterer Bestandsaufbau von 0,8 Millionen (Mio.) Tonnen Milchäquivalent für die EU. Im mittleren Szenario seien es 2,8 Mio. t. Diese Zahlen seien dramatisch, so Wonnemann. 2014 betrug der Bestandsaufbau 2,1 Mio.  t. An marktstabilisierenden Faktoren könne er derzeit nur den schwachen Euro ausmachen. Er glaubt nicht daran, dass niedrigere Preise für Milchprodukte und Energie die Nachfrage merklich stimulieren. Derzeit drosseln nur die EU-Länder die Erzeugung stark, in denen die Superabgabe droht. „Der Respekt in der Branche ist groß, weil keiner weiß, wieviel Milch nach dem Ende der Quote wirklich da sein wird.”
Wonnemann wies auf die besonders angespannte Lage bei Käse hin. 2014 sei der Welthandel  erstmals seit Jahren leicht gesunken. Das russische Embargo habe sich stark ausgewirkt, immerhin ging davor rund ein Drittel der EU-Käseexporte nach Russland. Auch wenn die Grenzen wieder aufgehen, sei die wirtschaftliche Talfahrt dort ein Problem für künftige Geschäfte.
Positiver läuft es bei Magermilchpulver und bei Butter. Butter wird als Rohstoff in der Lebensmittelindustrie wieder mehr wertgeschätzt, beobachtet Wonnemann. Bei Vollmilchpulver sei China als Nachfrager deutlich auf die Bremse getreten. Das Problem am chinesischen Markt sei die nach wie vor fehlende Transparenz. 
Was bedeutet die Marktschwäche für die Molkereibranche hierzulande? Derzeit liegen die Auszahlungspreise hierzulande zwischen 24 und 36 Cent/kg. Das liege an unterschiedlichen Vertragslaufzeiten, taktischen Manövern und daran, dass die eine oder andere Molkerei sich verzockt habe, sagte Wonnemann, der seit März 2014 als angestellter Geschäftsführer in Ravensburg arbeitet. Zuvor war er als Sanierer geholt worden, nachdem Omira 2012 in Schieflage geraten war. 
Die Omira habe bereits seit Oktober den Auszahlungspreis deutlich zurückgenommen. „Wir haben das gemacht, weil wir vorsichtig sein wollten”, sagte Wonnemann, der eine Nachzahlung in Höhe von 1 Ct/kg für das Jahr 2014 ankündigte. Für 2014 werde die Omira ein ordentliches Ergebnis ausweisen. Der Umsatz liege bei rund 600 Mio. Euro, die Milchverarbeitung bei 830 bis 850 Mio. kg. Mit der vorsichtigen Herbstauszahlung sei man gerüstet für 2015.
Für die Zeit nach der Quote sieht er einen größeren Kommunikationsbedarf zwischen  Molkerei und Erzeugern. Die Omira wolle das unter anderem mit der Gründung eines Agrarbeirats und einer intensiven Arbeit der Erzeugerberater leisten. Die Geschäftssteuerung müsse risikoorientiert erfolgen, geringe Verschuldung und zeitnahes Controlling nannte er ebenso als Stichworte wie eine Auszahlungspolitik, die die Verwertungsentwicklungen dämpfe.
Absatzseitig stehe Omira auf den drei Säulen Mondelez (35 bis 40 % des Rohstoffs), sonstige Industrieprodukte (30 bis 35 %) und Frische (30 %). Letzteres sei ein extrem anfälliger Bereich, es sei denn, man sei ein gut verankerter Markenhersteller.
Die neue Steuerungsgröße für die Beteiligung an der Molkerei sei nach dem Wegfall der Quote die durchschnittliche Jahres-Milchmenge von drei Jahren, wobei es eine Obergrenze bei 1,7 Mio. kg Milch gebe, was 25 000 Euro Beteiligung entspreche. Eine Umfrage unter den 3000 Erzeugern im Sommer 2014 habe ergeben, dass die Milchanlieferung bis 2020 um 30 % steigen könnte. „Ich glaube, wenn wir die Umfrage heute machen würden, läge das Plus eher bei 20 %”, meinte Wonnemann.
Zum Thema neue Preismodelle sprach sich Wonnemann für längerfristige vertragliche Bindungen aus. Wenn die Kunden ein Interesse daran hätten, kann er sich drei bis fünf Jahre lang laufende Festpreis-Kontrakte vorstellen. Die Molkerei würde die entsprechenden Mengen unter den Erzeugern ausschreiben, diese würden dann letztlich entscheiden, ob sie sich so lange preislich binden wollten. „Wenn wir als Molkerei solche Kontrakte machen, dann nur zu beiden Seiten hin”, betonte er.
Nachbarschaftliche Beziehungen
Solche Modelle hält er für vorteilhafter als die Nutzung der Warenterminbörse, bei der nur die  Bank und die Börse verdienten. „Und was meinen Sie, was die Bauern mit uns machen, wenn 33 Cent abgesichert sind und 38 Cent am Markt ausgezahlt werden”, fügte er hinzu. Ein guter Kontakt zu den Nachbarmolkereien ist Wonnemann wichtig. Die Omira habe sich in der Vergangenheit nicht immer kameradschaftlich verhalten. „Aber wir wären dumm, wenn wir uns hier in der Region gegenseitig Probleme machen würden”, betonte er.
Liquidität planen
Wonnemanns Rat an die Zuhörer beim Milchviehtag, zu dem die Landwirtschaftsämter  Donaueschingen, Rottweil und Tuttlingen, der Beratungsdienst Schwarzwald-Baar-Heuberg und der Fleckviehzuchtverein Schwarzwald-Baar-Heuberg eingeladen hatten, lautete: Sich auf ein niedriges Milchpreisniveau für 2015 einstellen. „Machen Sie Liquiditätsplanung”, fügte er hinzu, „immer wenn Sie auf den letzten Drücker zur Bank kommen, wird es unbequem.”