Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, hat die Landwirte zum Umdenken aufgerufen. Das Selbstverständnis dürfe sich nicht darin erschöpfen, Ernährer und Versorger der Bevölkerung zu sein.
„Wir Landwirte sehen uns gerne als Ernährer und Versorger der Bevölkerung – was wir de facto auch sind. Aber die Gesellschaft hat sich verändert und adressiert inzwischen zusätzliche Erwartungen an die Landwirtschaft”, schreibt der Bauernpräsident in seinem Neujahrsgruß. Der Landwirt werde heute nicht mehr nur als Lebensmittelerzeuger gesehen, sondern sollte auch „Gestalter einer zukunftsorientierten Landwirtschaft” sein. Wenn es gelingen könnte, ein positives Bild eines „Zukunftsbauern” in die Öffentlichkeit zu bringen, ließen sich möglicherweise einige Missverständnisse zwischen der Landwirtschaft und den Verbrauchern reduzieren und ein anderes Image erzeugen, so Rukwied.
Der Jugend Perspektiven geben
Dazu müsse die Landwirtschaft aber auch an einigen
Stellen ihre Wirtschaftsweise weiterentwickeln. Diese Veränderung
wollten die Bauern selbst gestalten. „Wir Bauernfamilien haben es also
in Teilen selbst in der Hand”, unterstreicht der DBV-Präsident. Die
Landwirte müssten erkennen, dass sie zum einen den gesellschaftlichen
Wandel nicht aufhalten könnten; zum anderen müssten sie einfordern, dass
sich die von der Gesellschaft gewünschten Leistungen in der
Wertschöpfung der Betriebe wiederfinden.
„Wir wollen unserer Jugend eine Perspektive geben, damit sie ihre
Zukunft in der Landwirtschaft sieht. Das geht nur, wenn die Betriebe
wirtschaftlich auf soliden Beinen stehen und die politischen
Rahmenbedingungen so gesetzt werden, dass Bäuerinnen und Bauern in einem
harten internationalen Wettbewerb bestehen können”, stellt Rukwied
klar. Die beispielsweise von der Bundesregierung angedachten
Einschränkungen für die Landwirtschaft beim Insektenschutzgesetz müssten
noch deutlich entschärft werden.
Herausfordernd
Rukwied appelliert an die Landwirte, positiv nach vorn zu
schauen. Bei der Corona-Pandemie gebe es 2021 Hoffnung auf einen
Impfstoff, und in der Landwirtschaft werde es nach drei schweren Jahren
hoffentlich auch wieder aufwärts gehen. Allerdings gehe für viele
Bauernfamilien erneut ein schwieriges und herausforderndes Jahr zu Ende.
Dennoch habe der Bauernverband 2020 wieder echte Erfolge in seiner
Arbeit für die deutschen Bauern vorzuweisen. Als im ersten
Corona-Lockdown im März die Grenzen nach Osteuropa geschlossen worden
seien, habe der DBV erreicht, dass mehr als 40000 Saisonarbeiter mit dem
Flugzeug einreisen konnten, betont Rukwied. Zudem habe der Berufsstand
in zahlreichen Gesprächen in Berlin und Brüssel mit dazu beigetragen,
dass der wichtige Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) der Europäischen Union
stabil bleibe. Darüber hinaus werde nun auch in Deutschland die
Richtlinie über unlautere Handelspraktiken (UTP-Richtlinie) umgesetzt.
Dies sei eine langjährige Forderung des DBV, die den Erzeugern mehr
Gewicht in der Lieferkette geben werde. Und nicht zuletzt habe der
Bauernverband zusammen mit den wichtigsten Vertretern der Milchbranche
die gemeinsame Milchstrategie 2030 auf den Weg gebracht, im ersten
Schritt die „Branchenkommunikation Milch”, hebt Rukwied hervor. Diese
sei in den kommenden vier Jahren mit mehreren Millionen Euro
ausgestattet.
Haushaltsgelder sinnvoll einsetzen
Der Verbandspräsident verweist darauf, dass die
Haushaltsmittel des Bundeslandwirtschaftsministeriums weiter gewachsen
seien. Dies sei ein wichtiger Beitrag für die Zukunftssicherung. Diese
Mittel sollten vor allem für mehr Klimaschutz und Ressourceneffizienz
sowie für Gewässerschutz und Tierwohl eingesetzt werden. Der
Bauernverband arbeite mit Nachdruck daran, dass diese förderpolitischen
Impulse tatsächlich und zügig bei den Landwirten ankommen. Dazu seien
vor allem im Baurecht und im Immissionsschutzrecht schnelle
Entscheidungen der Koalition nötig, die unter anderem den Bau von
Tierwohlställen einfacher möglich machten.
Rukwied erinnert auch an die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
(EEG). Diese stellt seiner Ansicht nach ein verbessertes Angebot für die
Weiterentwicklung von landwirtschaftlichen Biogasanlagen dar, wobei bei
der Förderung der Güllevergärung noch nachgelegt werden müsse.