Politik | 19. August 2021

Viel mehr getötete Weidetiere

Von AgE
Die Zahl der Wolfsrisse ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Nach den aktuellen Zahlen der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) wurden im vergangenen Jahr 3959 Nutztiere durch Wölfe getötet, das waren 37 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
In Deutschland rissen im vergangenen Jahr Wölfe fast 4000 Nutztiere, davon knapp 3500 Schafe, gefolgt von Gehegewild, Rindern und Ziegen.
Besonders betroffen von Rissschäden waren die Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. An Schafen wurden im vorigen Jahr insgesamt 3444 Tiere von Wölfen getötet, gefolgt von Gehegewild mit 248, Rindern mit 153 und Ziegen mit 92 Tieren. Darüber hinaus fielen 13 Pferde, sieben Alpakas und zwei Herdenschutzhunde nachweislich dem Wolf zum Opfer.
Weidetierhaltung vor dem Ende?
Für den Umweltbeauftragten des Deutschen Bauernverbandes (DBV) und Vorstand im Forum Natur (AFN), Eberhart Hartelt, zeichnet die neue Rissstatistik das Ende der Weidetierhaltung vor. Er bekräftigte deshalb die Forderung nach einer Regulierung des Wolfsbestandes. Ansonsten werde die Haltung von Schafen, Ziegen, Pferden und Rindern auf der Weide zum Auslaufmodell, warnte Hartelt.
Unabhängig davon kritisierte er die Veröffentlichungspraxis der Dokumentations- und Beratungsstelle scharf. Die Zahlen seien bereits „deutlich veraltet”, zudem stelle der Bericht eine reine „Copy & Paste-Arbeit” der DBBW dar, bei der lediglich die Zahlen ausgetauscht worden seien. Für den DBV-Umweltbeauftragten ist es nicht länger hinnehmbar, dass die fachlichen Ausführungen zur Förderung von Präventionsmaßnahmen und den Folgen aus den steigenden Wolfsbeständen unverändert bleiben, obwohl der Trend in der Entwicklung des Wolfsbestandes und der Schäden „die nahende Katastrophe überdeutlich aufzeigt”.
Der Wolf gehört ins Jagdrecht
„Wir fordern die politisch Verantwortlichen im Vorfeld der Bundestagswahl dazu auf, sich klar zum aktiven Bestandsmanagement für den Wolf zu bekennen und die dafür notwendigen gesetzlichen Änderungen in der nächsten Legislaturperiode durch eine erneute Novelle der entsprechenden Gesetze anzugehen”, erklärte Hartelt.
Nach seiner Einschätzung korreliert die Zunahme der Schäden an Nutztieren annähernd mit der jährlichen Zuwachsrate an Wölfen. Ein frühzeitiges, konsequentes Eingreifen sei daher zwingend erforderlich, um zu verhindern, dass das exponentielle Wachstum des Wolfsbestandes außer Kontrolle gerate.
Laut dem AFN-Vorstand wird es „Zeit, dass die Politik endlich aufwacht und zur Kenntnis nimmt, dass dieser Trend ungebrochen die Existenz der Weidetierhaltung in Deutschland infrage stellt”. Dass der Wolf in das Jagdrecht aufgenommen gehöre, könne nur noch leugnen, wer auf einem anderen Stern lebe, so Hartelt.
Schafhalter nicht überrascht
Keine große Überraschung sind für die Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände (VDL) die jüngsten Zahlen zu den Wolfsrissen in Deutschland, vorgelegt  von der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW).
„Das  war zu erwarten. Die jährliche Steigerung von etwa 30 Prozent hat sich  bei den Zahlen der Wölfe in Deutschland und  bei den von ihnen verursachten Schäden annähernd bestätigt”, erklärte der VDL-Vorsitzende Alfons Gimber. Laut DBBW wurden   2020 insgesamt 3444 Schafe Opfer von Wolfsübergriffen; 2017 waren es noch 1366 Schafe. Die Präventionsausgaben für 2020 werden mit 9,5 Millionen Euro angegeben.
„Diese Zahlen zeigen, dass die Steigerungsrate immens ist und dass Prävention allein nicht genügt, zumal die genannte Summe nicht die zahlreichen Maßnahmen enthält, die die Schafhalter auch ohne Förderung zum Schutz ihrer Tiere ergriffen haben”, erklärte Gimber. Er stellte klar, dass es den Schafhaltern nicht nur ums Geld gehe. Seit Jahren forderten sie ein Wolfsmanagement, um nicht die Schafhaltung mit den Leistungen gegenüber der Gesellschaft – unter anderem beim Küstenschutz und der Landschaftspflege – dem Wolf zu opfern.
Erschreckend sei auch eine  vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) vorgelegte Studie, der zufolge 700 bis 1400 Wolfsterritorien in Deutschland für möglich gehalten würden, so der VDL-Vorsitzende. Als Konsequenz könnte dies bis zu 10000 Wölfe in Deutschland bedeuten. Solide Schätzungen gingen bereits heute von einem Bestand von 1500 bis 2000 Wölfen aus. Die BfN-Studie gehe bedauerlicherweise nicht auf die Folgen für die Schafhaltung und Weidetierhaltung insgesamt ein, kritisierte Gimber.
Es nerve, wenn trotz aller ergriffenen Maßnahmen vom DBBW immer wieder unterstellt werde, die Tiere würden nicht ausreichend geschützt. Leider machten auch viele Politiker sich diese Auffassung zu eigen.