Politik | 05. Dezember 2019

Von der Leyen und ihre Kommission am Start

Von AgE
Die neue EU-Kommission ist seit Sonntag im Amt. Als Agrarkommissar löste der Pole Janusz Wojciechowski den Iren Phil Hogan ab. Die neue Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hat für den von ihr geplanten „Green Deal” als „neue Wachstumsstrategie” geworben.
Der neue EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski ist im Amt. Am 16. Dezember wird der Pole beim EU-Agrarrat erstmals mit den Landwirtschaftsministern der EU zusammentreffen. Sein Vorgänger Phil Hogan bleibt in der Kommission: Er ist jetzt EU-Handelskommissar.
In ihrer Rede, kurz vor der Bestätigung ihrer Kommission durch das Europaparlament am 27. November in Straßburg, stellte die frühere Bundesverteidigungsministerin erneut das Ziel heraus, bis zur Mitte des Jahrhunderts Klimaneutralität in der Europäischen Union erreichen zu wollen. Zugleich betonte sie, dass dieser Übergang „gerecht und inklusiv” sein müsse, anderenfalls werde er „nicht gelingen”.
Keine Zeit verlieren
Die Amtsnachfolgerin des Luxemburgers Jean-Claude Juncker ermahnte zudem alle Verantwortlichen, keine Zeit zu verlieren. Je schneller Europa sich bewege, desto besser sei dies für die Bürger, die Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand in der EU. Bereits jetzt seien die Anzeichen des Klimawandels offensichtlich.
So verwies die CDU-Politikerin beispielhaft auf die brennenden Wälder in Portugal und die diesjährigen massiven, durch Trockenheit bedingten Ernteeinbußen in Litauen. Zwar habe es zweifellos  zuvor schon vergleichbare Ereignisse gegeben, aber „noch nie in dieser Häufigkeit und in dieser Stärke”.
Von der Leyen zur Seite steht unter anderem der Niederländer Frans Timmermans, der als einer der drei Leitenden Vizepräsidenten als zusätzliches Aufgabenfeld den Klimaschutz betreut und damit für den Green Deal wesentlich verantwortlich sein wird. Dem Sozialdemokraten untersteht in seiner Funktion als Leitender Vizepräsident auch der neue Agrarkommissar Janusz Wojciechowski. Der Pole folgt hier dem Iren Phil Hogan nach.
Wojciechowski wird sein erstes offizielles Zusammentreffen mit den Landwirtschaftsministern der Mitgliedstaaten beim Agrarratstreffen am 16. Dezember in Brüssel haben. Bereits wenige Tage zuvor wird der Pole bei der Brüsseler Konferenz „The 2019 EU Agricultural Outlook Conference − Sustainability from farm to fork” („Landwirtschaftliche Perspektivkonferenz 2019 für die  EU – Nachhaltigkeit vom Bauernhof bis zur  Gabel”) die Eröffnungsrede halten.
Auch die neue Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides aus Zypern wird auf dieser Veranstaltung eine Rede halten. Kyriakides ist unter anderem für die Themen Lebensmittelsicherheit, Pflanzenschutz, Tiertransporte und antimikrobielle Resistenzen (AMR) verantwortlich. Bisher hatte dieses Amt der Litauer Vytenis Andriukaitis inne.
Handelsabkommen mit Nachhaltigkeitskapitel
Der frühere Agrarkommissar Hogan fungiert jetzt als Handelskommissar. Er hat damit die Nachfolge der Schwedin Cecilia Malmström angetreten. Zu der neuen Aufgabe Hogans erklärte von der Leyen, dass er dafür sorgen werde, dass zukünftige Handelsabkommen der EU ein Kapitel über nachhaltige Entwicklung enthielten.
Als neuer EU-Umwelt- und Fischereikommissar agiert der Litauer Virginijus Sinkevicius; er folgt auf den Malteser Karmenu Vella. In die Fußstapfen von Günther Oettinger tritt als neuer EU-Haushaltskommissar der Österreicher Johannes Hahn.
Nach ihrer Wahl zur Kommissionspräsidentin im Juli hatte von der Leyen bereits mehrfach betont, 100 Tage nach Amtsantritt einen Entwurf für den Green Deal vorlegen zu wollen. Auch wenn die neue Kommission erst seit 1. Dezember im Amt ist, soll es offenbar bereits am 11. Dezember zumindest eine Mitteilung zu diesem Thema geben.
Laut dem  Entwurf dazu ist unter anderem geplant, die Land- und Forstwirtschaft stärker in den Klimaschutz einzubeziehen. Sichergestellt werden soll dadurch ein höheres Klima- und Biodiversitätsschutzniveau. Im März 2020 will die EU-Behörde dem Mitteilungsentwurf zufolge ein Strategiepapier zur Sicherung der Artenvielfalt sowie zum Erhalt der Lebensräume vorstellen.
Des Weiteren plant Brüssel offenbar,  2021 ein  Maßnahmenpaket gegen den Biodiversitätsschwund vorzulegen. Wie bereits angekündigt, soll auch die für das kommende Frühjahr erwartete Strategie „From farm to fork” – unter der Federführung von Gesundheitskommissarin Kyriakides – einen wichtigen Beitrag hierzu leisten. Dabei geht es auch um die neu zu schaffenden Strategiepläne im Rahmen der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Deren Ausarbeitung soll nach aktuellem Stand  den Mitgliedstaaten obliegen.
Die Verantwortlichkeit für ihre Überwachung fällt in das Ressort von Agrarkommissar Wojciechowski. Zudem wird im Rahmen des „From-farm-to-fork”-Konzepts eine Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes sowie der Lebensmittelverschwendung angestrebt.
EU-Parlament ruft Klimanotstand aus
Unterdessen hat das EU-Parlament in Straßburg in einem symbolischen Akt am 28. November für Europa den Klimanotstand ausgerufen. Ziel der Resolution sei es, „Druck zu machen, um zeitnah  Gesetze vorgelegt zu bekommen”. Die Kommission und die Mitgliedstaaten wurden zum dringenden Handeln aufgefordert.
Mit Verweis auf das Parlamentsvotum regten der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) und das Greifswald Moor Centrum (GMC) fünf konkrete Moorschutzmaßnahmen vor, da entwässerte Moorböden eine der Hauptquellen für Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft seien.
Forderung nach starkem Binnenmarkt
Derweil forderte der Handelsverband Deutschland (HDE) von der neugewählten Kommission den Ausbau des EU-Binnenmarkts sowie die Durchsetzung eines „fairen Wettbewerbs”. Laut Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), muss die neue Kommission die Legislaturperiode bis 2024 auch dazu nutzen, „um das Leben der Menschen in der EU einfacherer, sicherer und bezahlbarer zu machen”.
Peter Loosen,  Leiter des Brüsseler Büros des Lebensmittelverbandes Deutschland, hofft ebenfalls auf eine „tatkräftige Kommission” mit dem Fokus auf ein starkes und einheitliches Europa. Zudem unterstrich auch er die Wichtigkeit eines „starken” Binnenmarktes. Der Büroleiter des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) Brüssel, Dr. Raphael Weyland, begrüßte die Ankündigung der Kommissionspräsidentin, die Klimakrise und den Artenkollaps stoppen zu wollen.